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Totenruhe - Bleikammer - Phantom

Totenruhe - Bleikammer - Phantom

Titel: Totenruhe - Bleikammer - Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Erdreich bewegten. Schwarze Atemmasken waren in die Anzüge integriert. Hinter ihnen war schweres Gerät im Einsatz, grub die Erde auf. Gelbe Container waren zu sehen. Einer der Männer streckte die Hand in Richtung des Fotografen aus. Auf seiner Handfläche befanden sich drei kleine helle Gegenstände. Genau konnte ich sie nicht erkennen – möglicherweise handelte es sich um Steinchen.
    Fast eine Stunde lang betrachtete ich das Foto und versuchte mir einen Reim darauf zu machen. Wenn mir das Bild in irgendeiner Zeitschrift begegnet wäre, hätte ich es wohl ignoriert. Da waren Reinigungsarbeiten im Gange, vermutlich in einem radioaktiv verseuchten Gebiet, das erklärte die aufwändigen Schutzanzüge. Die Frage war, was das Foto hier im Büro des Geschäftsführers suchte.
    Hätte mir Emi eine Antwort geben können? Oder wusste nicht einmal sie von diesem Bild?
    Noch am selben Tag begann ich zu recherchieren. Bis zum Abend hatte ich herausgefunden, was genau die Fotografie zeigte. Ich hatte nach stundenlanger Suche eine sehr ähnliche Abbildung im Internet gefunden – die Anzüge und die Gerätschaften waren identisch, und auch das Gelände schien verwandt zu sein.
    Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatte der Fotograf die Aufräumarbeiten im Bikini- und im Eniwetok-Atoll festgehalten. Dort hatte die USA, wie ich im Netz leicht nachlesen konnte, insgesamt 67 Atombomben zu Testzwecken gezündet. Das lag schon ein halbes Jahrhundert zurück, geschah zwischen 1946 und 1958. Die Atolle gehörten zu den Marshall-Inseln im Pazifik. Erst viel später, in den Siebziger Jahren, begann man mit der Säuberung des Gebietes. Man trug verseuchte Erde und Trümmerteile in großen Mengen ab, versenkte sie in einem Krater, die eine der Explosionen auf der Insel Runit geschaffen hatte, und dichtete ihn mit Beton ab. Die Arbeiten nahmen drei Jahre in Anspruch. Heute war diese atomare Müllkippe von einer Betonkuppel verschlossen, auf der man sogar spazieren gehen konnte. In mehreren Metern Tiefe befand sich unter anderem hoch radioaktives Plutonium mit einer Halbwertszeit von schlappen 24000 Jahren.
    Immer wieder betrachtete ich das Foto, das ich auf meinem neuen Schreibtisch gefunden hatte. Was sagte es mir? Bilder von den Atombombentests fand ich zur Genüge im Internet, sogar kleine Filme davon. Auch die Aufräumarbeiten und die Betonkuppel von Runit Island waren dokumentiert. Und doch war dieses Foto etwas Besonderes. Was hielt der Mann in die Kamera? Hatte er etwas gefunden? Ganz gleich, was es war, es musste schwer verseucht sein, und es konnte kein Zweifel bestehen, dass er es anschließend in die Container geworfen hatte und dass es heute im Krater von Runit ruhte.
    Ich fuhr nach Hause und fiel in einen unruhigen Schlaf. Die nuklearen Explosionen, die ich in kleinen QuickTime-Filmen gesehen hatte, spukten durch meine Träume. Meiner Frau erzählte ich nichts von der Geschichte. Radioaktivität war kein gutes Thema für ein spätes Abendessen mit einer schwangeren Frau.
    Erst am nächsten Tag, als ich schon wieder in meinem leeren, weiten Büro saß, fiel mir der Zusammenhang zu der Monster-Thematik auf. Gojira war ein durch Atombombentests mutiertes Geschöpf – ein Fantasiewesen natürlich, das durch Filme, Comics und Computerspiele stapfte und eine Spur der Zerstörung hinterließ. Emi hatte damals eine kleine Gojira-Figur auf meinen Arbeitsplatz gestellt. War sie ein Hinweis gewesen?
    Lauerte also doch ein radioaktives Monstrum irgendwo in der Firma? In einer Bleikammer versteckt? Das passte auch perfekt zu der Radioaktivität. Mit dickem Blei konnte man sogar die gefährliche Gamma-Strahlung abschirmen.
    Ich war aufgeregt. Natürlich glaubte ich nicht an ein Monster. Natürlich wusste ich, dass es weder hier im Hauptsitz von Mitsugai noch sonst irgendwo auf der Welt einen mutierten Saurier gab. Trotzdem hatte ich das Gefühl, einen Zipfel des Geheimnisses erhascht zu haben. Vielleicht stand das Monster symbolisch für irgendetwas anderes …
    Ich brauchte einen Gesprächspartner, aber ich wagte es nicht, jemanden anzusprechen. Stattdessen durchwühlte ich einsam die Schubladen meines riesigen Schreibtisches. Dort fanden sich noch allerhand Papiere, jedoch alles geschäftliche Texte, nichts, was mir weitere Hinweise gab. In der Mittagspause setzte ich mich in der Kantine zu Hara und machte mehrere Versuche, das Thema anzuschneiden, doch immer wieder pfiff ich mich selbst zurück. Ich musste in Ruhe über alles nachdenken, ehe

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