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Totennacht (German Edition)

Totennacht (German Edition)

Titel: Totennacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
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nichts gibt, aber –»
    Eric hörte, wie sich am anderen Ende der Leitung der Anrufbeantworter abschaltete. Die Verbindung war unterbrochen.
    «Mist.»
    Er wählte die Nummer seines Vaters noch einmal, wartete auf den Anrufbeantworter und fasste sich diesmal kurz.
    «Ruf bitte zurück.»
    Er ließ die Zigarette auf den Boden fallen, drückte die Glut mit dem Absatz aus und ging ins Haus. In der Küche legte er sein Handy auf den Tisch und starrte darauf, unschlüssig, was er nun tun sollte. Damit, dass sein Vater zurückrief, rechnete er nicht. Sie hatten kaum Kontakt, nur zu Geburts- und Feiertagen und auch dann nicht immer. Er machte sich also keine allzu großen Hoffnungen.
    Selbst wenn sich Ken meldete, würde er zu dem Verdacht seiner Exfrau wahrscheinlich nichts zu sagen haben. Die beiden hatten nach der Scheidung nichts mehr miteinander zu tun gehabt. Maggie hatte nie ein Wort über ihn verloren. Ken Olmstead war nur ein anderer Teil ihrer schmerzvollen Vergangenheit. So wie Charlie und sein versiegeltes Schlafzimmer.
    Schlafzimmer.
    Es war klar, dass er, Eric, irgendwann einen Blick in dieses Zimmer werfen musste. Das Haus gehörte jetzt ihm. Um es verkaufen zu können, musste er es räumen, einschließlich Charlies Zimmer. Vielleicht gab es dort noch etwas zu finden, was für die Ermittlungen von Nutzen sein konnte. Ein Grund mehr nachzusehen.
    «Warum nicht gleich», erklärte er dem Handy. Es antwortete mit Schweigen.
    Zögerlich ging er nach oben und blieb vor der Tür zu Charlies Zimmer stehen. Alle Türen im Haus waren über die Jahre erneuert worden, nur diese nicht. Sie war mit ihrem Knauf aus Messing und den altmodischen Schlossbeschlägen im ursprünglichen Zustand. Obwohl er wusste, dass die Tür verschlossen war, versuchte er, sie zu öffnen. Der Knauf ließ sich kaum drehen. Eric brauchte entweder einen Schlüssel oder ein Stemmeisen. Mitch Gracey hätte sich sofort ein Stemmeisen geschnappt. Eric zog es vor, nach dem Schlüssel zu suchen.
    Seine Mutter hatte zwar ein Testament aufgesetzt, sich aber ansonsten kaum Gedanken darüber gemacht, was nach ihrem Ableben zu regeln sein würde. Zum Beispiel waren noch mehrere offenstehende Rechnungen zu begleichen. Damit hatte Eric kein Problem, wohl aber, was andere Dinge anbelangte. Zum Beispiel wusste er nicht, wo der Schlüssel zu Charlies Zimmer versteckt sein konnte.
    Er begann die Suche im Zimmer seiner Mutter und durchstöberte sämtliche Kommoden und Schränke. Dann ging er in die Küche und öffnete auch dort sämtliche Schubladen, die aber nur Kochutensilien, Krimskrams und Rezepte enthielten.
    Schließlich suchte er den Ort auf, von dem er wusste, dass er der einzige im ganzen Haus war, wo es noch eine sichtbare Spur seines Bruders gab.
    Er stieg die Treppe hinunter und sah, dass sich seit der Zeit, da er als Junge heimlich hinabgeschlichen war, nur wenig verändert hatte. Der Keller war immer noch voll verstaubten Gerümpels. Kisten und Kästen stapelten sich auf alten Truhen. Überall lagen ausrangierte Haushaltsgeräte herum. Und Bücher. Stapelweise, zum Teil mannshoch aufgetürmt.
    Zwischen all dem Plunder war nur ein schmaler Gang frei gehalten, der zum Heizbrenner führte. Eric folgte ihm und wandte sich dann nach links. Mit dem Rücken an der Wand, blieb ihm gerade genug Platz, um sich an dem Gerümpel jüngeren Datums vorbeizuzwängen und die Stelle zu erreichen, wo ausschließlich alter Trödel herumlag.
    Er räumte einen Fleck frei und setzte sich neben einen Filmprojektor, von dessen Existenz er gar nichts gewusst hatte. In den Kartons rundum fand er jede Menge längst vergessener Erinnerungsstücke – Halloween-Dekorationen, Anziehsachen, die nach Mottenkugeln stanken, oder die tropfenförmigen Silberkugeln, die er als Kind am Weihnachtsbaum bewundert hatte. Rund eine Stunde später öffnete er einen Karton, aus dem ihm sein Bruder entgegenstarrte.
    In dem Foto erkannte Eric sofort eins der Schulbilder wieder. Ebensolche vor blauem Hintergrund aufgenommene Porträts waren auch von ihm und seinen Klassenkameraden in der Grundschule von Perry Hollow gemacht worden. Auf dem Foto, das er nun in der Hand hielt, zeigte Charlie eine unsichere Miene. Er lächelte zwar, aber ein wenig schief und mit leicht traurigen Augen. Er sah aus wie ein Junge, der zu wissen schien, dass diese Aufnahme von ihm möglicherweise eine der letzten sein würde.
    Der Karton enthielt noch andere Schulfotos aus vorausgegangenen Jahren, was für Eric beim

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