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Totenruhe

Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jörg Hennecke
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letztendlich größer war, als der unvermeidliche Schaden, den dieser Vollpfosten bei jedem seiner Schritte anrichtete. Stoll ahnte, dass das schwer genug werden dürfte.
    Eine Sache blieb zudem übrig, die sich nicht von selbst erledigen würde. Der anonyme Anrufer. Den darf ich nicht vergessen. Warum hat da jemand bei Himmelfahrt angerufen und den Namen Karl Preul ins Spiel gebracht? Immerhin war dessen Behauptung inzwischen als richtig erkannt worden. Woher hatte der seine Informationen? Was bezweckte er damit? War Karl Preul wirklich einfach nur erfroren, ohne tätige Mithilfe? So einfach war die Akte also doch nicht zu schließen. Trotzdem würde Stoll Zeitung und Pastor auf diskretem, aber amtlichem Wege mit einigen Informationen versorgen. Immerhin gehörte der Pastor inzwischen zum Kriminalpsychologischen Hilfsdienst. Für Stoll war das ein gelungener Witz.
     

18.
     
    Lindemann lernte Humdorf natürlich in einer Kneipe kennen. Schließlich war das Treffen von Pastor Sauerbier organisiert worden. Es fand im »Stern« statt, weil da in einem Raum ungehemmt geraucht werden durfte, denn der Wirt hatte einen Sonderraum als gesetzlich vorgeschriebene Nichtraucherzone in Hinterhand. Üblicherweise sammelten sich aber Raucher und Nichtraucher einträchtig unter Rauchschwaden im Sichtbereich der Theke.
    »Hier kann man sich wohlfühlen«, bestätigte Humdorf und zündete eine Pall Mall an. »Ja, ja«, ergänzte der Pastor, »Hier ist die Welt noch in Ordnung.«
    Sauerbier hatte neue Informationen im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Polizei bekommen und die brannten ihm heiß in der Jackentasche. Ausschweifend weihte er seine Partner ein.
    Lindemann fixierte den Journalisten. »Eine Wahnsinnsgeschichte, die Sache mit dem alten Preul.« Humdorf nickte. »Haben Sie den eigentlich noch einmal getroffen?« Humdorf schüttelte den Kopf. »Nein, ich hielt den für längst verstorben.«
    »Ja, das war er doch auch.« Sauerbier genoss sein Wissen. Humdorf fühlte sich falsch verstanden. »Ich hielt ihn schon für viel länger tot. Denken Sie an das, was ich Ihnen über die Klapse erzählt habe.«
    Lindemann drohte den Überblick zu verlieren. »Wie kann einer dreimal sterben? In der Klapse oder direkt danach, dann vor drei Jahren in Ronnenberg und nun im Schnee auf dem Bergfriedhof.« Hilfesuchend schaute er den Pastor an. Der wurde feierlich. »Wahrlich ich sage euch, die Wege des Herrn sind unergründlich. Wissen Sie, dass allein in Deutschland nach eigenen Angaben drei Millionen Deutsche schon einmal im Jenseits waren und wieder zurückkehrten? Viele erzählten von Treffen mit verstorbenen Verwandten und Bekannten. Von diesen Berichten wissen wir, dass die Seele ihren Körper verließ und schwebte. Sie konnten sich von oben betrachten. Dann erschien ihnen eine Röhre, strahlend hell erleuchtet. Wir Christen wissen doch, dass es ein Weiterleben nach dem Tode gibt.«
    Lindemann war nicht überzeugt, widersprach ungehalten. »Aber doch nicht hier in unserer Welt. Wenn Weiterleben, dann irgendwo im himmlischen Frieden, in einer ganz anderen Dimension.«
    Sauerbier wandte sich beleidigt ab, aber Humdorf rettete die Situation. »Bleiben wir konkret. Karl Preul ist gestorben, aber nur einmal. Wenn das jetzt seine Leiche ist, dann war das Gerede in der Klapse über seinen möglichen Tod eben nur Gerede. Genaues wusste damals keiner. Und der Totenschein … nun ja, es reicht, wenn ein seniler blinder Arzt seinen Namen unter das Formular setzt, dann ist jemand tot, auch wenn er weiter auf Gottes schöner Erde wandelt. Kann man das so sehen, Herr Pastor?«
    Sauerbier schien einigermaßen zufrieden. Er nickte und orderte eine neue Runde. Der Pastor wusste immer, dass man auch auf gewundenen Pfaden das Wesentliche im Auge behalten musste.
    »Ich fahre nach Ronnenberg und spreche mit dem Arzt. Vielleicht erinnert er sich. Und Sie, lieber Lindemann, könnten in Ihrem Amt mal Amtshilfe in Anspruch nehmen und um Einsicht in die Akten des Klinikums Wunstorf nachsuchen. Ich wette, man ist nett zu Ihnen. Behörde ist eben Behörde.«
     

19.
     
    Lindemann entschlüsselte den Weg, der zu den Akten der abgewickelten Nervenheilanstalt führte. Sie waren im Archiv der Stadtverwaltung Wunstorf gelagert und Lindemann bekam als Beamter ohne Schwierigkeiten Zugang zu den Unterlagen. Ein freier Tag, der ihm noch zustand, war das gern gebrachte Opfer. Akten zum Thema Karl Preul konnte er nicht finden, es fand sich nur ein drei Jahre alter

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