Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
Vom Netzwerk:
nicht alles gesagt hat. Aber kein Mensch hat ihn bedrängt oder genötigt, über diese zwei Morde zu reden - er bekommt jetzt keine Hafterleichterungen oder -verkürzungen mehr. Der einzige Lohn, den er dafür kriegt, wartet im Jenseits auf ihn - wenn er seinem Schöpfer begegnet. Warum also macht er nicht komplett reinen Tisch?«
    »Willst du nachsehen, was wir damals über die Fälle hatten?«
    »Ja. Und alles über Harmons Vorgeschichte.«
    »Ich habe ein paar von O’Connors alten Unterlagen. Ich schaue sie mal durch, vielleicht finde ich ja dabei seine Aufzeichnungen über das Verschwinden seiner Schwester. So wie ich ihn kenne, hat er garantiert seine eigenen Recherchen angestellt.«
    »Danke. Übrigens - ich bin dir zwar für deine Hilfe bei dem Thema dankbar, aber das war nicht der Grund, warum ich dich sprechen wollte.«
    »Ach?«
    »Diese Computersache hat mich ins Grübeln gebracht. Heute Morgen bin ich schon ziemlich früh da gewesen und habe Ethan dabei erwischt, wie er an deinem Schreibtisch herumgeschnüffelt hat. Er hat behauptet, er hätte nur eine Schere gesucht. Ich habe ihm die Meinung gegeigt, aber ich wollte, dass du darüber Bescheid weißt.«

    »Hat er versucht, sich in meinen Computer einzuloggen?«
    »Keine Ahnung. Das habe ich nicht direkt gesehen, aber …«
    »Aber ich glaube, ich bin gerade dahinter gekommen, warum ich mich heute früh nicht einloggen konnte. Wenn du dreimal versuchst, dich mit dem falschen Passwort einzuloggen, kommst du nicht mehr in den Computer rein, bis dich der Systembetreuer wieder einloggt, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Ich habe mein Passwort gestern Abend geändert. Heute Morgen habe ich aus alter Gewohnheit mein altes Passwort eingegeben - aber nur einmal, und schon hat mich der Computer rausgeworfen.«
    »Also hat es zuvor schon jemand anders zweimal vergeblich versucht.«
    »Ja. Und ich glaube nicht, dass ich lange überlegen muss, wer das war. Er hat es zweimal ohne Erfolg probiert und wusste genau, dass er es kein drittes Mal probieren darf. Wenn ich heute Morgen gleich das neue eingegeben hätte, hätte ich nie erfahren, was abgelaufen ist.«
    »Woher hatte er denn das alte?«
    »Er sitzt mir direkt gegenüber. Er hätte mir locker x-mal beim Einloggen zusehen können, ohne dass ich es mitkriege.«
    Mark holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. Schweigend standen wir da. »Dafür könnte er fliegen«, sagte Mark nach einer Weile.
    »So schnell nicht. Der Junge ist ein solcher Arschkriecher, dass er Gefahr läuft, sich die Nase zu brechen, wenn Wrigley um eine Ecke biegt.«
    »Das kannst du laut sagen. Mittlerweile versucht er, sich auch bei mir einzuschleimen. Aber ich glaube, gestern hat er begriffen, dass ich ihm seine Version der Ereignisse nicht abgekauft habe. Und dass ich ihn heute früh an deinem Schreibtisch erwischt habe, hat ihm eine Heidenangst eingejagt.«
    »Mark, du weißt, dass ich Redaktionsklatsch nicht leiden
kann, aber - sagen wir einfach, ich habe ein paar Dinge gehört, die mich zu der Überzeugung bringen, dass wir ihn im Auge behalten müssen.«
    »Für die Erkenntnis brauche ich keinen Klatsch zu hören.«
    »Wie das?«
    »Nenn’s Intuition. Ich halte ihn für falsch. Und er hat irgendein Problem.«
    »Was meinst du damit?«
    »Er ist schon mehr als einmal verkatert zur Arbeit gekommen. Ist dir das nicht aufgefallen?«
    »Es ist mir echt peinlich, das zuzugeben, aber irgendwie erwarte ich das bei jungen Männern in dem Alter sogar ab und zu.«
    Mark schüttelte den Kopf. »Es geht nicht um ab und zu, Irene.«
    »Dann werde ich mal die Augen offen halten.«
    Er lachte. »Entschuldige, das sollte sich nicht wie eine Kritik an dir anhören - oder danach, als würde ich erwarten, dass du für den Jungen die Mama spielst, solange er hier arbeitet. Du bist ja nicht mal seine Ressortleiterin.«
    Ich zögerte ein wenig mit meiner Erwiderung. »Ich fürchte, das größte Problem wird Lydia sein.«
    Er legte mir eine Hand auf die Schulter. »Offen gestanden bin ich froh, dass du das sagst. Ich hatte schon Angst, ich müsste dich darauf hinweisen.«
     
    Als ich wieder an meinem Schreibtisch saß, bekam ich einen Anruf von der Systembetreuung und erfuhr, dass ich mich mit einem Passwort, das der Techniker mir gab, wieder einloggen konnte. »Aber ändern Sie es sofort wieder zu einem individuellen Passwort ab«, riet er.
    Ich folgte seinen Anweisungen. Ethan plauschte gerade mit John Walters, dem Chef der Nachrichtenredaktion, und so

Weitere Kostenlose Bücher