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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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lächerlich. Wenn wir vorsichtig sind, machen sie uns keine Probleme.«
    »Das erscheint mir aber zu aufwändig für ein Versteck. Vielleicht sollte ich lieber mal Ihre Wohnung durchsuchen lassen, falls Sie mir hier einen Haufen Scheiße auftischen.«
    »Nur zu. Dort finden Sie nicht, was Sie suchen. Sie müssten
doch wissen, warum ich mich für den Friedhof entschieden habe.«
    Yeagers Augen wurden schmal. »Ich?«
    »Die Idee habe ich von Ihnen«, erklärte Ethan. »Von der Orangenplantage. Das Graben überlässt man einfach jemand anders, stimmt’s? Und was würde sich besser dazu eignen, etwas zu vergraben, als ein Grab?«
    Yeager lächelte. »Oder um jemanden zu vergraben.«
    Er ging zu seinem Wagen zurück. Wenn er uns mit seinen Neffen in der Garage zurückließ, waren wir so gut wie tot.
    Vor seinem Wagen blieb er stehen und rief Eric zu sich. Mir trat der kalte Schweiß auf die Stirn. Ich überlegte, ob ich loslaufen und irgendwo Deckung suchen sollte, in der Hoffnung, dass Frank nach dem Jeep Ausschau hielt, und in der Hoffnung, dass das LoJack-Signal auch noch im zweiten Tiefgeschoss eines Parkhauses funktionierte. Aber dieser Plan würde wohl nichts anderes bringen, als dass wir beide erschossen würden.
    Ich blickte zu Ethan hinüber. Er blutete immer noch im Gesicht, hielt den Kopf aber hoch. Als er merkte, dass ich ihn ansah, rang er sich ein angedeutetes Lächeln ab - diesmal ganz ohne Großspurigkeit. Es schien zu sagen: So weit, so gut. Halt durch.
    Es sprach mich auf eine Weise an, wie es keine Drohung von Yeager vermocht hätte. Ich richtete mich auf. Er bemerkte es und nickte sachte.
    Eric kam zurück. »Wir fahren alle zusammen im Jeep.«
    »Alle zusammen?«, fragte Ian nach.
    »Ja. Du fährst, und ich setze mich mit den beiden nach hinten. Der kluge Junge hier wird uns jetzt beweisen, dass er nicht so bescheuert ist, die Yeagers austricksen zu wollen.«

66
    Mitch entließ seinen Fahrer mitsamt der Limousine und setzte sich auf den Beifahrersitz meines Jeeps, wo er sofort barsch Anweisungen zu erteilen begann. Obwohl Ian seit Jahrzehnten in Las Piernas lebte, fehlte ihm entweder jeglicher Orientierungssinn, oder er hatte schlicht keine Ahnung, wo sich der städtische Friedhof befand.
    Wir fuhren in die Hügel oberhalb der Stadt. Irgendwann widersprach ich Mitch hinsichtlich des richtigen Wegs und suchte so die Fahrzeit zu verlängern.
    »Halt den Rand«, fuhr Eric mich an und richtete seine Pistole auf mich. »Und lass ihn zu. In meinen Augen ist dein Nutzen für uns sowieso schon abgelaufen.«
    Ich lehnte mich so weit zurück, wie es meine gefesselten Handgelenke zuließen.
    Der Friedhof kam in Sicht. Wir fuhren an seinem verschlossenen Haupttor vorüber. Ein hoher, massiver Sperrholzzaun stand hinter dem Tor. Sein Zweck war offenbar, den Blick in den Friedhof zu verstellen. Genau über dem Ende des provisorischen Zauns glänzten im Mondlicht die oberen Teile eines gelben Löffelbaggers und eines daneben abgestellten Kipplasters. Auf einem großen Schild stand: »Der städtische Friedhof ist vorübergehend geschlossen«. Darunter war eine Nummer angegeben, unter der Angehörige anrufen konnten.
    »Na schön«, sagte Mitch. »Und wo ist jetzt Ihr geheimer Eingang, Jungchen?«
    Ethan dirigierte Ian zu einer schmalen Seitenstraße. Sie zog sich ein kurzes Stück am östlichen Rand des Friedhofs entlang und endete als Sackgasse an einem Feld. »Parken Sie hier«, sagte er. Zu unserer Linken war eine Autowerkstatt und daneben ein Reparaturbetrieb für Fliegengitter. Beide Firmen waren unbeleuchtet und über Nacht abgeschlossen.

    Wir blieben eine Weile bei laufendem Motor sitzen, während Eric ausstieg, sich umsah und nach Fallen Ausschau hielt. Schließlich bedeutete er den anderen, dass alles in Ordnung sei, und kehrte zurück, um Ian dabei zu helfen, uns aus dem Auto zu bugsieren.
    Fast vom ersten Atemzug an war er da - nicht erdrückend, aber doch unverkennbar. Ein Modergeruch, vermischt mit dem leicht süßlichen Aroma, das manchmal mit dem der Verwesung einhergeht.
    Ian schnupperte und verzog das Gesicht.
    »Ich weiß«, sagte Eric. »Was ist das?«
    »Offene Gräber«, antwortete Ethan.
    Die beiden Brüder wechselten einen Blick. »Du willst mich wohl verarschen«, sagte Eric.
    »Er sagt die Wahrheit«, erklärte ich.
    Es gab auch noch andere Gerüche und Geräusche. Der städtische Friedhof von Las Piernas ist über hundert Jahre alt und war früher einmal von Ölbohrtürmen umgeben. Die

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