Totenpech
sich
suchend um. Anscheinend hatte sie gefunden, was sie suchte, denn sie steuerte
direkt auf einen älteren glatzköpfigen Mann zu und blieb neben ihm stehen. Sie
schien etwas zu ihm zu sagen, denn der Blick des Mannes war auf einen Punkt
fixiert, als würde er konzentriert zuhören. Dann ging sie weiter, und der Mann
entspannte sich. Ãber sein Whiskyglas hinweg scannte er schnell die umstehenden
Leute, dann sah er hoch zur Galerie, genau zu Sam. Ihre Blicke trafen sich, bis
Sam wegsah. Der Mann hatte etwas zu verbergen. Eine Affäre mit Joséphine
Renouillt konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Der Herr passte
nicht in ihr Beuteschema, wie Frau Serani es beschrieben hatte.
»Zum Beispiel dieser Herr da unten, dieser und die Dame in WeiÃ
gehören auch dazu â¦Â« Sam hatte den Faden verloren und wusste nicht, wovon Frau Serani
gerade sprach. »Der grauhaarige Herr, direkt unter uns, dem gehört eine der
bekanntesten Autovermietungen des Landes, und das Paar in der Ecke gehört zu
einer Juweliersfamilie, die auch jeder kennt. Dann haben wir ein paar Bankiers,
Reeder und â¦Â«
»Ist denn keiner dabei, der mit Kunst seine Millionen macht?«,
unterbrach Sam den Redefluss von Frau Serani.
»Nur wenige beschäftigen sich mit der reinen Kunst. Weltweit gibt es
nur eine Handvoll, die den Kunstmarkt beherrschen und damit Geld machen. Ein
ehemaliger Nachbar von uns in London war ein sehr erfolgreicher Kunsthändler.«
»Wie hieà er?«
»Meyer.«
»Er ist einer der wenigen, der mit Kunst reich geworden ist.«
»Sagen Sie, wer ist der Herr mit der Glatze da unten?«
»Walter von Schmitzing. Er kommt aus einer der reichsten
Reederfamilien überhaupt. Er selbst segelt leidenschaftlich gerne und sammelt
antike Kunstschätze aus aller Welt.«
»Auch ägyptische?«
»Auch ägyptische.« Frau Serani lächelte und sagte dann: »Herr
Kondor, ich muss mich wieder um meine anderen Gäste kümmern. Unten liegen die
Spendendaten aus. Sie werden doch etwas spenden, nicht wahr?«
»Aber natürlich, Frau Serani.«
Sam mischte sich ebenfalls wieder unter die Gäste, lächelte hier und
da und versuchte, aus den Gesprächsfetzen irgendetwas herauszufiltern. Es ging
um Aktien, Dollarkurs, Inflation, Hotels, Angestellte, aber um nichts, was für
ihn von Interesse war. Nach drei Stunden und dem vierten Glas Champagner
verlieà er die rote Backsteinvilla, ohne etwas zu spenden. Er würde sich durch
eine plötzliche Ãbelkeit oder Ãhnliches aus der Affäre reden müssen.
DrauÃen lockerte Sam seine Krawatte, stieg in seinen Wagen und
schrieb sich im schwachen Licht der Innenbeleuchtung ein paar Namen in sein
Notizbuch, als es plötzlich an sein Fenster klopfte. Sam hob erschrocken den
Kopf. Er sah in das gespensterhafte Gesicht von Joséphine Renouillt. Sie
öffnete die Tür und lieà sich ohne ein Wort auf den Sitz gleiten.
Sam war perplex. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Joséphine war
offensichtlich auch nicht daran interessiert, sich mit ihm zu unterhalten. Sie
nahm seine Hand und umschloss sie zärtlich mit ihren schlanken Fingern.
Lina hatte seine Hände immer geliebt, hatte ihm Komplimente für
seine gepflegten und äuÃerst männlichen Hände â was auch immer Frauen darunter
verstanden â gemacht und seine Handinnenflächen geküsst, genau wie die Frau
neben ihm es jetzt tat. Dann legte sie seine Hand auf ihr Knie und führte sie
auf ihren langen, leicht gebräunten Beinen nach oben, wobei sie langsam ihr
Strickkleid hochschob. Seine Hand durchwanderte diverse Klimazonen, vom Polar-
zum trockenen Saharaklima bis hin zu den feuchten Tropen, wo sie schlieÃlich
zum Stillstand kam.
52. KAPITEL
Mallorca   Sobald
am nächsten Tag die Dunkelheit eingesetzt hatte, war Aethel, dieses Mal mit
einer roten Kurzhaarperücke und einem kleinen Motorroller, wieder in den Weg
eingebogen, der zu dem alten Steinhaus führte, in dem der Mann verschwunden
war.
Sie lokalisierte das Haus. Dann fuhr sie zurück in den angrenzenden
Pinienwald, wo sie ihren Roller versteckte und zu Fuà das Gebiet um die Klippen
herum durchforstete.
Das Steinhaus entpuppte sich auf der Rückseite als eine riesige
Glasmansion, die in die Klippen hineingebaut worden war.
Aethel holte aus ihrem Rucksack die nötigen Utensilien und machte
sich daran,
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