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Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz

Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz

Titel: Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Westendorf
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zwanzig Jahren lebte die Kommissarin Anna Greve inzwischen im Landkreis Harburg, aber das »Harburger Fährhaus« war ihr bis zum heutigen Tag unbekannt gewesen. Ein echtes Versäumnis, dachte Anna und trank einen Schluck Bier aus der Flasche. Denn das »Harburger Fährhaus« war ein Ort, wie sie ihn liebte. Eine Kneipe, in der die Musicbox in einem fort Schlager aus den Siebzigern spielte. Wo man sich schon
nach dem zweiten Bier dazu entschloss, alle weiteren nur noch mit einem Freund teilen zu wollen. Ein Ort, an dem man nachts um halb drei nach unzähligen geteilten Bieren auf die Straße torkelte und sich trotzdem wunderbar fühlte. Und lebendig. Weil man tolle Geschichten gehört, mit Seebären getanzt, dem Schifferklavier gelauscht hatte und Zeuge großer Beziehungsdramen und nicht minder bedeutender Versöhnungen geworden war.
    Die Kneipentür öffnete sich und holte Anna aus ihren Gedanken in die Wirklichkeit zurück, denn der Mann, der gerade den Gastraum betreten hatte, war Mike Hunke, der Pächter vom »Mississippi«.
    »Hallo, Mike«, wurde er von Martin Schulz begrüßt, »setz dich zu uns, wir können deine Hilfe gebrauchen.«
    »Worum geht es denn?«
    »Zuerst möchte ich dir meine Kollegen Anna Greve und Lukas Weber vom LKA Hamburg vorstellen. Wir sind auf der Suche nach einer Frau, die möglicherweise ein weiteres Opfer des Frauenmörders sein könnte, über den derzeit so viel berichtet wird, und deren Leiche irgendwo im Bereich des Binnenhafens vermutet wird.« Schulz reichte eine Fotografie von Amanda Meinhardt sowie die Phantombilder des Täters an Mike Hunke weiter. »Hast du die beiden schon mal gesehen?«
    »Nein, tut mir leid, Martin.«
    »Und ist Ihnen in den vergangenen Tagen sonst irgendetwas Besonderes aufgefallen, Herr Hunke? Ein unbekanntes Fahrzeug vielleicht oder eine Person, die Sie noch niemals zuvor in dieser Gegend gesehen haben und die sich irgendwie seltsam benommen hat«, setzte Weber nach.

    »Hallo erst mal«, prostete Mike Hunke den Kommissaren zu. »Da kommt Prominenz aus der Weltstadt Hamburg über die Elbe zu uns nach Harburg, das muss ich erst mal sacken lassen. Nee, jetzt mal ernsthaft, hier kommen jeden Tag so viele Menschen vorbei. Ständig fragt einer wegen eines Liegeplatzes an oder will sich ein Werkzeug von mir borgen. Wie sollte mir da ein Einzelner auffallen? Und merkwürdig benehmen sich die meisten Leute auch tagtäglich.«
    »Mag ja sein«, entgegnete Anna. »Aber wir suchen einen Mann, der in der Gegend umhergestrichen, Fragen gestellt und sich dabei vielleicht für ein bestimmtes Boot interessiert hat.«
    »Wie heißen Sie, schöne Frau?«
    »Anna Greve«, sagte Anna.
    »Gut, geben Sie mir bitte Ihre Telefonnummer, dann will ich noch mal in aller Ruhe darüber nachdenken, was sich in den letzten Tagen hier so getan hat. Sollte mir dazu tatsächlich noch etwas einfallen, sind Sie die Erste, die es erfährt. So, und jetzt ist endlich Feierabend.«
     
    Als die Kommissarin gegen achtzehn Uhr zu Hause eintraf, fand sie ihre Familie einträchtig versammelt im Wohnzimmer vor. Ben und Paul flegelten auf dem Sofa herum, von dem aus sie die Übertragung eines Skirennens verfolgten, und fütterten gleichzeitig Henry, den Hund, mit Salzstangen. Tom saß dagegen in seinem Fernsehsessel, las Zeitung und ermahnte die Jungen zwischendurch immer wieder, damit aufzuhören.
    »Auf geht’s zum Kartoffelschälen, Männer«, trieb er Ben und Paul an, als sich Anna in ihren Lieblingssessel
fallen ließ und unter ihre Wolldecke schlüpfte. »Wir wollen eurer Mutter doch einmal zeigen, wie selbstständig wir sind.«
    »Das Essen ist bald fertig, Mum, du wirst staunen«, platzte Paul heraus. »Es gibt…«
    »Halt bloß die Klappe, Kleiner«, unterbrach Ben drohend seinen jüngeren Bruder. »Sonst verdirbst du uns noch die Überraschung.«
    »Wie wäre es mit einem Glas Rotwein, Anna, oder willst du zuerst lieber unter die Dusche springen?«, fragte Tom. »Wenn du möchtest, kann ich dir auch ein schönes heißes Wannenbad einlassen.«
    »Nee danke, lass mal, eine Dusche reicht mir«, grinste Anna ein wenig verlegen. »Ich beeile mich.«
    Als sich Anna das heiße Wasser über den Rücken laufen ließ, wurde ihr endlich wieder warm. Dennoch drehte sie nach einer Weile die Dusche wieder zu, wusch und trocknete sich ab und schlüpfte in ihren Jogginganzug. Aus dem unteren Stockwerk stieg ihr ein verführerischer Bratengeruch in die Nase, und Anna fiel ein, dass sie seit dem

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