Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)
schwarzen Ledersessel gesetzt, da betrat ein großer breitschultriger, elegant gekleideter Mann den Raum und füllte ihn augenblicklich aus. Linda Klocke kam sich neben dem Hausherrn klein und unscheinbar vor. Doch dieses Gefühl behielt sie für sich.
Der Mann kam auf sie zu und begrüßte sie fast überschwänglich. Diese Begeisterung hatte Linda Klocke noch nie erlebt, wenn sie in ihrer Eigenschaft als Polizistin Hausbesuche machte.
»Was für einen Grund gibt es, dass mich die Polizei in meinem bescheidenen Haus aufsucht?«
Linda Klocke erhob sich und reichte ihm freundlich die Hand, bevor sie zum Wesentlichen kam und erklärte, dass sie wegen des explodierten Hauses im Lohfeld einige Fragen an ihn habe.
Hatzfeld tat verwundert. »Haus im Lohfeld? Mit der Aussage kann ich nun gar nichts anfangen. Da müssen Sie mir schon etwas auf die Sprünge helfen, Frau Kommissarin.«
Linda Klocke hatte mit allem gerechnet. Mit Leugnen, mit Verärgerung oder mit Gezeter, jedoch nicht mit dieser für sie aufgesetzten Ahnungslosigkeit.
»Nun bin ich es, Herr Hatzfeld, die verwundert ist. Ein Haus von Ihnen wird durch eine gewaltige Explosion nahezu komplett zerstört, und Sie tun so, als hätten Sie von nichts eine Ahnung.«
»Habe ich auch nicht!« Hatzfeld sah auf die Visitenkarte, die ihm seine Hausdame in die Hand gedrückt hatte. »Es tut mir wirklich leid, Frau Klocke, ich war ein paar Tage auf Sylt. Ich habe da ein bescheidenes Haus in Kampen, und immer wenn es meine Zeit zulässt, versuche ich mich auf dieser wunderbaren Insel etwas zu zerstreuen. Ich bin erst gestern spätabends zurückgekommen. Was während des Wochenendes hier in Paderborn passiert ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich habe außerdem keine Ahnung, von welchem Haus im Lohfeld Sie reden. Da müssen Sie sich schon mit meinem Büro in Verbindung setzen. Allein im letzten Jahr habe ich über fünfzig Häuser gekauft und sicher ähnlich viele verkauft. Sollte wirklich ein Haus von mir durch eine Explosion zerstört worden sein, werde ich Ihnen selbstverständlich alle Details liefern, die Sie benötigen.«
Ein Reicher, wie er im Buch der Vorurteile steht, dachte Linda Klocke. Ein Hauskauf war für diesen Mann vermutlich dasselbe wie für normale Leute das Trinken eines Schlucks Wasser. Ihr gefiel diese Metapher, und sie dachte noch einen Moment darüber nach.
Auf Hatzfeld wirkte Linda Klocke, die kurz ihre Gedanken schweifen ließ, dadurch erstaunlich gleichgültig. Er vermutete, dass die junge Frau vor ihm trotz ihres jugendlichen Alters mit allen Wassern gewaschen war oder dass sie ebenfalls aus Verhältnissen stammte, wo ein Hauskauf zum Tagesgeschäft gehört. Wie auch immer, Linda Klocke hatte für Hatzfeld etwas reizvoll Undurchschaubares.
Linda Klocke erkundigte sich, wer ihr denn die gewünschten Auskünfte geben könne. Hatzfeld kam kurz ins Stocken. Dann hatte er sich wieder im Griff und vermittelte erneut den Eindruck von Eleganz und einer Idee Überheblichkeit.
10
Kükenhöner war stinksauer! Langsam, aber sicher ging ihm dieser aufgeblasene Affe auf die Nerven.
»Damit das klar ist, Karl, du machst nicht wieder deine Alleingänge«, hatte Schwiete nach der Besprechung zu ihm gesagt. »Ich erwarte dich um zwölf Uhr dreißig bei mir im Büro. Wir müssen ein ernstes Gespräch führen.«
Kükenhöner konnte sich noch genau an den Tag erinnern, als Schwiete zum Chef ernannt wurde. Kein Problem, von einem Horsti Schwiete lasse ich mir gar nichts sagen, hatte er damals gedacht. Im Nachhinein musste er sich eingestehen, dass er auch ein bisschen neidisch, ach was, ziemlich neidisch auf seinen Kollegen gewesen war. Ihn, Kükenhöner, der genau die gleiche berufliche Laufbahn absolviert hatte wie Schwiete, hatte man nämlich einfach übergangen.
Am selben Tag, an dem Schwiete zum Kommissariatsleiter ernannt wurde, war auch Linda Klocke zu ihrem Team gestoßen. Diese magersüchtige, zwanghafte Ziege war Kükenhöner von Anfang an suspekt gewesen.
Kükenhöner sah auf die Uhr. Noch eine Stunde bis zum Gespräch mit diesem verdammten Schwiete. Das Klopfen an der Tür hinderte ihn daran, sich weiter über seine Kollegen und seine momentane Situation zu ärgern. Noch bevor er auf das Geräusch reagieren konnte, betrat Kollege Krügermeyer vom Streifendienst das Büro.
»So, Karl, es gibt Neues von der Lady, die Perreira so übel mitgespielt hat«, plauderte Krügermeyer los. »Sie heißt angeblich Olga Solowjow und arbeitet, so behauptet
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