Totenruhe
hinterlassen worden sind oder was mit ihnen gemacht worden ist. Dan Norton, der Detective, der in den Fünfzigerjahren an dem Fall gearbeitet hat, hat einen Haufen Notizen darüber hinterlassen, und er hatte das
gleiche Gefühl wie ich - er hat es für möglich gehalten, dass jemand anders Maureen ermordet hat.«
»Aber der Zeitpunkt - alle zwei Jahre im April«, gab ich zu bedenken. »Und das, was du sagst, würde bedeuten, dass derjenige, der Maureen umgebracht hat, gewusst hat, dass die anderen beiden Mädchen dort begraben liegen, und es nie jemandem gesagt hat.«
»Glaub mir, ich sehe die Probleme.«
»Ich weiß nicht«, sagte Max. »Der beste Platz, um eine Leiche zu verstecken, ist doch wohl ein Grab. Denkt nur an den Bericht in der Zeitung von heute.«
Frank lachte. »Sprich in Irenes Gegenwart bloß nicht von diesem Bericht.«
Ich erzählte Max von Ethan.
Max zuckte die Achseln. »Aber es war doch trotzdem noch eine Menge Arbeit für ihn, den Bericht zu schreiben, oder?«
»Schon. Aber es ist nicht okay, was er Hailey angetan hat.«
»Verstehe«, erwiderte er, ehe er sich Frank zuwandte. »Ehrlich gesagt interessiere ich mich ebenfalls für den Inhalt eines Grabes. Ich hoffe, du kannst mir helfen.«
»Eines von denen auf dem städtischen Friedhof?«
»Nein, auf dem All Souls. Wo die Ducanes liegen.«
»Was genau hast du im Sinn?«
Er verlagerte sein Gewicht. »Gisellas Familie hat … sich besorgt über meine Abstammung geäußert.«
»Was? Und das heutzutage?«, sagte ich empört. »Sind das etwa welche von denen, die stolz darauf sind, dass ihre Großmutter auf der Mayflower herübergekommen ist?«
»Nein, nein. Das ist es sicher nicht«, erwiderte er, klang mir aber bei weitem nicht so sicher. »Sie haben nur zu mir gesagt, dass - also, falls wir Kinder haben wollen … dann ist es ein legitimes Anliegen.«
»Ein Anliegen hinsichtlich der Legitimität vielleicht?«
»Schon möglich«, räumte er seufzend ein. »Sie haben gesagt,
es beunruhige sie, dass meine Abstammung nicht geklärt ist und vielleicht Erbkrankheiten vorgekommen sind, die ich an unsere Kinder weitergeben könnte.«
»Und?«, fragte ich, da ich spürte, dass noch mehr dahinter steckte.
Er antwortete mit leiser Stimme: »Sie sind auch der Meinung, dass unsere Kinder, falls sie tatsächlich die Enkel der Vanderveers und der Linworths sind, ihre Abstammung kennen sollten.«
Nach einer Weile fragte ich: »Und das Vermögen von Großmutter Lillian Linworth erben?«
»Ich habe ihnen gesagt, dass dazu angesichts meiner eigenen Vermögenslage keinerlei Notwendigkeit besteht. Ich bin jetzt bereits imstande, unseren Kindern uneingeschränkte finanzielle Sicherheit zu garantieren.«
»Und sie haben erwidert: ›Man kann nie zu reich oder zu dünn sein.‹«
Er lächelte. »So was Ähnliches. Ich habe darauf hingewiesen, dass Lillian nicht verpflichtet ist, mir auch nur einen Cent zu vererben, selbst wenn wir verwandt sein sollten. Sie kann ihr gesamtes Vermögen auch ihrer Lieblingskatze hinterlassen oder sonst was.«
»Aber Gisellas Eltern sind der Meinung, dass die Katze keine Konkurrenz wäre, wenn du dich als der verschollene Erbe erweisen würdest.«
»Das ist eben etwas, worauf Gisellas Eltern Wert legen. Sie können beide Seiten ihrer Familie zurückverfolgen bis … was weiß ich, wahrscheinlich bis Stonehenge … und ich weiß nicht mal meinen eigenen Geburtsnamen, geschweige denn die Namen meiner Eltern. Gisella sagt, ich soll mir darüber nicht den Kopf zerbrechen. Aber ich habe im Grunde keine Familie, und irgendwie will ich nicht gleich zu Anfang in Gisellas Familie Zwietracht säen.«
Endlich hatte ich es begriffen. »Es geht also gar nicht um die
Familie Ross, oder? Jetzt kannst du endlich die Antwort auf eine Frage bekommen, die dir seit zwanzig Jahren im Kopf herumgeht.«
Im ersten Moment wirkte er betroffen. Dann seufzte er tief.
»Ja«, gestand er. »Genau so ist es.« Er lachte auf. »Ich musste einfach mal mit einer Freundin reden, die mich mit ihrer brutalen Ehrlichkeit dazu zwingt, es mir selbst einzugestehen.«
»War ich brutal? Das tut mir Leid.«
»Nein. Überhaupt nicht.«
»Und wie soll ich dir nun helfen?«, erkundigte sich Frank.
»Soweit ich es verstanden habe, gibt es jetzt DNA-Tests, die man auch an so alten Leichen wie denen von Katy und Todd Ducane durchführen kann.«
»Sogar bei ägyptischen Mumien und noch älteren. Überreste aus den Fünfzigerjahren sind überhaupt kein Problem.
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