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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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zusammen, als die Blutzirkulation in seine Hände zurückkehrte. Es dauerte einen Moment, ehe er genug Gefühl in den Händen hatte, um die Taschenlampe zu halten. Ethan ging auf das Tor zu, hielt die Taschenlampe vor sich und sagte: »Ich schiebe sie in meine Jacke. Wenn ich sie nämlich in die Hosentasche stecke, passe ich selbst nicht mehr durch das Tor. Ich möchte nur keine Missverständnisse verursachen.« Langsam schob er sie in die Jacke, sorgsam darauf bedacht, dass dabei seine Hände sichtbar blieben. Er zog das Doppeltor auseinander und quetschte sich hindurch. Einmal stöhnte er vor Schmerz kurz auf, als seine lädierten Rippen gegen die Metallstreben des Tors gepresst wurden.
    Bald war er auf der anderen Seite, und der Lichtschein seiner Taschenlampe verschwand. Ian nahm Erics Lampe und suchte sich eine Position, in der er auf Ethan schießen könnte,
falls dieser mit einer Waffe oder irgendeiner anderen Überraschung wiederkehrte.
    »Wo sind Sie?«, rief Mitch.
    »Auf der anderen Seite des Schuppens.«
    »Das gefällt mir nicht«, sagte Mitch. »Das gefällt mir ganz und gar nicht.«
    Wir lauschten alle und strengten uns an, etwas zu hören. Doch über das Rumpeln und Knarren der Ölförderpumpen hinweg war kein Laut zu vernehmen.
    Nachdem zwei oder drei Ewigkeiten verstrichen waren, begann ich, mich zu fragen, ob ich mir nur selbst eingeredet hatte, dass es Ethan kümmerte, was mit mir geschah. Was, wenn er einfach ausbüxte, indem er auf der anderen Seite des Friedhofs über einen Zaun kletterte und mich und die Yeagers in trauter Runde stehen ließ? Oder sich den Rest der Nacht dort drinnen versteckte beziehungsweise so lange, bis die Polizei kam? Dann könnte ich schon längst in einem Zustand sein, in dem ich nicht mehr fähig wäre, meine Version der Ereignisse zu schildern.
    Ich sagte mir, dass das nicht einmal der schlimmstmögliche Ausgang der Geschichte wäre. Aller Wahrscheinlichkeit nach war das noch das Beste, worauf wir hoffen durften. Vielleicht war Ethan einfach pragmatisch genug, um das erkannt zu haben.
    Doch selbst mit Erics Pistole am Kopf und dem kalten Gefühl der Gewissheit, dass ich diese Nacht nicht überleben würde, und obwohl ich wusste, dass Ethan schon so oft in seinem Leben Mist gebaut hatte und ein notorischer Lügner und Blender war, musste ich daran denken, wie er diese harten Tage bei der Zeitung durchgestanden hatte, und konnte einfach nicht glauben, dass er mich im Stich lassen würde. Allerdings heiterte mich dieser Gedanke nicht auf. Ich wollte zwar nicht unbedingt alleine sterben, aber noch weniger wollte ich, dass wir beide zusammen starben.

    Im nächsten Moment kam er um die Ecke, und der Strahl seiner Taschenlampe zeichnete seinen Weg nach, bis er wieder am Tor angelangt war. Du Idiot, dachte ich, den Tränen nahe. Du verdammter tapferer Idiot.
    Die Yeagers waren sichtlich erleichtert. Eric lockerte seinen Griff um meinen Hals und nahm etwas Abstand mit der Pistole. Als Ethan kurz darauf den Schlüssel in das Vorhängeschloss steckte, gab Eric mich frei.
    Die Kette fiel herab, und Ethan zog die Tore nach innen auf. Er sah mich an und sagte: »Willkommen auf meinem Friedhof.«

67
    Sein Friedhof sah aus, als hätte man ihn auf den Kopf gestellt.
    »Die meisten Gräber, die ausgeraubt worden sind, haben zu den älteren gehört«, erklärte Ethan. »Die Täter haben wohl gedacht, dass niemand mehr lebt, dem etwas an diesen Toten liegt. Aber sie haben sich auch über ein paar neuere hergemacht.«
    Erdhügel lagen neben offenen Gräbern, Särge waren herausgehoben worden, und überall standen Ausgrabungswerkzeuge herum. Die Ermittlungen hatten noch nicht jeden Winkel des Friedhofs erfasst, aber dort, wo sie begonnen hatten, ruhten die ständigen Bewohner bestimmt nicht in Frieden.
    Direkt auf dem Friedhof waren die Gerüche wesentlich intensiver. In den Wochen, seit die Ermittlungen eingesetzt hatten, hatte es geregnet, und am Grund der Gräber hatte sich Wasser angesammelt, was die modrigen Verwesungsgerüche noch verstärkte. Dazu gesellten sich Spuren von Formalin und anderen chemischen Substanzen, die bei Einbalsamierungen verwendet wurden. Vielleicht nicht in Wirklichkeit, aber zumindest in meiner Wahrnehmung überdeckte der Gestank menschlichen Verfalls alles andere.

    Auf einem Friedhof, wo die Totenruhe nicht gestört worden war, wäre dieser faulige Geruch nicht präsent gewesen, doch die Methode, Särge zu öffnen und Leichen in Gräber mit mehr als einem

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