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Totennacht (German Edition)

Totennacht (German Edition)

Titel: Totennacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
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freizugeben.
    «Überraschung», sagte er.

    Kat beobachtete das Aufeinandertreffen der Brüder aus gebührendem Abstand. Nick stand neben ihr. Beide hielten es für angebracht, Eric und Charlie für eine Weile allein zu lassen. Dass sie keine leiblichen Brüder waren, hatte nicht viel zu bedeuten, ebenso wenig wie der Umstand, dass Ken Olmstead aller Wahrscheinlichkeit nach für ihre Trennung verantwortlich war. Viel wichtiger war, dass sie sich nach zweiundvierzig Jahren endlich wieder begegneten.
    Eric war sichtlich perplex. Zögernd trat er einen Schritt näher und streckte die Hand aus. Charlie schüttelte sie, zog dann Eric an sich und nahm ihn in den Arm.
    «Ich habe dich für tot gehalten», sagte Eric. «Das haben wir alle.»
    Charlie gab ihn wieder frei. «Jetzt bin ich hier.»
    Als sie ins Wohnzimmer gingen, fingen beide Männer an zu weinen. Kat spürte, wie auch ihre Augen feucht wurden. Als ihr eine Träne über die Wange rollte, wischte sie sie schnell weg. Dafür war jetzt keine Zeit.
    «Wir müssen nach Erics Vater fahnden lassen», flüsterte sie Nick zu. «Er hat sich gerade aus dem Staub gemacht.»
    «In einem schwarzen Lastwagen?»
    «Ja», antwortete Kat.
    «Ist er irgendwie in die Sache mit den verschwundenen Jungen verwickelt?»
    Vielleicht, sagte Kat. Vielleicht auch nicht. Sie wusste es nicht. Aber dass Charlie im Unterschied zu den anderen fünf Jungen lebte, ließ vermuten, dass Craig Brewster für deren Entführung nicht verantwortlich war.
    «Was, wenn die anderen Jungen nicht von Craig verschleppt wurden, sondern von jemandem, der nach Charlie gesucht hat?»
    «Von Ken Olmstead zum Beispiel?», fragte Nick.
    «Exakt. Wir müssen ihn stellen und herausfinden, welche Rolle er in dieser Sache gespielt hat.»
    Auf dem Weg zur Haustür warf Kat einen Blick ins Wohnzimmer. Eric und Charlie saßen auf dem Sofa, ein wenig befangen, aber mit einem Lächeln im Gesicht. Sie hatten eine Menge nachzuholen. Kat und Nick waren hier überflüssig.
    «Wir fahren getrennt», sagte Kat, als sie mit Nick das Haus verlassen hatte. «Das verdoppelt unsere Chancen, Ken zu fassen.»
    Mit entschiedenem Stockeinsatz ging Nick auf seinen Wagen zu. «Er ist oben an der Straße rechts abgebogen. Ich schätze, er will auf der Old Mill Road die Stadt verlassen.»
    Er stieg in seinen Wagen, fuhr aus der Einfahrt und startete mit quietschenden Reifen durch.
    Kat hatte es ebenso eilig. Sie rannte zu ihrem Crown Vic und schwang sich hinters Steuer. Als sie den Zündschlüssel ins Schloss steckte, warf sie einen Blick auf den Beifahrersitz. Der war leer, von einem iPod und weißen Ohrstöpseln abgesehen. Auf dem Boden lag ein Schulranzen. Doch der Junge, dem diese Sachen gehörten, war nicht zu sehen.
    James war verschwunden.

33
    Kat stieg wieder aus, mehr verärgert als besorgt. Sie hatte James ausdrücklich befohlen, im Wagen zu bleiben, und mit Konsequenzen gedroht, falls er nicht hörte. Der konnte was erleben!
    Kat schaute sich um und suchte nach Stellen, wo er sich versteckt halten mochte. Weit konnte er nicht gekommen sein. An der kurzen Sackgasse dieses vergessenen Stadtwinkels lagen nur vier Häuser, und dass er sich im Bereich von Erics Haus aufhielt, war auszuschließen. Dort, im Hof oder auf der rückwärtigen Veranda, hätte sie ihn bemerkt.
    «James?»
    Sie überlegte, den Pfad einzuschlagen, der zu den Sunset Falls führte, verwarf den Gedanken aber sogleich, denn dort, im dichten Gebüsch, würde sie lange nach ihm suchen müssen. Gleiches galt für den Garten des ehemaligen Grundstücks von Mort und Ruth Clark. Der unterirdische Bunker wäre zwar für jedes Kind unwiderstehlich, vorausgesetzt, es wusste davon, was aber bei James mit Sicherheit nicht der Fall war.
    Also blieben nur die beiden anderen Grundstücke, das der Santangelos und Glenn Stewarts. Kat ging auf das Haus der Santangelos zu, aus dem einfachen Grund, weil es ihr weniger unheimlich vorkam.
    Die Straße überquerend, rief sie wieder den Namen ihres Sohnes. «James?»
    Ihre Stimme klang ruhig und gefasst. Zur Sorge gab es keinen Anlass. Noch nicht. Dass er nicht antwortete, beunruhigte sie jedoch ein wenig. Normalerweise antwortete James immer, wenn er seinen Namen hörte. Selbst dann, wenn er wütend war.
    «Kleiner Bär?», rief sie, lauter jetzt und so energisch, dass er sich melden musste. Wenn er sie denn hörte.
    Sie dachte an Maggie Olmstead und die Mütter der anderen verschwundenen Jungen. Wie lange hatte es bei ihnen gedauert,

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