Totenpech
skandalöser Fall publik gemacht, aber im Grunde genommen
ist es ein Netzwerk, in dem jeder daran verdient, die Augen zu verschlieÃen.
Uns ist von einer Gruppe, einer privaten Organisation, die sich besonders auf
die Touristenzentren in Indien konzentriert hat, zu Ohren gekommen, dass dort
insbesondere Babys und kleine Mädchen für sexuellen Missbrauch an europäische
Interessenten verschachert werden. Es wurden bereits Schutzzentren gebaut, in
denen solche Opfer aufgenommen werden und wo unter anderem für psychologische
Hilfe gesorgt ist. Um es kurz zu machen, diese Organisation braucht unsere
Unterstützung im Kampf gegen die Pädophilie. Angestellte von Hotels müssen
bezahlt werden, damit sie nicht stumm zusehen, sondern solche Missbräuche
direkt melden. Allein in den letzten zwei Jahren ging die Zahl bereits um
dreiÃig Prozent zurück â¦Â«
Sam hatte sich unter die spendenwillige High Society gemischt und
versuchte, sich möglichst unauffällig jeden Einzelnen einzuprägen. Ein
schwieriges Unterfangen, denn die Frauen beobachteten ihn wie Katzen einen
Falter, der unruhig umherflattert. Sam blieb an der Terrasse stehen, nahm ein
Glas Champagner entgegen, das ein Kellner ihm von einem Tablett reichte, und
versuchte, gelassen auszusehen.
Ein paar Fotografen wimmelten am Rand der Gesellschaft herum und
fingen die Gäste mit ihren blitzenden Digitalkameras ein, damit das eine oder
andere Gesicht mit einer Namensnennung unter dem Schirm der groÃzügigen Spenden
auch in der nächsten Ausgabe der bunten Presse erscheinen konnte.
Frau Serani war mit ihrer Rede fertig. Sie ging durch die Menge,
hielt hier und da einen Small Talk und steuerte dann direkt auf Sam zu.
»Es freut mich, dass Sie gekommen sind, Herr Kondor.«
Sie streckte ihm die Hand entgegen, und Sam antwortete: » O âConnor.«
»Ach ja, wie dumm von mir. Ich kann mir einfach keine Namen merken.
Haben Sie noch etwas ersteigert?«
»Nun, ich hatte ein etwas spannenderes Angebot erwartet.«
Frau Serani sah ihn fragend an.
»Ich habe in meiner Sammlung schon so einige Raritäten, aber mir
fehlt noch etwas AuÃergewöhnliches.«
»Hatten Sie etwas Besonderes im Sinn?«
»Nun, erst dachte ich, diese Kindermumie wäre es, aber der Sarkophag
gefiel mir, ehrlich gesagt, nicht.«
Frau Serani nickte und schien nachzudenken, dann zog sie ihn in den
Flur. »Was sagen Sie dazu?«
Auf dem Flur im Gang stand der Kopf von Echnaton, den sie ersteigert
hatte. »Er macht sich dort ganz gut, oder?«
»Ausgezeichnet. Stand dort vorher etwas anderes? Oder wo haben Sie
so schnell den passenden Marmorsockel gefunden?«
»Sie sind sehr aufmerksam, Herr Konnor ⦠Es stimmt, vorher stand
dort eine Büste der Nofretete. Ich habe sie von einem alten Freund geschenkt
bekommen. Ja, so könnte man es sagen.« Versonnen blickte sie auf den Gipskopf
und schwenkte den Weinkelch leicht hin und her. Sam fragte sich, ob die Frau
schon senil war. Erst konnte sie sich seinen Namen nicht merken, und jetzt
erzählte sie eine komplett andere Geschichte, als sie Alfred am Telefon
aufgetischt hatte.
»Und wo ist das gute Stück jetzt?«
Sie lächelte verschmitzt und senkte ihre Stimme: »Ich habe einen
sehr guten Preis dafür bekommen. Da konnte ich nicht Nein sagen.«
Sie hatte sie verkauft? Wurde sie nicht gestohlen? Sam verstand gar
nichts mehr.
»Das ist natürlich â¦Â« Bevor er seinen Satz beenden konnte, wurde er
von einer blonden, hochgewachsenen Frau in einem eng anliegenden silberfarbenen
Strickkleid unterbrochen, die ihn schon die ganze Zeit beobachtet hatte und
jetzt die Gelegenheit ergriff, seine Bekanntschaft zu machen.
»Ach, meine liebe Parminder, ich gratuliere dir für die Wahl deines
interessanten Spendenzwecks. Finden Sie nicht auch?«, wandte sie sich an Sam.
»Darf ich dich mit Herrn Kondor bekannt machen? Ich habe ihn auf
einer Versteigerung kennengelernt. Josephine Renouillt.« Mit diesen Worten und
einem vielsagenden Blick lieà Frau Serani die beiden stehen und mischte sich lächelnd
wieder unter ihre anderen Gäste. Sam sah ihr nach. Er ärgerte sich, dass diese
aufdringliche Blondine das Gespräch unterbrochen hatte.
»Was werden Sie spenden? Oder ist das ein Geheimnis?«
Sam überlegte, ob es tatsächlich in diesen Kreisen üblich war,
seinen persönlichen Spendenbetrag
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