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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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wiederum zu einer Zeit hier gearbeitet hatte, als die morgendliche News das Konkurrenzblatt des abendlichen Express war. Reporter spionierten sich ständig gegenseitig aus. Corrigan verfasste seine Notizen in einem verrückten Code - einer Mischung aus einer Art Kurzschrift, Initialen und Bezeichnungen für Dinge, die sich nicht auf den ersten Blick erschlossen. So war RKK bei ihm nicht die »Römisch-Katholische Kirche«, sondern der »Ring Korrupter Kommunalpolitiker«.
    O’Connor lernte all das und legte seinen eigenen Code darüber. Nachdem er zu dem Schluss gekommen war, dass ich es wert war, brachte er mir sein System bei. Obwohl es damals nur noch eine einzige Zeitung gab, war der Code hilfreich. Wenn man in einem Raum voller von Berufs wegen neugieriger und oft miteinander konkurrierender Reporter sitzt, kommen sie an einem Saure-Gurken-Tag früher oder später auf die Idee, sich für ihre Kollegen zu interessieren. Es gilt als unfein. Passiert aber trotzdem.
    Und so blieb der Code nützlich. Vielleicht würde ich ihn eines Tages einem jüngeren Reporter weitergeben, aber Ethan war mit Sicherheit kein Anwärter darauf.
    Ich hatte den Gedanken gerade zu Ende gedacht, als Ethan lächelnd an seinen Schreibtisch trat. Er loggte sich aus seinem Computer aus und nahm sein Notizbuch und seine Jacke an
sich. Als er zu mir herüberschaute, wurde sein Lächeln zu einem Grinsen. »Bis die Tage dann«, sagte er.
    »Die Tage?«
    »Ich fliege heute Nachmittag weg. Mr. Wrigley will, dass ich nach Folsom fahre und Bennie Lee Harmon interviewe.«

55
    »Das mit O’Connors Schwester habe ich nicht gewusst«, sagte Max.
    Wir saßen zusammen im Wohnzimmer, nachdem er uns beim Essen erzählt hatte, wie er um seine Verlobte geworben und was für Zukunftspläne sie geschmiedet hatten. Sie kannten sich noch nicht lange, erst seit etwa drei Monaten, doch er hatte sich offenbar auf den ersten Blick in sie verliebt. Sie stammte aus einer reichen Familie, also war sie wohl nicht hinter seinem Geld her. Er hatte uns ein Foto von einer hübschen, fast ätherisch wirkenden Blondine gezeigt. Wenn sie ihm das Lächeln geschenkt hatte, das sie auf dem Foto trug, dann war es nicht verwunderlich, dass er von ihr hingerissen war.
    Frank war rechtzeitig nach Hause gekommen. Harmon sei krank, erzählte er, und habe nicht lange mit ihm reden können. Er berichtete Max von Harmons Zwei-Drittel-Geständnis der alten Morde.
    »O’Connor hat das mit Maureen kaum jemandem erzählt«, sagte ich.
    »Aber es erklärt so vieles«, murmelte Max. »Ich weiß noch, wie er immer über die Vermissten gesprochen hat.« Er wandte sich an Frank. »Könnt ihr anhand von DNA-Spuren nachweisen, ob Harmon auch O’Connors Schwester umgebracht hat?«
    »Möglich«, antwortete Frank. »Da müsste ich mir die Beweise noch einmal genauer ansehen, die wir damals gesammelt
haben. Es hängt auch davon ab, wie sie gelagert worden sind. Damals hatten wir einen guten Mann im Labor. Soweit ich weiß, hat unser Coroner - das war noch vor Woolsey - großen Wert darauf gelegt, Gewebeproben und dergleichen einzufrieren, also könnten wir Glück haben, falls nicht in der Zwischenzeit jemand die Sachen aus der Kühltruhe geworfen hat. Aber vorerst mache ich mir noch keine großen Hoffnungen.«
    »Kann Ben Sheridan in solchen Fällen nicht helfen?«, fragte ich.
    »Schon möglich. Er ist zu den Ermittlungen auf dem städtischen Friedhof herangezogen worden. Dort machen sie jetzt eine ganze Menge Gräber auf und versuchen zu klären, wer wohin gehört, deshalb hat er alle Hände voll zu tun. Aber wir werden ihm die Fotos zeigen und ihn fragen, ob er es für sinnvoll hält, die Leiche des Mädchens exhumieren zu lassen.« Er wandte sich an Max. »Kennst du Ben eigentlich?«
    »Bis jetzt nicht. Das ist doch der forensische Anthropologe, mit dem ihr befreundet seid, stimmt’s? Der mit seinem Hund mal eine Weile bei euch gewohnt hat?«
    »Ja. Er ist ein guter Freund, und in seinem Beruf ist er auch gut. Er hat sich bereit erklärt, morgen vorbeizukommen und sich die Fotos anzusehen.«
    »Hast du irgendeine Ahnung, warum Harmon so hartnäckig leugnet, dass er Maureen ermordet hat?«
    Frank zögerte. »Ich kann das momentan noch nicht untermauern, aber ich glaube, er leugnet es deshalb, weil er es wirklich nicht war. Langsam fange ich an zu glauben, dass er die Wahrheit sagt.«
    »Was?«
    »Ich bin nicht der Erste, der erkennt, dass es Unterschiede in der Art gibt, wie die Toten

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