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Totenruhe

Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jörg Hennecke
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vorhanden war. Kein Riesenvermögen, aber der Vater habe mal etwas davon eingesetzt, um Ersatzteile für eine Maschine zu besorgen, die anders nicht zu beschaffen waren. Ja, ein Nazi war der Opa wohl. Aber schließlich wurde er doch als Mitläufer eingestuft. In der SS sei er immerhin nicht gewesen, aus welchen Gründen auch immer. Preul? Karl Preul? Nein, den kannte er nicht. Aber die Kommunisten waren damals ziemlich aktiv, wollten bekennenden Deutschen am Zeuge flicken. Sein Vater habe darüber oft geklagt. Die Vorwürfe schienen für ihn, Ewald Cordes, aus dieser Ecke zu stammen. Im Übrigen sei das nun fast ein Menschenalter her und ob nicht mal langsam Ruhe sein könne. Die Leute seien doch fast alle tot, die damals zu den Handelnden gehörten. Und selbst wenn … ja wenn die Geschichte stimmen würde und die Familie ihren Schmuck vergraben und später wieder an sich genommen hätte, so wäre er doch rechtmäßiges Eigentum der Familie gewesen.
    Aber nicht einmal das war der Fall. Es ginge buchstäblich um nichts.
    Gerüchte, nichts weiter. Leeres Stroh. Man solle sich nicht missbrauchen lassen. Und ein Tagebuch? Nein, da sei er sich ziemlich sicher, ein Tagebuch habe sein Großvater nicht geführt und sein Vater auch nicht.
    Der Pastor bedankte sich für die Auskünfte und war von der Lauterkeit des Ewald Cordes vollkommen überzeugt. Das Knäuel blieb also doch einigermaßen verwirrt, stellte er desillusioniert fest.
    Der Weg in den Turmgarten war für den Pastor vorgezeichnet. Beim zweiten Pils spürte er die verführerische Kraft des Gerüchts.
    Zu Anfang suchte das Gerücht die dunkle Nacht, wo es nicht festzumachen war und sich sicher fühlen konnte. Nach erster zaghafter Zustimmung wagte es sich in die Helle des Tages. Nun war sein rapides Wachstum nicht mehr aufzuhalten. Schnell wurde es mehrheitsfähig, schon bald danach gar mehrheitsbildend.
    Sauerbier wehrte mit einem Wodka ab, was auch ihn zu umklammern drohte. Er drohte in Trübsal zu versinken und so rief er seinen Freund Lindemann an, ihn beim gemeinsamen Pils aus dem Elend zu erlösen.
    Lindemann war ein wahrer Freund, lobte er, denn der kam tatsächlich zu ihm auf den Berg. Und Lindemann war aufnahmefähig für alles, was der Pastor loswerden musste. Karl Preul hieß das Thema und Lindemann erfuhr nun haarklein die seltsame Geschichte, die Robert Humdorf berichtet hatte.
    »Nun wissen Sie alles«, bekannte der Pastor mit unüberhörbarer Befriedigung. »Helfen Sie mir, die Nadel in diesem Heuhaufen zu finden.« Lindemann war erstaunt. »Ich weiß alles? Ich weiß gar nichts, ich habe eine spannende Geschichte gehört, zugegeben. Karl Preul, der jugendliche Zaungast am Friedhof, als ein alter Nazi seinen Besitz vergrub. Und nun Karl Preul, der Tote vom gleichen Friedhof. Wie soll man sich darauf einen Reim machen?«
    Sauerbier sinnierte, was durchaus der geheimnisvollen Kraft des Wodkas zu verdanken sein mochte. »Lieber Lindemann, wir übersehen möglicherweise Naheliegendes. Wir sind betriebsblind, bewerten irgendetwas falsch. Mir scheint, die Lösung lauert um die Ecke.«
    »Wie meinen Sie das? Wir sind doch nicht blöd.«
    Der Pastor winkte ab. »Ich will Ihnen mal eine kleine Geschichte erzählen, dann wissen Sie, was ich meine.
    Am 26. September 1926 wurde in dem kleinen Ort Benthe ein Gedenkstein enthüllt, der an die Toten des Krieges erinnern sollte.«
    »In Benthe gibt es kein Kriegerdenkmal«, unterbrach Lindemann ungehalten.
    »Das ist doch nur ein Beispiel. Soll ich lieber sagen, in X stand ein X-Denkmal, das an X erinnern sollte?«
    »Nein, aber Beispiele sollten realistisch sein. Ich kenne Benthe.«
    »Lieber Lindemann, ich hätte auch den Pavillon auf unserem Bergfriedhof nennen können. Der war nämlich seinerzeit Ehrentempel für die 2 500 im Ersten Weltkrieg gefallenen Lindener. Also gut, ich nenne keinen Ortsnamen mehr. Zum Thema: Feierlicher Anlass am 26. September 1926, Kapelle, Bürgermeister, Pfarrer, Vereine und Verbände mit Fahnen und Uniform. Gedenkansprache des Bürgermeisters. Große pathetische Worte: ›Vergessen wir nie unsere Helden, die fürs Vaterland gefallen sind. Ehren wir sie über alle Zeiten!‹
    Dann schreitet er zum Denkmal, um es zu enthüllen. Als das Tuch fällt, kommt ein steinernes Monument zum Vorschein. Es zeigt einen Soldaten, der neben einer riesigen Tafel steht. In die ist eingemeißelt: ›Zum Gedenken an unsere im Ersten Weltkrieg gefallenen Helden. 1914 – 1918.‹
    Er legt einen Kranz

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