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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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gewesen? Ihm war unbewusst etwas aufgefallen.
Was war es noch? Jetzt erinnerte er sich auch an die Augen, die ihn so frech
angegrinst hatten, zumindest hatte er das gedacht, er wusste es nicht mehr. Er
ging in die Küche, nahm einen Schluck Milch direkt aus dem Karton, stellte ihn
wieder in den Kühlschrank, der für einen Augenblick die dunkle Küche erhellt
hatte, und ging ins Bad. Er ließ das Licht aus, hob den Klodeckel und setzte
sich zum Pinkeln hin. In diesem Moment fiel es ihm ein. Die Arme waren schlank,
ja dünn gewesen. Die Gestalt war ihm bis zum Kinn gegangen. Er verwarf den
Gedanken wieder, der sich in seinem Kopf festsetzen wollte.
    Doch das Bild nahm immer mehr Gestalt an. Klein, zierlich, schlank.
Es war kein Mann gewesen, der ihn niedergeschlagen hatte, sondern eine Frau.
Sie hatten es also doch mit zwei unterschiedlichen Personen zu tun.
    Wenn allerdings jemand erfuhr, dass eine Frau ihn k. o. gehauen
hatte, würde er zum Gespött des ganzen Dezernats werden. Und wer begeht schon
freiwillig eine Selbstdemontage? Sam beschloss, den Fakt, dass sie es
höchstwahrscheinlich mit einer Diebin zu tun hatten, vorerst für sich zu
behalten. Der kleine Zweifel an der Tatsache sollte sein Gewissen für eine
Weile beruhigen.

26. KAPITEL
    Ein extrem schlechtes Gewissen plagte auch Ronald Walter.
Er hatte das Gefühl, dass seine Gedanken wie Flugblätter durch den Raum
geflattert waren. Für alle lesbar hatte dort gestanden: Ich bin
schuldig, ich lüge und betrüge . Beim Hinausgehen hatte dieser Polizist
ihn so angesehen, als wollte er ihm sagen, wir sehen uns noch, mein Freund.
Bisher war er nicht wiedergekommen. Aber immer wenn er Schritte draußen auf dem
Gang hörte, wurde ihm heiß, sein Herz fing an zu klopfen, und seine Finger
zitterten. Worauf hatte er sich da nur eingelassen.
    Er hatte die Pressemitteilung gelesen, die in den nächsten Tagen
raus sollte. Darin war nicht einmal sein Name erwähnt worden, und der Direktor
hatte auch noch nicht den Betrag für seine Loyalität konkretisiert. Im
Gegenteil, er hatte kein Wort mehr darüber verloren, und er selbst wollte ihn
nicht darauf ansprechen, weil er nicht als geldgierig dastehen wollte. Trotzdem
ärgerte es ihn, dass der Direktor nicht von selbst das Thema ansprach.
    Ronald Walter war dabei, jedes einzelne Stück aus der Villa zu
fotografieren und zu katalogisieren, und schrieb, tief über das Buch gebeugt,
die ungefähre Epoche dazu. Dabei wanderte sein Blick immer wieder in die erste
Reihe, wo stand: »weibliche königliche Mumie, Name unbekannt, ungefähre
Zeitschätzung: dreitausend Jahre«.
    Dahinter stand seine Unterschrift. Seine Unterschrift, die für die
Echtheit garantierte. Hier gab es keine Ausrede, dass er nichts wusste, nichts
konnte, nichts gesehen hatte oder Ähnliches. Wenn die Sache durch irgendeinen
Zufall aufflog, würde man ihn für einen Dilettanten in seinem Beruf halten, was
wiederum bedeutete, dass sein Ruf ruiniert war. Gut, wenn er ehrlich war, hatte
er sich noch gar keinen richtigen Ruf erarbeitet. Er stand noch ganz am Anfang
und war ein unbeschriebenes Blatt in der Branche. Er hatte gleich nach dem
Studium im Museum angefangen und saß immer noch hier unten im Kellerloch.
    Außerdem gab es ein weiteres Problem. Zwei Personen wussten von dem
Betrug. Er und der Direktor. Eine alte Regel sagte, zwei waren immer einer zu
viel.
    Ronald Walter stieß einen lauten Seufzer aus und nahm seine
verschmierte Brille ab, um sie zu reinigen. Er hörte Schritte draußen auf dem
Gang. Sein Herz begann zu rasen. Erstarrt blieb er auf dem Stuhl sitzen und
lauschte. Doch die Schritte entfernten sich wieder, irgendwo fiel eine Tür ins
Schloss. In dem Augenblick traf Ronald Walter eine Entscheidung. Eine Entscheidung,
die den Ball endlich ins Spiel bringen sollte.

27. KAPITEL
    Kreta   Nikolaos
wanderte jeden Tag mit seiner kleinen Herde Ziegen zu einer einsam gelegenen
steinigen Bucht am Meer, im Süden Kretas. Jeden Tag legte er viele Kilometer zu
Fuß zurück. Dabei führte sein Weg von seinem Haus am Rande des Dorfes über
ausgedörrte Hügel durch eine Schlucht und schließlich in die Bucht. Die Ziegen
ließ er meistens in der Schlucht oder auf dem Hügel zurück, wo sie sich über
die letzten Grasbüschel hermachten, während er kleine Steine über die glatte
Wasseroberfläche schoss.
    Ein Schnellboot raste

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