Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz
hätte bei einer solchen Gelegenheit auch durchaus jemanden kennenlernen können, von dem Sie nichts wussten.«
»Das halte ich für unwahrscheinlich, schließlich hat Monika mir ihre Erlebnisse hinterher jedes Mal haarklein erzählt, aber es ist denkbar.«
Ja, vor allem, wenn ihre Männerbekanntschaft auf Diskretion bestanden hätte, fügte Anna in Gedanken hinzu, bevor sie sich von Sabine Hofrath und danach von Weber verabschiedete, um an diesem Abend zur Abwechslung einmal pünktlich nach Hause zu kommen.
Als Anna in die Einfahrt zu ihrem Haus einbog, sah sie Toms Volvo bereits unter dem Carport stehen. Kaum zu glauben, wie sehr man sich über den Anblick eines Autos freuen kann, dachte die Kommissarin, als sie die Haustür aufschloss. Sie hatte sich fest vorgenommen, den Abend mit Tom zu genießen. Ja, sie hatte sich sogar geschworen, in Zukunft nicht mehr so viel an ihm herumzukritisieren und alles dafür zu tun, dass ihr Zusammenleben wieder harmonischer verlief.
»Wie war dein Tag?«, umarmte Anna ihren Mann, der in seinem Wohnzimmersessel saß und Zeitung las.
»Viel Arbeit, wie immer, aber im Großen und Ganzen
ist es ganz gut gelaufen. Immerhin ist der Folgeauftrag für die Prospektbeilage von Sport Hoffmann aus Buchholz seit heute unter Dach und Fach«, sagte er erleichtert. »Das heißt, dass ich für die nächsten Monate genügend Aufträge habe und niemanden entlassen muss. Übrigens hat sich Jan bei mir gemeldet, Anna. Wenn alles so klappt, wie er es sich vorstellt, kommt er uns demnächst für ein paar Tage besuchen.«
»Wird ihn seine Freundin wieder begleiten? Ihr schwärmt ja alle in den höchsten Tönen von ihr, nur ich hatte bisher noch keine Gelegenheit, sie näher kennenzulernen.«
»Wie es aussieht, kommt er allein, da Paola die Gelegenheit nutzen und das Weihnachtsfest mit ihrer Familie in São Paulo verbringen will. Ach, bevor ich es vergesse, Anna, kurz bevor du nach Hause gekommen bist, hat jemand für dich angerufen.«
Tom beugte sich über den Wohnzimmertisch und zog einen Zettel unter der ausgelesenen Tageszeitung hervor.
»Marc Hellweg heißt der Mann, er bittet darum, dass du ihn heute noch zurückrufst. Ist er ein Zeuge in deinem Mordfall?«
»Nein, Marc ist ein neuer Kollege aus unserer Computerabteilung«, entgegnete Anna.
»Der offensichtlich etwas dermaßen Wichtiges in Erfahrung gebracht hat, dass er nicht bis morgen früh damit warten kann. Dabei hatte ich gehofft, dass wir beide heute endlich einmal wieder etwas Zeit für uns haben«, fügte Tom in gereiztem Tonfall hinzu.
»So wird es auch sein, Tom. Lass mich nur kurz das Telefonat erledigen.«
»Gut, dann werde ich jetzt mal besser nach oben verschwinden, damit du deinen Kollegen ungestört zurückrufen kannst.«
»Ich komme gleich nach, versprochen. Soll ich dir ein Glas Weißwein oder Rotwein mitbringen?«
»Rotwein, danke, und beeil dich bitte.«
»Na, Marc, was gibt’s denn?«, fragte Anna kurz darauf ihren Kollegen.
»Hallo, Anna, ich hoffe, ich störe nicht allzu sehr. Du, ich habe vorhin noch zwei Karten für das Europa-League-Spiel am nächsten Samstag ergattert. Wenn du mitkommen willst, gehört dir die zweite Karte.«
»Das hört sich gut an. Ich sage dir morgen Bescheid, geht das in Ordnung?«
»Geht klar, übrigens hört sich dein Mann am Telefon sehr sympathisch an. Hab einen schönen Abend, Anna.«
»Was gab es denn so Wichtiges, dass es nicht bis morgen Zeit gehabt hätte? Gibt es eine neue Spur?«
»Nein, Marc wollte mich nur für kommenden Samstag zum Fußball einladen. Er kann ja nicht wissen, dass wir über Jan noch immer Vorteile beim Kartenvorverkauf haben.«
»Na, da scheint mir dein Verhältnis zu Hellweg dann aber doch eine Spur zu privat zu sein. Zumindest hört es sich nach mehr als einer reinen Arbeitsbeziehung an.«
»Das sehe ich anders, Tom. Außerdem finde ich es schön, dass es in der Abteilung endlich jemanden gibt, mit dem ich über Fußball reden kann.«
»Meinetwegen, aber nenne mir bitte einen vernünftigen
Grund dafür, warum ihr so etwas noch nach Dienstschluss besprechen müsst. Kann man das nicht während der Arbeitszeit erledigen? Schließlich könnte es sein, dass man das Privatleben seines Kollegen stört, wenn man ihm sogar noch am Abend mit so etwas auf die Nerven geht.«
»Klar könnte es sein, aber ich fühle mich von Marc keinesfalls belästigt, Tom. Im Gegenteil, ich habe mich sehr über seinen Vorschlag gefreut. Was soll die
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