Totenreigen
heute Morgen bei unserer
Konferenzschaltung unterbrochen wurden?«
»Von der Tatwaffe«, sagte Vehrs.
»Vom Bestattungsmeister Klockemann«, sagte Hoyer.
»Beides richtig. Aber Hoyer liegt irgendwie näher dran. Deshalb
lassen Sie sich jetzt, Hoyer, über die Einsatzleitstelle die Nummer des
Krematoriums auf dem Friedhof Eichhof geben. Und sagen Sie denen, dass Urnen
und Särge der Firma Klockemann beschlagnahmt sind, Einäscherungen für die Firma
Klockemann sind sofort einzustellen. Wir sind in ungefähr …«, Lüthje sah auf
die Tachouhr, »… dreißig Minuten da. Go! «
Lüthje stellte auf dem Bedienpanel für die Signalanlage die Funktion
»Blaulicht mit der Bereitschaft für das Horn« ein.
Nach einer Minute war Vehrs mit seinem Anruf fertig. Er sah mit
gerunzelter Stirn in Fahrtrichtung und schwieg.
»Ist was? Wie haben die reagiert?«, fragte Lüthje.
»Der Typ hat gesagt: ›Dann kriegen wir heute aber einen
Bestattungsstau‹«, antwortete Vehrs.
»Dann war Ihr gehässiges ›Dann haben Sie also richtig Stress‹ Ihre
Antwort auf diese Verkehrsdurchsage des Krematoriums?«, fragte Lüthje.
»Gehässig war ich?«
»War nur ein Scherz, Vehrs. Nein, ich fand Ihre Bemerkung richtig
gut«, sagte Lüthje.
»Bin gespannt, wie es da aussieht, im Krematorium«, sagte Hoyer. Ein
Versuch, die Atmosphäre zu entspannen.
Als niemand an ihre Bemerkung anknüpfte, fragte sie: »Herr Lüthje,
wieso wollte die Klockemann den Lambert ins Treppenhaus stürzen?«
»Gleich, Frau Hoyer. Vehrs, nehmen Sie mein Handy …«, er reichte es
ihm, »… und drücken Sie einfach die Taste neun. Dann drücken Sie die
Freisprechtaste, die mit dem Lautsprechersymbol.«
»Hallo, Eric«, quäkte es aus dem kleinen Lautsprecher.
»Hallo, Herbert. Kannst du in zwanzig Minuten oder früher im
Krematorium Eichhof sein?«
»Natürlich komme ich. Bin gespannt. Dann fängt die Vorlesung eben
etwas später an. Bis gleich.«
»Und jetzt rufen Sie die Spurensicherung an, Vehrs. Zwei Leute
würden reichen.«
Vehrs sah etwas genervt aus.
»Das ist das Schicksal der Beifahrer«, sagte Lüthje, als Vehrs das
Gespräch beendet hatte. »Nun zu Ihrer Frage, Hoyer. Welches Motiv hatte Ingrid
Klockemann für ihren Mordversuch? Gestern hat Lamberts Vater mir ein
interessantes Geständnis gemacht. Brisant wurde das, als wir den Jochen
Klockemann verhaftet haben.«
»Sie reden schon wieder in Rätseln, Herr Lüthje«, sagte Hoyer
vorwurfsvoll.
»’tschuldigung. Nachdem ich in Laboe eine Begegnung oder besser
gesagt einen Streit zwischen Lamberts Vater und Ingrid Klo ckemann im Dorf
beobachtet und eins und eins zusammengezählt hatte, war mir alles klar. Ich
habe Lamberts Vater zu Hause besucht, und er gestand mir, dass er und die
Klockemann ein Verhältnis hatten.«
Vehrs pfiff durch die Zähne, und Hoyer sagte: »Wow, die beiden?«
»Aber es hat nicht lang gehalten. Albert Sundermeier hat sich wegen
seines Sohnes von ihr getrennt. Seitdem versucht sie, Albert immer davon zu
überzeugen, dass sein Sohn in ein Heim gehört. Dann stände ja ihrem Glück
nichts mehr im Wege.«
»Diese Hexe!«, schimpfte Hoyer.
»Nachdem ihr Familienanwalt die Klockemann mit Sicherheit darüber
informiert hat, dass ihr Sohn verhaftet worden ist, hat sie bei euch im Büro
mit dem Telefonterror angefangen und ist in Laboe verbal Amok gelaufen. Heute
Morgen traf sie auf Lambert, als der sich seine geliebten Cornflakes kaufen
wollte. Sie hat ihm gesagt, dass seine Freundin ihn mit mir betrügt und dass er
bald in ein Heim kommt.«
»Hat Lambert das geglaubt?«, fragte Hoyer.
»Es hat ihm Angst gemacht. Er hat mich angerufen. Und er hat mir
erzählt, wie er reagiert hat.«
»Machen Sie es nicht so spannend«, sagte Vehrs.
»Er hat ihr gesagt, dass er, Lambert, ihren Sohn Jochen Klockemann
am letzten Sonntag gesehen hat. Gesehen, als er gegen fünfzehn Uhr ins
Drübbisch-Haus gegangen ist.«
»Bingo!«, machte Vehrs und schlug sich mit der flachen Hand auf das
Knie.
»Er wird uns alles noch im Detail erzählen müssen, aber er muss sich
erst mal erholen«, sagte Lüthje.
»Die Klockemann konnte Albert Sundermeier nicht bekommen, weil sein
Sohn Lambert ihr im Wege stand«, sagte Hoyer langsam, als könne sie es noch
nicht begreifen. »Und als sie erfährt, dass gerade dieser Sohn Lambert Zeuge
war, wie ihr eigener Sohn einen Mord begehen will, ist sie ausgerastet. Denn
der konnte ja mit seinem Wissen ihren Sohn nach der Verhaftung
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