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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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gefragt, ob
sie von einem deutschen Archäologenteam wüsste, das zurzeit hier irgendwo
arbeitete. Sie hatte es verneint und ihn gefragt, ob er Interesse an solchen
Arbeiten hätte. Das Leuchten in seinen Augen war wohl Antwort genug gewesen.
Sie hatte ihn angelächelt, und heute Nachmittag, nach seiner Führung, war sie
mit ihm hinunter in den Keller gegangen. In den Keller, von dem er nur gehört
und gelesen hatte. Ein Keller, der wie ein Labyrinth war und in dem seit hundert
Jahren alle Funde in Lattenkisten übereinandergestapelt worden waren, ohne sie zu
archivieren. Seit etwa vier Jahren waren drei Archäologen und ein Restaurator
dabei, die unterirdische Schatzkammer des Museums zu erfassen. Da einer der
Archäologen bereits seit Längerem krank war, sollte er für ihn einspringen.
Ronald Walter hatte sein Glück kaum fassen können.
    Jetzt wollte er die muffige Luft, die nach Gruft roch, noch einmal
einatmen und die unbekannten Schätze, die bislang kein Tourist gesehen hatte,
allein bewundern, bevor er morgen früh zu dem Team dazustoßen wollte. Die Tür,
die zum Keller führte, war unverschlossen. Ronald Walter schlich sich leise wie
ein Dieb die Treppen hinunter. Ihm fiel nicht einmal auf, dass hier unten noch
Licht brannte. Er strich behutsam über die alten Stücke in den Regalen, als er
von irgendwo hinten aus dem Keller Stimmen hörte. War das Team etwa noch hier
unten und arbeitete? Er hatte doch vor über einer Stunde zwei Personen weggehen
sehen. Ronald Walter war unschlüssig, was er jetzt tun sollte. Er hielt es für
besser, wieder zurückzugehen und so zu tun, als wäre er gar nicht hier unten
gewesen, doch plötzlich näherten sich die Stimmen. Ronald Walter sah sich um.
Wo konnte er sich verstecken? Sollte er sich überhaupt verstecken? Im letzten
Moment sprang er hinter eine Kiste, ging in die Knie und atmete so flach wie
möglich. Zwei Gestalten bogen um die Ecke des Ganges. Beide sprachen Englisch
mit starkem Akzent.
    Â»So, ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt. Jetzt sind Sie an
der Reihe, Mr. Alawar«, sagte eine Frauenstimme.
    Der Name war Ronald Walter sehr wohl bekannt. Kamal Alawar war der
Direktor der Antikenbehörde, der hier im Museum für ägyptische Kunst ein und
aus ging.
    Â»Ich würde zu gerne wissen, wie Sie an das kostbare Stück
herangekommen sind.«
    Â»Wer verrät schon freiwillig seine Berufsgeheimnisse, mein Lieber.«
    Â»Mich wundert allerdings, dass ich gar nichts von dem Raub gehört
habe. Sie wissen ja, wie lange Ägypten schon hinter der Büste her ist. Sie
werden als Erstes vermuten, dass wir dahinterstecken.«
    Â»Ich bitte Sie. Sie kennen doch die Geschichte der Büste. Die Kopie
steht im Museum in Berlin. Das Original war jahrelang in Privatbesitz. Ich habe
durch Zufall davon erfahren, et voilà: Hier ist sie.«
    Die Kopie in Berlin? Sprachen die beiden tatsächlich über die Büste
der Nofretete?, fragte sich Ronald Walter und dachte an die Unterhaltungen und
das Foto, das ihm der Polizist in München gezeigt hatte. Gestohlen aus einem
Privatbesitz. Keiner hatte Aufhebens darum gemacht, weil der Besitzer davon
ausging, dass das Stück wertlos war.
    Â»Sie bekommen gleich morgen die Erlaubnis für die Ausgrabungen
ausgestellt.«
    Â»Haben Sie nicht ein paar Dinge vergessen, mein Lieber?«
    Â»Auf unbestimmte Zeit natürlich. Und ja, er wird nichts davon
erfahren.«
    Â»Sehr schön. Eines interessiert mich allerdings doch noch …« Es
entstand eine kleine Pause, und Ronald Walter dachte schon voller Schrecken,
dass man ihn entdeckt hatte. Irgendein Teil vom Schuh oder seines Körpers, der
hinter der Kiste hervorlugte. Doch dann redete die Frau weiter.
    Â»Wie wollen Sie diese unverhoffte Entdeckung öffentlich machen?«
    Â»Ich bitte Sie, das wird das geringste Problem für mich sein.« Der
Direktor gab ein dreckiges Lachen von sich, während sich die beiden Richtung
Ausgang bewegten, weg von Ronald Walters Versteck. Das Licht ging aus, und die
Tür fiel ins Schloss. Er erhob sich langsam und merkte erst jetzt, dass seine
beiden Unterschenkel eingeschlafen waren. Er massierte sie und versuchte, das
unangenehme Kribbeln zu ignorieren. Jetzt war es so stockdunkel hier unten,
dass er nicht einmal die eigene Hand vor Augen sah. Er tastete sich vorsichtig
hinter der Kiste hervor und ging Schritt für Schritt in

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