Totenpech
dicht an der Bucht vorbei. Die Wellen schlugen
gegen Nikolaosâ Beine. Er wartete ab, bis das Meer sich wieder beruhigt hatte.
Plötzlich umspülte etwas Weiches seine FüÃe. Es war eine weiÃe Plastiktüte. Er
zog sie aus dem Wasser und öffnete den Knoten. Fünf kleine tote Katzen,
aufgeschwemmt vom Meerwasser, lagen darin. Nikolaos kämpfte mit den Tränen, er
mochte Tiere, war mit Hühnern, Katzen, Hunden, Hasen und Ziegen aufgewachsen.
Wenn seine Mutter einen Hasen oder ein Huhn, manchmal auch eine Ziege
schlachtete, suchte er immer das Weite.
Er begrub die kleinen Katzen unter den Kieseln und suchte wieder
nach flachen Steinen, um sie über das Wasser zu schieÃen. Das Schnellboot hatte
irgendwo gewendet und fuhr ein zweites Mal an der Bucht vorbei. Dieses Mal
etwas langsamer. Dann verschwand es abermals hinter den Klippen. Doch am
Motorengeräusch konnte er hören, dass es nicht weit gefahren war. Suchten die
Leute etwas Bestimmtes? Eine einsame Bucht wie diese? Zum Baden vielleicht?
Sekunden später tauchte das Boot wieder auf und steuerte direkt auf
Nikolaos zu. Er winkte, aber die beiden Männer erwiderten seinen Gruà nicht. Enttäuscht
lieà Nikolaos die Hand sinken. Die beiden Männer sahen ja auch nicht gerade wie
Griechen aus.
Im nächsten Augenblick fuhren sie auf den Kiesstrand. Einer der
Männer sprang heraus. Er packte den Jungen, warf ihn ins Boot und stieà es
wieder ins Wasser. Nikolaos spürte einen Stich im Hals. Alles wurde schummrig
um ihn herum, dann schwarz. Nikolaos sah und hörte nichts mehr.
Das kleine Boot mit dem bewusstlosen Jungen umfuhr die Klippen und
steuerte aufs offene Meer hinaus.
28. KAPITEL
Chester â Aethel
war wieder auf dem Landweg nach England zurückgefahren anstatt nach Spanien, wo
sie die Büste hätte abliefern sollen.
Und ausgerechnet sie war an der Grenze in eine Zollkontrolle
geraten. Sie hatte sich betont gelassen gegeben, als ihr Rucksack durchsucht
wurde, in dem sich die Büste befand. Und es hatte tatsächlich geklappt! Die
Kretins an der Grenze gaben sich mit ihrer Geschichte, dass sie die Büste im
Kunstunterricht angefertigt hatte, zufrieden und stellten keine weiteren
Fragen. Trotzdem war das ein Zwischenfall, der Aethel gar nicht schmeckte. Was
war, wenn der Fall Furore machte â davon ging sie aus, immerhin hatte sie eines
der wertvollsten Stücke der Zeitgeschichte gestohlen â und einer der Grenzbeamten
sich an sie erinnerte?
AuÃerdem war sie sich gar nicht mehr so sicher, ob sie das kostbare
Stück überhaupt abliefern wollte. Dieser Verrat bedurfte allerdings einer
genauen Ãberlegung, denn damit würde sie ein für alle Mal weg vom Fenster sein.
Niemand würde sie mehr engagieren. Sie wäre erledigt, was auch bedeuten würde,
dass sie ihre gestohlenen Schätze nicht mehr unter der Hand verkaufen könnte.
Ihre Geldquelle würde versiegen! Aethel saà auf dem Bett in ihrem Turmzimmer
und kaute die Haut um die Nägel ab. Sie war nervös. Sie öffnete ihren Laptop
und ihren Account. Es waren keine Nachrichten eingegangen. Sie warteten auf
sie, gaben ihr noch Zeit.
Um sich zu beruhigen, holte sie das Tagebuch ihres GroÃvaters
hervor, schlug die Seite auf, wo sie stehen geblieben war, und las die letzten
Absätze noch einmal.
Â
Sir
Archibald Ascot ist nirgendwo zu sehen. Ich übe mich in Geduld, denn
irgendetwas soll heute Abend noch passieren.
Gerade
ist es mir gelungen, mich der Gruppe der Engländer anzunähern, als ein
Gongschlag ertönt und die gesamte Gesellschaft im Reden innehält und sich langsam in einen anderen Raum des Palais bewegt.
Ich
tue nicht überrascht und folge dem Fluss der Abendroben wie selbstverständlich.
Sir
Ascot steht mitten im Raum, neben ihm eine Reihe anderer Männer, die sich leise
unterhalten. Ich stelle mich mit der Gesellschaft in einem Halbkreis um einen
groÃen Tisch und frage mich, was hier gleich geschieht. Ich bin wohl der
Einzige, der sich das zu fragen scheint.
Dann
tritt einer der Männer aus der Reihe und stellt sich in gebrochenem Englisch
vor. Er heiÃt Ludwig Borgmann, ist Deutscher und leitet die Ausgrabungen in
Tell el-Amarna. Er gehört zu einer Organisation, die sich die
Orient-Vereinigung nennt. Er stellt die beiden Hauptfinanziers vor. Der eine
ist deutscher Privatbankier, Wilhelm Mendelssohn, der andere ein Wiener Mäzen,
Freiherr von und
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