Totenmontag: 7. Fall mit Tempe Brennan
ein Getümmel aus Anwälten, Journalisten, Wachmännern und besorgt aussehenden Menschen. Das Foyer war ein kontrolliertes Chaos, und jedes Gesicht sah aus, als wäre sein Träger lieber woanders.
Anne und ich fuhren mit einem Aufzug in den zweiten Stock und gingen direkt zu Zimmer 2.175. Als ich an der Reihe war, erklärte ich mein Anliegen erneut, diesmal einem kurzen, kahlköpfigen Beamten, der aussah wie ein Goldfischglas.
»Das kostet Gebühren«, sagte Goldfischglas.
»Wie viel?«
Er nannte mir den Betrag.
Ich gab ihm das Geld. Goldfischglas gab mir eine Quittung.
»Damit können Sie den ganzen Tag recherchieren.«
Ich zeigte ihm meine Grundstücks- und Katasternummern.
Goldfischglas studierte den Zettel. Dann hob er den Kopf und schob sich mit fleischigem Finger eine schwarz gerahmte Brille auf der Nase hoch.
»Diese Nummern reichen ziemlich lange zurück. Alles vor 1974 kann nicht online recherchiert werden. Abhängig davon, wie oft dieses Anwesen den Besitzer wechselte, könnte die ganze Sache ziemlich lange dauern.«
»Aber ich kann herausfinden, wem das Gebäude gehörte?«
Goldfischglas nickte. »Jeder Besitzurkundentransfer wird bei der Provinzregierung registriert.« Er hielt den Zettel in die Höhe. »Was ist dieses Anwesen jetzt?«
»In dem Gebäude sind oben Wohnungen, unten kleine Geschäfte. Die Adresse, die mich interessiert, ist eine Pizzabude.«
Goldfischglas schüttelte den Kopf. »Wenn das Gebäude gewerblich genutzt wird, erfahren Sie nicht, welche Geschäfte sich darin befunden haben, außer der Besitzer hat diese Information mit angegeben.«
»Wie kann ich das herausfinden?«
»Über die Steuerliste vielleicht. Oder über Geschäftslizenzen.«
»Aber ich kann feststellen, wer die Besitzer waren?«
Goldfischglas nickte. Ich konnte mir nicht helfen, aber wenn ich den Mann ansah, musste ich an Benny Hill denken.
»Das ist doch schon mal ein Anfang«, sagte ich.
Goldfischglas deutete zu dem einzigen freien Computer im Saal. »Wenn Sie was vor 1974 brauchen, zeige ich Ihnen, wie die Bücher zu benutzen sind.«
Ich ging zu dem Terminal, zog meine Jacke aus und hängte sie über die Stuhllehne. Anne folgte mir.
Als ich meine Handtasche über die Jacke hängte, wandte ich mich ihr zu.
»Du brauchst jetzt nicht neben mir zu sitzen und mir zuzusehen, wie ich auf eine Tastatur einhacke und alte Bücher wälze.«
»Es macht mir nichts aus.«
»Okay. Die Ablenkung, wegen der du eintausendzweihundert Meilen geflogen bist, findest du aber nicht in dieser Registratur.«
»Immer noch besser als Eintopf zu kochen und für Operationen und Begräbnisse einzufrieren.«
»Möchtest du nicht lieber shoppen gehen?«
»Scheiß aufs Shoppen.«
Anne steckte in einem Marianengraben des Trübsinns. Hier herumzusitzen und mir zuzusehen würde sie nicht aufmuntern.
»Geh in die Basilika. Such ein Restaurant aus. Wenn ich fertig bin, rufe ich dich auf dem Handy an.«
»Du wirst nicht frustriert und kriegst noch einen Anfall?«
Ich legte ihr die Hand auf die Schulter.
»Zieh los und shoppe mit den Reichen und Schönen. Deine Arbeit hier ist getan.«
Drei Stunden später saß ich noch immer daran.
Die Online-Recherche hatte vierzig Minuten gedauert, wobei ich siebenunddreißig brauchte, um mich mit dem System zurechtzufinden, und drei, um die Informationen über den gegenwärtigen Besitzer auszudrucken.
Fast eine Ewigkeit hatte es allerdings gedauert, mich durch dicke Folianten gebundener Besitzurkunden zu wühlen.
Goldfischglas war höflich und hilfsbereit gewesen und hatte geduldig mein Geld genommen und die Unterlagen zu jeder Transaktion, die ich fand, fotokopiert.
Im Lauf meiner Nachforschungen fand ich mehrere Dinge heraus.
Claudel hatte Recht, was das Alter des Gebäudes betraf. Vor der Erbauung war das Grundstück Teil des Eisenbahngeländes der Canadian National gewesen. Seit der Zeit hatte das Anwesen mehrmals den Besitzer gewechselt.
Ich studierte eben meine Sammlung von Fotokopien, als mir ein Name ins Auge stach.
Ich kannte diesen Namen.
Warum?
Ein Lokalpolitiker? Ein Sänger?
Ich starrte den Namen an und hoffte auf eine Synapse.
Ein Fernsehstar? Ein Fall, den ich bearbeitet hatte? Jemand, den ich kannte?
Das Datum der Überschreibung lag vor meiner Zeit in Montreal. Warum dann dieses Klingeln im Unterbewusstsein?
Und plötzlich die Erkenntnis.
»Bei allen Heiligen.«
Ich stopfte mir die Ausdrucke und Kopien in die Tasche, packte meine Jacke und stürzte
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