Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz
auf den Täter.«
»In der Staatsoper erinnert man sich sehr wohl an Amanda Meinhardt, bedauerlicherweise aber nicht an ihren Begleiter«, referierte Ferdinand Huber, als die Reihe an ihm war. »Allerdings hat sich der Geschäftsführer einer Firma mit dem Namen Clipper D.I.S.S., er heißt Mike Hunke, vorhin bei mir gemeldet. Ich soll Ihnen, Frau Greve, übrigens schöne Grüße von ihm ausrichten. Herr Hunke erinnert sich an einen dunklen Volvo oder Saab, der am Mordabend am Veritaskai abgestellt war und den er noch nie zuvor dort gesehen hat. Vom Kennzeichen konnte er sich allerdings nicht sehr viel merken. In jedem Fall war es ein Hamburger Kennzeichen. Von dem, was danach kam, konnte er noch den Buchstaben S und die Zahl 8 entziffern.«
»Dunkel, was heißt das? Dunkelgrau, dunkelgrün oder dunkelblau? Konnte der Zeuge die Farbe des Wagens denn nicht etwas genauer bestimmen?«
»Nein, keine Chance, Chef, da hat sich Hunke nicht festlegen wollen.«
»Das erleichtert uns die Aufgabe, alle Hamburger Autokennzeichen mit einem S und einer 8 ausfindig zu machen, ja nicht gerade. Machen Sie also eine Aufstellung aller in Frage kommenden Fahrzeuge, und beginnen Sie anschließend mit der Überprüfung der Halter«, entschied Günther Sibelius.
Nach der Dienstbesprechung nahm Verena Mendelson ihre Kollegin Anna Greve auf dem Flur zur Seite.
»Wie ist es, haben Sie Zeit für eine kleine Pause?«
»Natürlich, kommen Sie mit, Verena. Gehen wir in unsere Kantine, dort gibt es einen abgetrennten Raum, in dem ich in Ruhe eine rauchen kann.«
»Danke noch mal, dass Sie mich zurückgepfiffen haben, Anna. Ich war gestern wohl wirklich etwas fies zu unserem neuen Kollegen«, rührte Verena Mendelson kurz darauf im separierten Raucherraum in ihrer Kaffeetasse.
Anna lächelte ihre Kollegin schräg von der Seite an. »Keine Ursache, das habe ich gern gemacht, denn schließlich müssen wir beide als die einzigen Frauen im Team doch zusammenhalten. Überhaupt finde ich, dass es an der Zeit ist, dass wir ›du‹ zueinander sagen.«
»Klasse, Anna, das sehe ich genauso«, hakte sich Verena Mendelson vor Freude strahlend bei ihrer Kollegin unter.
»Ja, aber zu Marc Hellweg bist du echt nicht besonders nett gewesen. Ich denke, du solltest dich wirklich bei ihm entschuldigen, wenn du es nicht schon getan hast.«
»Das mache ich, aber jetzt noch einmal zur Dienstbesprechung, Anna. Ich finde deine Idee zwar gut, doch sie könnte ziemlich gefährlich für dich werden. Versprich mir bitte, vorsichtig zu sein und keinen Schritt ohne Weber zu tun.«
»Darauf kannst du dich verlassen«, sah Anna auf ihre Armbanduhr. »So, jetzt muss ich aber ins Büro zurück, sonst komme ich zu spät zu meinem Gespräch mit Mettmann.«
Verena Mendelson zahlte und legte ihren Arm einen kurzen Moment um Annas Schultern, bevor sie sich wieder auf den Weg ins Präsidium machten.
»Mir ist aufgefallen, dass sich der Täter in der griechischen Mythologie auszukennen scheint«, sagte der Kriminalpsychologe wenig später im Konferenzraum zu Anna. »Jedenfalls hat er gleich eine passende Entgegnung auf Amanda Meinhardts Pseudonym ›Helena‹ parat gehabt. Möglicherweise ist die Auswahl dieses Namens, neben dem guten Aussehen von Frau Meinhardt, sogar der Auslöser für ihn gewesen, auf ihre Kontaktanzeige zu antworten.«
»Sie meinen also, dass wir auf diesen Zug aufspringen und für mich ebenfalls ein Pseudonym aus der griechischen Sagenwelt wählen sollten?«, fragte Anna den Kriminalpsychologen. »Wie wäre es denn dann mit Aphrodite, das könnte doch zu unserem Täter passen?«
»Diese Göttin kennt doch jeder, besser gesagt, weiß fast jeder, dass Aphrodite für Schönheit und geschlechtliche Liebe steht. Nein, wir wollen die Intelligenz des Täters doch nicht beleidigen und sollten daher lieber nach
etwas Außergewöhnlicherem Ausschau halten. Nach einer Göttin, die ihn neugierig macht, weil sie antagonistische Züge trägt, und die ihn dadurch herausfordert, dass entweder ihr Ursprung oder ihre Bedeutung nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Kommen Sie, Anna, wir verlagern unser Gespräch in mein Büro. Wenn ich mich nicht irre, müsste dort noch irgendwo ein Lexikon der griechischen Mythologie herumliegen.«
»Hier«, deutete Anna mit dem Finger auf eine Buchseite des Lexikons, »wie wäre es mit ›Eos‹? Bei den Griechen und Römern war sie die Göttin der Morgenröte. Aber offensichtlich hat sie sich nicht nur auf diese
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