Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz
Aufgaben an die Mitglieder der Soko. Lars Haberland wies er die Aufgabe zu, den roten Honda von Amanda Meinhardt zu suchen, den diese laut Aussage von Doris Hagedorn irgendwo in der Nähe des Harburger Bahnhofes abgestellt haben musste, während
Ferdinand Huber möglichst viele Details aus dem Leben der Vermissten recherchieren sollte. Verena Mendelson wurde zu genaueren Nachforschungen in die Staatsoper geschickt.
»Kollege Hellweg, Sie schauen bitte nach, ob Amanda Meinhardts Laptop etwas Brauchbares ausspuckt«, wies er danach den Computerspezialisten an.
»Sie, Anna, kümmern sich um die von Ihnen sichergestellten persönlichen Dinge der Vermissten. Wir treffen uns gegen vierzehn Uhr wieder im Besprechungsraum, vielleicht wissen wir dank dem Kollegen Weber dann ja schon mehr.«
»Schade, jetzt werden unsere schönen Fußballkarten verfallen«, sagte Marc Hellweg nach der Besprechung auf dem Flur zu Anna. »Du wärst doch mitgekommen, oder?«
»Na klar, ich hatte mir für alle Fälle sogar schon einen extra dicken Wollpullover und Fellstiefel ins Auto gelegt. Aber wir holen das bei der nächsten Gelegenheit nach, und dann werde ich die Eintrittskarten besorgen. Bis nachher«, lächelte Anna ihrem Kollegen zu und ging in ihr Büro zurück.
Gegen dreizehn Uhr schlug Anna das letzte der drei Schulhefte auf, die sie aus Amanda Meinhardts Haus mitgenommen hatte. Doch wie schon in den beiden ersten waren auch die Seiten des dritten mit irgendwelchen, von einer verschnörkelten Mädchenhandschrift zu Papier gebrachten Gedichten gefüllt. Anna quälte sich durch die – zumindest für ihren Geschmack – kitschigen Liebesgedichte und fühlte sich inhaltlich dabei stark an
die Bücher erinnert, die sie in Monika Jacobsens Nachttisch gefunden hatte. War das wirklich alles ernst gemeint, überlegte Anna. Sollte es tatsächlich immer noch Frauen geben, die eine derart romantisch-verklärte, ja, geradezu pubertäre Vorstellung von der Liebe hatten? Oder hatten die beiden Frauen diesen Kitsch nur gelesen beziehungsweise geschrieben, um sich zu entspannen? Genauso wie sie sich selbst gern Tierfilme im Fernsehen anschaute, wenn sie abschalten wollte?
Weiter kam Anna in ihren Überlegungen nicht, denn in diesem Moment kehrte Weber von seinem Außeneinsatz zurück und betrat triumphierend das Büro. Er hatte noch immer Gummihandschuhe an den Händen und schwenkte eine in einem durchsichtigen Plastikbeutel mit Clip-Verschluss steckende schwarze Ledertasche durch die Luft.
»Das ist Amanda Meinhardts Tasche, wir haben sie in einem Gebüsch am Randstreifen der Wilhelmsburger Reichsstraße gefunden. Ihre gesamten Papiere und ihr Handy sind noch darin, allerdings fehlt jegliches Bargeld. Ich wollte sie Ihnen nur kurz zeigen«, meinte er stolz wie ein Kind, das zum ersten Mal ohne Stützräder auf seinem Fahrrad fuhr, »in der KTU warten sie schon darauf.«
»Wo genau hat sie gelegen?«, fragte Anna.
»Zwischen den Abfahrten Wilhelmsburg und Veddel, im absoluten Niemandsland, Anna. Die Kollegen von der KTU sind noch vor Ort, um das Gelände weiträumig nach weiteren Spuren abzusuchen, aber ich glaube kaum, dass wir Frau Meinhardts Leiche dort ebenfalls finden werden. Möglicherweise hat der Täter die Tasche einfach aus dem Auto geworfen.«
Anna breitete eine Landkarte vor sich aus.
»Könnte sein, und wenn man bedenkt, dass zwischen Amanda Meinhardts Anruf und ihrer letzten SMS ungefähr eine Stunde vergangen ist, dürfte der Weg von der Staatsoper bis zum Liegeplatz des Bootes nicht viel länger als dreißig Minuten gedauert haben«, sagte sie, während sie die Landkarte studierte. »Die Reichsstraße passt in dieses Zeitfenster.«
»Allerdings könnte sie die SMS genauso gut auch während der Fahrt im Auto geschrieben haben«, gab Weber zu bedenken.
»Ja, da haben Sie Recht, aber schließlich müssen wir mit unserer Suche nach Amanda Meinhardt irgendwo beginnen. Warum also nicht in der Nähe des Fundortes ihrer Handtasche?«
»In Ordnung, Anna, gehen wir also so vor, aber das heißt, dass wir in dem in Frage kommenden Gebiet auch das verschwiegene Plätzchen mit dem Boot finden müssen. Müsste so etwas wie ein Anlegeplatz oder ein kleiner Hafen sein. Fällt Ihnen dazu etwas ein?«
»Da gibt es jede Menge Möglichkeiten. Im Hamburger Stadtgebiet wäre das zum Beispiel Wilhelmsburg, die gesamte Gegend um den Finkenrieker Hauptdeich herum oder aber der an der Süderelbe gelegene Harburger Binnenhafen. Beide Gegenden
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