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Totenseelen

Totenseelen

Titel: Totenseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach
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besonders übel genommen hatte.
    »Wunderbar! Da kann ich meinen Gästen ja endlich mal was Aufregendes bieten.«
    »Mal sehen, was sich machen lässt.« Pieplow klaubte Notizbuch und Namensliste vom Boden auf. Während er geschlafen hatte, mussten sie ihm aus den Händen geglitten sein. Er legte sie auf den Tisch und entschied, mit einem starken Kaffee etwas gegen seine Restmüdigkeit zu tun. Er ging in die Küche, den Hörer zwischen Unterkiefer und hochgezogene Schulter geklemmt, und hantierte mit Wasserkocher und Filter.
    »Ich bitte darum! Freitag im Laufe des Nachmittags trudeln wir ein. Du weißt also Bescheid.« Benzlau hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, seinen Mieter rechtzeitig zu warnen, wenn wieder mal Schluss war mit Einsamkeit und Inselstille. »Aber Scherz beiseite, Daniel. Wisst ihr inzwischen, wen ihr da ausgegraben habt?«
    »Woher? Wir sind schon froh, dass es wenigstens noch ein paar halbwegs verlässliche Zeitzeugen gibt, die aber leider auch nicht die geringste Ahnung haben, wer das sein könnte. Von der Familie fehlt keiner, von unaufgeklärten Vermisstenfällen weiß niemand etwas, und der Tote schweigt sich gründlich aus. Nichts mit ›Letzter Zeuge‹ und ›Sprache der Toten‹ und was ihr sonst noch so Geniales in euren Krimis habt.«
    »Wart’s ab, Sheriff! Benzlau denkt mit, und du bist mir vielleicht noch mal dankbar dafür.« Benzlau machte eine Kunstpause, die Pieplow wortlos verstreichen ließ, weil er sich darauf konzentrierte, Kaffee zu kochen, ohne dass ihm das Telefon herunterfiel. »… Bildmaterial?« verstand er gerade noch, bevor der Hörer zu Boden glitt und auf den Fliesen aufschlug. Als er ihn wieder am Ohr hatte, war die Leitung tot.
    Welches Bildmaterial? Vom Fundort? Den Bergungsarbeiten? Dem Toten?, grübelte Pieplow und wollte nicht glauben, dass Benzlau versuchte, über ihn an Informationen und Bilder heranzukommen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren.

    Eine kleine Schiffsglocke neben der Tür ersetzte die Klingel. Darüber ein blankes Messingschild. In den dunklen Vertiefungen der Frakturbuchstaben schimmerten helle Reste von Polierpaste.
    Gröning. Kein Titel, kein Vorname.
    Trotzdem wusste Pieplow, mit wem er es zu tun hatte, wenn die Eigentümerin des Hauses die Tür öffnete. Professor Doktor Luise Gröning. Der Name, den er seiner Liste hinzugefügt hatte, als er in den Gesprächen mit den Alten immer öfter fiel. Luise sei nett, versicherten seine Gesprächspartner. Wirklich. Praktisch auf Hiddensee aufgewachsen und jetzt auch ungefähr achtzig. Sorgen, dass sie komisch sei oder so, brauche er sich ganz bestimmt nicht zu machen. Obwohl es ja vorkomme, dass der Beruf irgendwie abfärbt, nicht wahr? Bei Luise nicht. Jahrelang Chefin in der Klapsmühle und keine Spur von verrückt.
    Pieplow hatte den Klöppel so zögerlich gegen das Metall schwingen lassen, dass er befürchtete, im Haus nicht gehört zu werden. Gerade als er sich mit lauterem Gebimmel bemerkbar machen wollte, drehte sich ein Schlüssel in der schweren dunklen Holztür. Mit zwei Rückwärtsschritten schuf Pieplow rücksichtsvolle Distanz. Niemand schätzt es, wenn er seine Tür öffnet, Nasenspitze an Nasenspitze einem Fremden gegenüberzustehen. Einem Polizisten schon gar nicht. Außerdem fühlte Pieplow sich wohler, wenn zwischen ihm und so einer Seelenklempnerin ein gewisser Sicherheitsabstand lag.
    »Frau Professor Dr. Gröning?«, vergewisserte er sich, als die Haustür aufschwang und eine schlanke Weißhaarige ihn aus ausdrucksvollen Augen ansah. Interessiert, freundlich, den Kopf leicht zur Seite geneigt.
    »Die bin ich. Und Sie sind Wachtmeister Pieplow, wenn ich nicht irre.« Sie wechselte den Gehstock in die linke Hand und streckte ihm die rechte entgegen, mit der sie gleichzeitig abwinkte, als er seinen Dienstgrad richtigstellte. Polizeiobermeister. »Wenn Sie wüssten, wie schnurz mir das ist. Wir werden uns ja wohl nicht mit unseren Titeln anreden wollen. Ich bin Luise Gröning, und gut. Alles andere ist für mich nur gespreiztes Getue.« Sie machte kehrt und ging ins Wohnzimmer. Am Durchgang zur Küche blieb sie stehen. »Es ist Teezeit, finde ich. Möchten Sie auch?«
    »Gern, danke.« Pieplow nickte höflich, obwohl seinem Magen der Kaffee noch zu schaffen machte, den er aus Ärger über Benzlau zu schnell und zu heiß getrunken hatte.
    »Dann stellen Sie den doch schon mal auf den Tisch.« Sie hob ein kariertes Tuch von einem Keramikteller und reichte ihn

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