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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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Knicks. Dann betrachtete sie ihr
Spiegelbild. Als Kind war sie regelrecht hässlich gewesen, als Jugendliche noch
hässlicher. Doch inzwischen hatte sich ihre Nase zurechtgewachsen und passte in
ihr Gesicht. Sie fand sich inzwischen auch relativ annehmbar. Mit ein bisschen
Betonung ihrer grünen Katzenaugen konnte sie sogar attraktiv aussehen, deshalb ließ
sie jetzt jegliche Schminke weg und setzte sich ihre Zahnspange ein, die sie
normalerweise nur zu Hause am Abend trug oder wenn ihre Eltern mal wieder der
Meinung waren, einen potenziellen Ehemann von adeliger Geburt für ihre Tochter
gefunden zu haben.
    Für Aethel lebten die beiden immer noch im vorletzten Jahrhundert.
Im Bekanntenkreis der Grosvenors kam es allerdings schon vor, dass die Kinder
untereinander verheiratet wurden, damit das Geld in den Familien blieb und
nicht in irgendeiner Weise in bürgerliche Hände geriet, die des Geldes nicht
würdig waren.
    Aber für Aethel kam eine Ehe, egal mit wem, überhaupt nicht infrage.
Warum auch, sie verdiente ihr eigenes Geld, und das nicht schlecht.
    Sie ging die Turmtreppe hinunter durch die große Empfangshalle, wo
gerade zwei Bedienstete die Kristalle einzeln von dem großen Kronleuchter
abnahmen und sie reinigten, weiter zur Orangerie.
    Â»Ach, da kommt sie ja«, zwitscherte ihre Mutter strahlend, als wäre
es der schönste Tag ihres Lebens. Aethel grinste den Lord breit an, der als
Erstes auf ihre blitzende Zahnspange starrte. Ihrer Mutter gefror das Lächeln
im Gesicht, ihr Vater hob lediglich die Augenbrauen und schüttelte
andeutungsweise den Kopf.
    Â»Oh«, sagte Aethel, spuckte die Zahnspange in ihre rechte Hand, steckte
das silberne Gestell in die Rocktasche und streckte dem Gast die feuchte Hand
entgegen. »Hocherfreut, Sie kennenzulernen, Lord Richmond.«
    Einem unhörbaren Kommando folgend, setzten sich alle gleichzeitig an
den Teetisch. Aethel entging nicht ohne Genugtuung, dass sich der Lord diskret
die Hände an seiner Serviette abwischte. Er räusperte sich und sagte dann mit
spitzen Lippen: »Ihre Eltern sagten, Sie studieren Jura in Cambridge?«
    Â»Im fünften Semester«, warf ihre Mutter stolz ein und nickte Aethel
ermutigend zu, mehr darüber zu erzählen. Doch Aethel tat es ihrer Mutter gleich
und nickte nur, während sie am Tee nippte und sich zwei Kekse in den Mund
schob.
    Â»Dann haben Sie ja sicherlich von dem Online-Fremdsprachentraining
für Juristen gehört, das über zwei Millionen Juristen in der Welt ein
englisches Sprachtraining für Rechtsanwälte und Jurastudenten ermöglicht.«
    Aethel nickte zustimmend mit vollem Mund.
    Â»Bei dem heutigen raschen Wachstum und den grenzüberschreitenden
Transaktionen war es notwendig, so eine Dienstleistung ins Leben zu rufen. Ich
habe mich übrigens als Berater dieser Seite zur Verfügung gestellt«, fügte Lord
Richmond mit stolzgeschwellter Brust hinzu.
    Aethels Mutter gab ein lang gezogenes »Ohhh« von sich und faltete
wie eine fromme Protestantin die Hände vor der Brust, während Aethel schnell
wieder zwei Kekse in den Mund schob und freundlich dabei grinste.
    Â»Darf ich fragen, warum Sie ausgerechnet dieses Studium gewählt
haben? Sie wissen doch sicher, dass man einer der Besten sein muss, um in einer
renommierten Kanzlei überhaupt vorsprechen zu dürfen.«
    Aethel hatte so lange wie möglich die Kekse im Mund behalten, damit
sie bei einer Frage, die unweigerlich kommen musste, auch mit vollem Mund
antworten konnte. Mit der krümeligen Zunge fuhr sie sich über die Vorderzähne
und sagte lächelnd: »O ja, das weiß ich. Und ich bemühe mich immer, die Beste
in allem zu sein.« Dabei rieselten zahlreiche Keksbrösel auf die blütenreine
Tischdecke.
    Lord Richmond griff augenblicklich zur Teetasse. Aethels Mutter rang
um Contenance, während ihr Vater keine Regung zeigte. »Darf ich fragen, welche
Dozenten Sie haben?«, fragte der Lord wacker weiter, jedoch ohne Aethel
anzusehen.
    Â»Lord Richmond arbeitet nämlich in einer der angesehensten Kanzleien
in London, Aethel«, erklärte ihre Mutter, die ihre Fassung schnell
wiedergewonnen hatte, und zwinkerte ihrer Tochter ermunternd zu. Aethel musste
unwillkürlich grinsen, nicht nur über die Standhaftigkeit ihrer Mutter, sondern
weil sie grundsätzlich beide Augen beim Zwinkern zukniff. Nie schaffte sie es,
eines zu schließen und

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