Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totennacht (German Edition)

Totennacht (German Edition)

Titel: Totennacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
Vom Netzwerk:
nicht, warum Ken seinen Sohn attackiert und Reißaus genommen hatte.
    «Was noch?»
    «Mir scheint, er hat gewusst, dass Charlie damals von Craig Brewster entführt worden ist.»
    Nun, dachte Kat, vielleicht erklärte das seine Flucht. Ken musste unbedingt aufgehalten werden, egal, wie. Aber zunächst galt es, aus diesem Zimmer herauszukommen.
    Sie nahm Anlauf, zählte bis drei und rannte los, um sich mit der Schulter gegen das Türblatt zu werfen. Zu einer solch verzweifelten Aktion war sie acht Monate zuvor schon einmal genötigt gewesen, und wie schon damals machten sich auch jetzt die Schmerzen bezahlt, die sie dafür in Kauf nahm. Die Tür krachte aus den Angeln. Ein Fußtritt später war der Ausgang frei.
    Eric stieß einen anerkennenden Pfiff aus. «Kompliment.»
    «Das war noch gar nichts. Warte ab, bis du siehst, wie ich mir deinen Vater vorknöpfe.»

    Wie aus dem Nichts tauchte der Lastwagen auf. Er kam mit hohem Tempo um die Ecke und schleuderte auf die Gegenspur. Nick trat mit voller Wucht auf die Bremse und kam zum Stehen, als der Laster im letzten Augenblick beisteuerte und auf der richtigen Spur an ihm vorbeidonnerte. Nick merkte sich, wie er aussah, für den Fall, dass er ihn noch einmal durch Perry Hollow brettern sah. Schwarzer Lack. Orangefarbene Airbrush-Flammen an der Seite. Und ein ungesundes Krachen im Getriebe, wenn der Fahrer in einen anderen Gang schaltete.
    «Der scheint es eilig zu haben», kommentierte Charlie Olmstead beziehungsweise Kevin Brewster. Für Nick war er Charlie, und mit diesem Namen sprach er ihn auch an. Dem Mann an seiner Seite schien es nichts auszumachen. Er sagte überhaupt nur wenig. Der Kommentar über den Lastwagen war das Erste, was er in den vergangenen fünfzehn Minuten von sich gegeben hatte.
    Nick bog in die Straße ein, aus der der Lastwagen soeben herausgeschossen war. «Hier haben Sie früher gewohnt. Erinnern Sie sich?»
    Charlie blickte nach draußen. «Ich bin mir nicht sicher. Durch die Stadt zu fahren war wie ein Déjà-vu-Erlebnis für mich. Manches kam mir bekannt vor, ohne dass mir klar gewesen wäre, woher.»
    Einen nervösen Eindruck machte er nicht, aber die großen Augen, mit denen er alles betrachtete, ließen darauf schließen, dass er die Welt nicht mehr verstand.
    Schließlich entdeckte er das Haus der Olmsteads. «Mein Gott, da hat sich ja überhaupt nichts verändert.»
    Nach seinen vergeblichen Anrufversuchen war Nick erleichtert, Kats Streifenwagen am Straßenrand parken zu sehen. Wenn Tony sie nicht inzwischen erreicht hatte, würden Kat und Eric noch nicht wissen, dass Charlie lebte. Ihm so unvorbereitet gegenüberzustehen würde wahrscheinlich ein Schock für sie sein.
    «Sind Sie bereit?», fragte er Charlie.
    «Ich glaube schon.»
    Sie stiegen aus. Charlie ging auf das Haus zu. Nick blieb neben dem Crown Vic zurück, weil er James auf der Beifahrerseite sitzen sah. Mit der Spitze seines Stocks tippte er ans Fenster.
    «Hey, Freund, was machst du hier?»
    «Auf Mom warten.» James bearbeitete seinen iPod, als wäre es das letzte Mal.
    «Könnte noch ’ne Weile dauern. Willst du nicht mit reinkommen?»
    Ohne aufzublicken, antwortete James: «Sie hat gesagt, ich soll mich nicht vom Fleck rühren.»
    «Dann ist’s wohl besser, du geduldest dich noch einen Moment.»
    Nick richtete den Blick auf Charlie, der sich auf dem Vorgartenrasen im Kreis drehte und die Umgebung studierte. «Ist alles genauso wie damals. Da drüben wohnten die Santangelos. Gleich daneben die Clarks. Und das da ist das Haus des verrückten Glenn Stewart.»
    Nick folgte dem Fingerzeig und sah, wie sich hinter einem Fenster im Obergeschoss die Vorhänge bewegten. Wie im Wind. Doch es ging kein Wind. Es war wohl Glenn, der sie bewegte und auf sie herabschaute. Nick fragte sich, ob er Charlie nach all den Jahren wiedererkannte und, wenn ja, wie er darauf reagieren würde.
    Noch gespannter war er auf Eric Olmsteads Reaktion. Als sie die Stufen zur Eingangsveranda hinaufstiegen, verspürte Nick einen Anflug von Neid. Eric würde seinen seit Jahrzehnten für tot gehaltenen Bruder wiedersehen. Davon hatte Nick in Gedanken an seine verschollene Schwester immer geträumt. Wie hätte er auf ihre plötzliche Auferstehung reagiert? Wie würde Sarah heute aussehen? Eric, der Glückspilz, sollte gleich erfahren, was Nick nicht vergönnt war.
    Als sie das Haus betraten, stürmte Kat gerade die Treppe herunter, gefolgt von Eric. Nick trat zur Seite, um den Blick auf Charlie

Weitere Kostenlose Bücher