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Totenrache und zehn weitere Erzählungen

Titel: Totenrache und zehn weitere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frank
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Moment kaum Gefallen fand, gratulierte er sich insgeheim zu der Entscheidung, dass er bei der Wahl der Zimmereinrichtung auf Teppiche und kostbare Polstermöbel verzichtet hatte, als hätte eine unhörbare Stimme ihm damals zugeflüstert, welch morbiden Geschmack die Toten haben konnten.
    In den nächsten Tagen war er mehrmals unterwegs und suchte Hundezüchter auf. Er kaufte ihnen dann stets einen ganzen Wurf Welpen ab und sperrte die Tiere zunächst in ein Zimmer, das er Vorratskammer nannte. Pünktlich abends um acht Uhr warf er dann einen der Hunde in Emilias hungrige Fänge.
    Sie starben ja schnell, sagte er sich, als müsse er sein Gewissen beruhigen, Emilias blutrünstiges Tötungsritual war sehr effizient und wenig schmerzhaft. Es dauerte immer nur wenige Sekunden, bis das panische Jaulen erstarb.
    Da Emilia jegliches zu Lebzeiten erworbenes Wissen verloren hatte, kaufte Paul ein Kinderwörterbuch und einige Malblöcke, und in den folgenden Tagen war er damit beschäftigt, ihr zumindest sprachliches Grundwissen zu lehren. Die Unterhaltungen mit ihr fehlten ihm sehr, er spürte, wie er durch die ständigen, recht unergiebigen Monologe schwermütig wurde. Er schenkte ihr auch eine große Uhr, die er über die Tür ihres Zimmers hing, und erklärte ihr die Funktionsweise der Zeiger.
    Emilia lernte langsam, aber Paul bewies sehr viel Geduld. Voller Liebe und unermüdlich korrigierte er ihre Fehler. Vielleicht hätte er das Zeug zu einem guten Lehrer gehabt, aber dann sagte er sich, dass Kindern nicht diese lähmende Ruhe gegeben war wie seiner Schülerin. Bald schon konnte sie Begriffe wie Haus und Hunger auseinander halten und einfache Sätze aussprechen, wenngleich sie dabei einen leichten Sprachfehler offenbarte, den Paul bezaubernd fand: Es schien, als beherrsche ihre Zunge das Spiel mit den Silben nicht mehr. Vieles kam nun zischelnd über ihre Lippen: Ssschatzi , sagte sie.
    Über einen anderen Mangel konnte Paul nicht so achtlos hinwegsehen, denn eines, worum er sie bat, verstand sie nicht: Sie konnte nicht lächeln.
    „Lächle“, bat er immer wieder und schnitt wilde Grimassen und machte sich zum Narren, um ihr ein Vorbild zu sein, aber seine tote Frau starrte ihn nur verständnislos an, und ihr erschlafftes Gesicht zeigte keine Regung. „Schade“, murmelte er, so oft er scheiterte.
    Die Tage gingen dahin und waren erfüllt mit Lernen und langwierigen Erklärungen. Pünktlich abends um acht Uhr warf Paul einen winselnden Welpen in Emilias Zimmer und schloss die Tür sofort wieder. Die Vorstellung dessen, was während des Mahls geschah, rief ein tiefes Grauen in ihm hervor, und mit beinah abergläubischer Gründlichkeit vermied er es, der Schlachtung und dem Verzehr der Tiere beizuwohnen. Die Laute, die von der anderen Seite der Schwelle zu ihm durchdrangen, genügten ihm völlig. Manchmal erwachte er nachts und hörte das Schreien der Hunde, von denen er geträumt hatte – wie menschlich es klang, dachte er, und wie verloren –, und das Brechen ihrer Knochen, das unselige, nach Verdammnis klingende Knurren, welches Emilia ausstieß, dann das Schlürfen und Schmatzen, als säße dort ein riesenhaftes Kind mit schlechten Manieren. Paul hasste die Acht-Uhr-Fütterungen im gleichen Maße, wie sie Emilia erfreuten. Seine Augen brannten vor Zorn, wenn er Haut und Fell des Tieres und das achtlos auseinandergerissene und abgenagte Skelett beseitigte, überall war hingespritztes Blut und ein unauslöschlicher Gestank, der dem Raum anhaftete und einem Besucher wahrscheinlich schon beim Betreten des Hauses auffallen würde.
    Seit Emilias Tod hielt Paul Yield City für eine armselige seelenlose Stadt mit einem lächerlichen Namen, und auch die zweitausend Seelen, die in diesem Kaff lebten, hielt er für armselig. Das einzig Gute war, dass sie zeitig schlafen gingen. Daher wagte Paul es gelegentlich, spät in der Nacht auf den Pfaden jenseits des verhassten Ortes spazieren zu gehen. Yield City wurde von einem lichten Waldgebiet umgeben, durch das ein Adergeflecht schmaler Wege führte. Er hielt Emilia dabei eng umschlungen und lebte von der Hoffnung, dass sie dieses verschwiegene Beisammensein so sehr genoss, wie er es tat. In klaren Nächten und wenn die Bäume vom Pfad, auf den sie gingen, zurückwichen, starrte er hinauf zum Firmament und erzählte ihr von seinen geheimnisvollen Entdeckungen. Früher war Emilia sentimental genug gewesen, sich vom Anblick eines fernen Planeten und der Vorstellung seiner

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