Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
Vom Netzwerk:
beiden miteinander rangen. Eric setzte seine Statur und sein Gewicht ein, um Ethan niederzuwerfen. Er hob die Taschenlampe und wollte schon damit auf Ethan eindreschen, als ihn Mitchs Zuruf mitten in der Bewegung stoppte.
    »Nein! Bring ihn zu mir!«

68
    »Ich habe gesagt, bringt ihn zu mir, ihr Vollidioten!«
    Eric erhob sich langsam. In den letzten zwanzig Minuten hatten wir ihm vermutlich zum anstrengendsten Trainingsprogramm der letzten zwanzig Jahre verholfen. Während Ian Ethan zwischen ihnen auf die Beine hievte, ließ Eric den Strahl
seiner Taschenlampe über die Erde wandern. »Da!«, brüllte er. »Was ist das denn für ein Scheiß?«
    Er hob einen Gegenstand auf, den ich aus meiner Position nicht erkennen konnte.
    Sie führten Ethan an den Rand des Grabs, neben dem Mitch saß.
    Eric warf Mitch etwas Glänzendes vor die Füße.
    »Ein Kassettenrecorder?«, blaffte Mitch empört. »Eric, mach ihn platt.«
    Mit dem Absatz eines seiner schweren Stiefel zertrampelte Eric das Gerät, ehe er es aufhob und Anstalten machte, es davonzuschleudern.
    »Nein«, sagte Mitch. »Ins Grab.«
    Ich hörte es platschend aufkommen.
    »Ihr habt keinen Fliegenschiss in der Hand, was?«, sagte Mitch.
    Ethan, der nach seinem Kampf mit Eric immer noch außer Atem war, grinste. »Riskieren Sie es doch, wenn Sie sich so sicher sind.«
    Mitch funkelte ihn an und rieb sich den Knöchel. »Könnte ich machen.«
    Er wandte sich an Ian. »Schieß ihm in die Kniescheibe.«
    Nur eine einzige Taschenlampe, sagte ich mir und rief hinter einem Grabstein hervor: »Sehr unklug, Yeager.«
    »Irene!«, schrie Ethan. »Nein!«
    »Holt sie! Holt das Miststück! Nein, Ian, gib mir zuerst deine Pistole.«
    Wie üblich benötigten die Fußsoldaten Anweisungen, und während Mitch seine Befehle brüllte, rannte ich wie der Teufel, duckte mich immer wieder hinter Marmordenkmälern und Betongrüften und schließlich zwischen den zahlreichen Maschinen und Gerätschaften.
    Eric hatte die besagte Taschenlampe und holte mich vielleicht deshalb als Erster ein, doch er war infolge seiner vorherigen
Kämpfe geschwächt, und so konnte ich ihm einen heftigen Tritt gegen das Knie versetzen, ehe er mich zu fassen bekam. Er stieß einen Schmerzensschrei aus und sank zu Boden. Bevor er wieder aufstehen konnte, stürzte sich bereits Ian auf mich, der mir erst einen kleinen Denkzettel verpasste, mich dann hochzerrte und an Mitch weiterreichte. Eric hinkte langsam hinter uns her.
    Ian stellte mich neben Ethan. Mitch Yeager sah zwischen uns hin und her. »Wisst ihr, bis vorhin habe ich eigentlich gedacht, die Liebesgeschichte sei auch nur eine eurer Lügen.« Ethan legte mir einen Arm um die Schultern. Er zitterte. Oder ich.
    »Trennt die beiden. Stellt sie neben das Grab«, befahl Mitch und wies auf das, in das ich ihn vorher gestoßen hatte.
    Als sie das erledigt hatten, fuhr er fort: »Dank Ihnen hatte ich einen wirklich anspruchsvollen Abend, Ms. Kelly.« Er hielt inne und lächelte. »Hören Sie das?«
    Es war schwach, aber unverkennbar. Ein Hubschrauber.
    »Ich verschwinde jetzt, und den kleinen Klugscheißer nehme ich mit, weil mir irgendetwas sagt, dass sein Selbsterhaltungstrieb stärker ist als Ihrer. Er hat Mut, aber er suhlt sich nicht so in Opferbereitschaft wie Sie, stimmt’s? Seine Generation denkt doch wesentlich pragmatischer. Sie sehen keinen Sinn im Kämpfen. Wenn es einen einfachen Weg gibt, schlagen sie ihn ein.«
    »Das ist Schwachsinn«, sagte ich.
    »Oh nein. Ich biete ihm einen einfachen Weg aus diesem Schlamassel heraus, in den Sie ihn offensichtlich hineingezogen haben, und er wird ihn einschlagen.« Erneut hielt er inne und horchte auf den näher kommenden Hubschrauber. »Ich wüsste zu gern, ob Sie das Medaillon tatsächlich haben.«
    »Ihr Risiko«, sagte ich.
    »Ihr Verlust«, entgegnete er. »Erschießt sie.«
    Nur einen Moment, bevor er sich bewegte, begriff ich, was Ethan vorhatte.

    »Nein!«, rief ich, doch er stellte sich vor mich.
    Ich wartete auf den Knall des Schusses. Stattdessen hörte ich: »Wer von uns soll es denn machen?«
    Das Röhren des Hubschraubers kam jetzt immer näher. In der Ferne glaubte ich Sirenen zu hören.
    Zu spät. Zu spät.
    »Gottverdammter Mist«, schimpfte Mitch und hob die Pistole.
    Ich beugte mich leicht zur Seite, um meinen Fuß um Ethans Knöchel zu haken und ihn aus der Schusslinie zu manövrieren, aber genau wie die Sirenen kam ich zu spät. Mitch drückte ab.
    Ethan prallte gegen mich, als die Kugel

Weitere Kostenlose Bücher