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Totenruhe - Bleikammer - Phantom

Totenruhe - Bleikammer - Phantom

Titel: Totenruhe - Bleikammer - Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Posten so gefährlich vorkommen lässt! Deine Angst vor Veränderung!“
    „Schatz“, begann ich. „Vor ein paar Monaten war ich noch ein kleiner Angestellter, und jetzt soll ich Geschäftsführer eines milliardenschweren Unternehmens werden! Darf ich da nicht ein bisschen Angst haben?“
    „Verstehst du nicht, ich kämpfe hier gegen einen korrupten Frauenarzt, der mir mein Kind wegnehmen will, und du bekommst die Chance deines Lebens und wirfst sie einfach weg!“ Sie brach in Tränen aus, und ich nahm sie in den Arm, streichelte ihren Rücken, ihre Haare …
    Ganz langsam murmelte ich: „Ich weiß aber nicht, ob ich das kann …“ Meine weinerliche Stimme störte mich.
    „Vor ein paar Tagen hast du eine Bombe entschärft, achtzehn Sekunden, bevor sie dich getötet hätte!“ Es klang beinahe, als würde sie mir meine Heldentat zum Vorwurf machen. Natürlich. Wenn es mich erwischt hätte, wäre sie mit den Kindern alleine dagestanden. Sie hatte jedes Recht der Welt, wütend auf den Helden zu sein, den ich ein einziges Mal in meinem Leben gespielt hatte. Es war verantwortungslos gewesen. Aber in dem Moment, in dem ich es getan hatte, hatte ich keine Angst verspürt. Ich hatte mich auf die Schaltung konzentriert, und es war einfach über die Bühne gegangen.
    So einfach. So lächerlich einfach.
    „Gut“, sagte ich irgendwann. „Du hast völlig recht. Wenn ich mit der Bombe klargekommen bin, werde ich auch damit fertig. Ich tu’s. Für dich und die Kinder.“

11
    Ja, ich tat es.
    Ich willigte in die Beförderung ein.
    Ich bildete mir ein, wenn ich mich erst einmal dazu entschlossen hätte, würde es laufen wie am Schnürchen. Wie in den Sekunden, in denen ich die Bombe in der Hand hielt.
    Man gab eine riesige Party für mich. Meine Frau kam mit den Kindern, und natürlich kamen auch Hara und meine anderen Kollegen. Nur einen Menschen vermisste ich.
    Emi.
    Es war sicher gut, dass sie meiner Gattin nicht über den Weg lief. Sie hatte so eine Art, sich um mich zu kümmern, dass es zwischen den beiden Frauen bestimmt geraucht hätte, aber trotzdem hätte ich sie gerne dabei gehabt. Hätte ihren Schutz gespürt. Sie kannte das Geheimnis der Todesfälle. Das Geheimnis der Bleikammer.
    Nun war ich Geschäftsführer. Und sie war nicht für mich da.
    Die ersten Tage in diesem riesigen Büro waren befremdend, aber angenehm. Endlich konnte ich einmal ausspannen, durchatmen. Wie erwartet hatte ich nicht viel zu tun – ein paar Entscheidungen ab und zu, aber seltsamerweise hatte ich das Gefühl, dass es keine negativen Auswirkungen auf Mitsugai haben würde, falls jede meiner Entscheidungen falsch war. So wie man Regen nicht davon abhalten konnte, vom Himmel zu fallen, so konnte man Mitsugai nicht davon abhalten zu florieren. Es lag irgendwo im Inneren der Firma begründet, wie Hara schon gesagt hatte. Es hatte nichts mit den Menschen zu tun, die hier arbeiteten.
    Das alles störte mich nicht mehr. Ich versuchte, keine Angst mehr zu haben. Meine Frau (oder sollte ich sagen: meine Psychologin) hatte mir klargemacht, dass mich die Sorgen nicht weiterbrachten. Ich saß an der Spitze von Mitsugai, und vielleicht hatte es das Schicksal so gewollt. Vielleicht waren all die Leute vor mir nur gestorben, damit ich eines Tages ihren Platz einnehmen konnte. All meine Sorgen, all mein Widerstand hatte nicht verhindern können, dass ich hier landete. Mitsugai lief wie ein Uhrwerk, und vielleicht tat mein Leben das auch. Ich hatte eine Bombe entschärft, ohne dass mir etwas passiert war. Ich würde auch diesen Posten überleben und eines Tages als steinreicher und glücklicher Mann in Rente gehen. Mein drittes Kind würde gesund sein. Alles würde laufen, niemand würde uns stoppen können.
    Das Leben war merkwürdig, aber jetzt, wo ich keine Angst mehr hatte, war es auch schön. Ein paar Tage lang glaubte ich, die Welt wäre nur geschaffen worden, um mich hervorzubringen.
    Bis ich das Bild fand.
    Der Fotorahmen auf dem Schreibtisch war leer – oder zumindest hatte ich das gedacht. Als mir am Ende meiner ersten Woche einfiel, dass ich es mit einem Foto von meiner Frau und den Töchtern füllen konnte, öffnete ich den Rahmen … und machte eine Entdeckung.
    Was ich für den weißen Hintergrund gehalten hatte, war in Wirklichkeit die Rückseite eines Fotos, das noch im Rahmen steckte. Jemand musste es umgedreht haben.
    Es zeigte ein seltsames Motiv: Ein paar Menschen in riesigen gelben Schutzanzügen, die mit langen Schaufeln

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