Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz
Frühstück nichts mehr gegessen hatte.
Tom und die Jungen hatten ein Wildschweingulasch gezaubert, zu dem es Rosenkohl, Kartoffeln und mit Preiselbeeren gefüllte Pfirsichhälften gab. Anna saß am Tisch und genoss das leckere Essen, sie hatte beinahe schon vergessen, wie gut Tom zu kochen verstand. Ben und Paul unterhielten sich über das Skirennen, während Tom ihr ein Glas Rotwein einschenkte. Ach, gäbe es nur öfter solche Momente wie diesen, dachte Anna, dann wäre sie niemals auf die Idee gekommen, an ihrem
Leben etwas ändern zu wollen. In ein paar Tagen treffe ich mich mit Jan, schoss es ihr plötzlich durch den Kopf. Warum eigentlich?
»Klasse habt ihr das gemacht, Männer. Ich habe wirklich Glück mit euch, danke noch einmal für die gelungene Überraschung.«
»Das ist doch Ehrensache, Mum, schließlich hast du heute den ganzen Tag arbeiten müssen«, gab Ben zurück.
Anna lächelte und schaute noch einmal vorsichtig zu Tom hinüber. Er wirkte in diesem Augenblick so jung und verletzlich, dass Anna eine große Zärtlichkeit für ihn spürte.
»So, ihr bleibt jetzt schön sitzen, während ich unten in der Gefriertruhe nachschaue, ob wir noch ein bisschen selbst gemachtes Schokoladeneis dahaben. Und dann machen wir uns einen gemütlichen Abend.«
»Tut mir leid, Anna, aber das geht leider nicht«, sah Tom auf seine Armbanduhr. »Ich muss gleich noch einmal in die Firma fahren. Warte besser nicht auf mich, es kann spät werden.«
Als kurz darauf die Haustür hinter Tom ins Schloss fiel, versuchte Anna, ihre Enttäuschung über sein Wegsein mit einer Riesenportion Schokoladeneis zu kompensieren. Anschließend holte sie die Spielkarten hervor, um ein paar Runden Skat mit ihren Söhnen zu spielen.
»Kennt einer von euch beiden vielleicht eine Klara Meinhardt?«, fragte Anna, während sie einen hohen Trumpf ausspielte und damit den Stich machte. »Sie müsste ungefähr in deinem Alter sein, Ben.«
»Na klar kenn ich die, mit der bin ich doch für kurze Zeit in einer Klasse auf dem Gymnasium gewesen.«
»Ist Klara auch schon einmal bei uns zu Hause gewesen? Sie kam mir jedenfalls irgendwie bekannt vor.«
»Ach woher, die doch nicht! Außerdem habe ich im Gym eigentlich niemanden näher kennengelernt, schließlich war ich dort nur ein halbes Jahr lang, bevor ich auf die Realschule gewechselt bin.«
»Stimmt«, sagte Anna. »Du hast zu dieser Zeit ja lieber gekifft und dich mit irgendwelchen wesentlich älteren Jungen umgeben, anstatt zu lernen. Ansonsten wärest du heute sicher noch immer auf dem Gymnasium und könntest in zwei, drei Jahren dein Abitur in der Tasche haben.«
»Du hast ja Recht, Mama, aber das ist doch nun wirklich Schnee von gestern. Und wer sagt dir eigentlich, dass ich nach dem Realschulabschluss nicht doch noch auf eine weiterführende Schule wechsele, um mein Abi zu machen. Auf jeden Fall ist Klara eine verwöhnte Zicke, die sich für was Besseres hält. Früher ist sie eine fürchterliche Streberin gewesen, aber ich glaube, das hat sich ziemlich geändert. Seit neuestem singt sie in einer bescheuerten Grunge-Band und kifft mehr, als ich es je getan habe.«
»Schön zu hören, dass dir inzwischen tatsächlich etwas Besseres einfällt, als dich ständig vollzudröhnen«, lächelte Anna. »Weißt du auch etwas über ihre Eltern, Ben?«
»Na ja, die Mutter karrt Klara ständig in der Gegend herum, und wenn es regnet, bringt sie sie sogar mit dem Auto zur Schule. Die reißt sich echt ein Bein für Klara aus, aber ihren Vater habe ich noch nie gesehen.«
Er war so kurz davor gewesen, ja, diesmal hätte wirklich nicht viel gefehlt, und er hätte das Foto seiner Träume im Kasten gehabt. Er erinnerte sich, wie sie laut gestöhnt und an ihren Fesseln gezogen hatte, als er die Melonenhälfte zwischen ihre Schenkel gelegt und das Spiel begonnen hatte. Ja, dieses Stöhnen hatte ihm augenblicklich klargemacht, wie ungeheuer groß ihre Lust gewesen war. Nur noch ein paar Minuten, dann wäre die blöde Kuh so heiß gewesen, dass sie es kaum noch hätte erwarten können, endlich von ihm gefickt zu werden. Und das, obwohl sie nackt, gefesselt und ihm komplett ausgeliefert gewesen war. Trotzdem hatte sie diesen Ausdruck in ihren Augen gehabt, den er unbedingt einfangen, den er unbedingt konservieren musste. Es war eine merkwürdige Mischung aus Angst, Leiden und maßloser Lust in ihrem Blick gewesen. Der letzte Rest Leben kurz vor dem Tod.
Dabei hatte sie ganz zu Anfang, als sie gerade
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