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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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Nasenrücken, der seine Brille zum Rutschen brachte, und
begann wieder von vorn. Dann las er stockend die Zeichen ab. »Möge … der …
Horus, den König von Ober- und Unterägypten, hier ist es nicht leserlich, der
Name ist zerstört worden. Dann kommt … vereint … mit Amun. Möge er … leben …
ewiglich.«
    Â»Nun, zumindest sagt es uns, dass es sich hier um eine königliche
Mumie handelt, ein Herrscher, ein König. Das wäre geradezu phantastisch«, sagte
der Direktor und rieb seine Hände gegeneinander, als würde er die Innenflächen
reinigen wollen.
    Â»Aber warum ist die Namenskartusche herausgemeißelt worden?«
    Â»Na, vielleicht finden Sie den Namen noch irgendwo auf dem
Sarkophag. Ich denke, der alte Rudolf wird uns Genaueres über den Inhalt sagen
können. Kommen Sie, Walter. Ich möchte keine Zeit verlieren.«
    Die in Leinen gehüllte Mumie befand sich in einem Nebenraum, in dem
ein vorsintflutlicher Röntgenapparat stand, der dem Museum vor Jahrzehnten
gespendet worden war und immer noch funktionierte.
    Das erste Röntgenbild zeigte einen Arm, der vor der Brust gekreuzt
war und dessen Hand auf dem Schultergelenk ruhte, der andere Arm lag
ausgestreckt neben dem Körper. Auch konnte man schemenhaft einen Gegenstand
ausmachen. Wahrscheinlich ein Schmuckstück, mutmaßte Ronald Walter.
    Â»Also, wenn Sie mich fragen, ist das kein Mann, sondern eine Frau.
Eine Königin«, sagte er ehrfürchtig.
    Â»Ist doch völlig egal, solange es blaues Blut ist«, entgegnete Direktor
Hansen.
    Das zweite Bild zeigte den Beckenbereich der Mumie.
    Â»Ja, eindeutig eine Frau. Sehen Sie hier, die Innenlinie des Beckens
ist relativ breit.«
    Â»Wie alt war sie ungefähr? Was schätzen Sie, Walter?«
    Â»Die Bandscheiben sind kaum abgenutzt. Ich würde sagen, um die
zwanzig vielleicht.«
    Â»Gute Arbeit, Walter.« Der Direktor klopfte seinem Assistenten auf
die Schulter und ließ seine Hand dort eine Weile liegen, als Zeichen von
Anerkennung und Verbundenheit.
    Â»Was halten Sie davon, wenn wir eine Computertomografie machen
lassen? Sie würde uns noch mehr über die Mumie erzählen können«, schlug Walter
vor.
    Â»Warum? Zweifeln Sie etwa an der Datierung und Ihren bisherigen
Erkenntnissen?«
    Â»Nein. Ganz und gar nicht, aber …«
    Â»Ich will sie vorerst nicht aus der Hand geben«, unterbrach der
Direktor seinen Assistenten.
    Dieser Fund war eine einmalige Chance, um das Museum, das keine
staatlichen Förderungen mehr bekam, wieder interessant zu machen.
    Die letzten Jahre waren mau gewesen. Auch privat lief alles nicht
mehr so gut. Seine Ehe war am Ende, seine Frau hatte ihn sogar als Versager
beschimpft, weil er seinem Sohn kein Studium finanzieren konnte, weil sie nicht
mehr dreimal im Jahr in Urlaub fahren konnten und weil seine Frau inzwischen
bei Aldi einkaufen musste anstatt wie früher im Feinkostgeschäft.
    Walter sah seinen Chef enttäuscht an, er hätte gern mehr über die
Einbalsamierungstechnik der Mumie erfahren, was man nur über eine CT hätte
herausfinden können. »Sie steht uns nur leihweise zur Verfügung, Walter. Lassen
Sie uns die Zeit nutzen. Der Sarkophag hat uns ja schon einiges erzählt.« Der
Direktor klopfte Ronald Walter abermals auf die Schulter.
    Â»Ach, und vergessen Sie nicht, die anderen Stücke auf ihr Alter
überprüfen zu lassen. Sie kennen ja die Prozedur.« Dann verließ er endlich den
Röntgenraum des Museums und ließ Ronald Walter mit der Mumie allein zurück.
Ronald Walter ging immer wieder um das einbandagierte Objekt herum, legte seine
Hand behutsam auf die schmutzigen Bänder und ließ sie schließlich auf dem Kopf
der Mumie liegen. Dann beugte er sich zu ihr hinunter und flüsterte: »Ich habe
eine Idee, ich hoffe, sie gefällt dir.«
    Und dann begann er langsam die Leinenwickel, Lage für Lage, von der
Mumie abzulösen.

15. KAPITEL
    Chester   Aethel
schlüpfte in einen grau-schwarz karierten knielangen Rock, eine
hochgeschlossene weiße Bluse, schwarze Halbschuhe und band sich ihr
schulterlanges braunes Haar mit einer Schleife nach hinten. Sie schmierte sich
noch Öl in den Haaransatz, damit die Haare fettig aussahen, und stellte sich
vor den Spiegel.
    Â»Wirklich nett, Sie kennenzulernen, Lord Arschloch«, sagte sie
übertrieben freundlich und machte einen

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