Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)
brüllte: »Die Polizei hat eine Frauenleiche in den Trümmern gefunden. Wenn das … wenn das Alicija sein sollte, dann mache ich hier alles platt! Und wenn ich selbst mit dem Bagger komme und keinen Stein auf dem anderen lasse. Euch Drecksäcken werde ich’s zeigen!«
Bevor er handgreiflich werden konnte, wurde er an der Schulter herumgerissen. Er sah sich dem Türsteher gegenüber, der nach wie vor seelenruhig, aber umso entschlossener wirkte. Kloppenburg war nun nicht mehr zu halten und schlug zu. Aber er schlug ins Leere. Im nächsten Augenblick bekam er einen mächtigen Schlag in den Bauch, sackte zusammen und fand sich auf dem schäbigen Teppichboden wieder.
Wilfried Kloppenburg hustete sich die Seele aus dem Leib. Der Schlag hatte präzise und hart seinen Magen getroffen, und er hatte große Mühe, den Würgereiz zu bekämpfen. Das hätte auch noch gefehlt, dass er sich vor diesen beiden jungen Wichtigtuern übergab. Er schluckte mehrmals, schüttelte sich und zog sich ächzend am Schreibtisch hoch. Als er stand, wurde ihm erst recht schwindelig. Aber er kämpfte gegen seine Schwäche an, versuchte, seine Gedanken zu fokussieren, und schließlich fing er sich wieder.
Der Türsteher stand nun wieder im Türrahmen und schaute ihn so freundlich-entspannt an, als hätten sie sich eben gegenseitig ihre Träume offenbart.
»Danke, Mike!«, murmelte der Geschäftsführer und nickte dem Schläger zu. Dann wandte er sich an den nach wie vor keuchenden Kloppenburg. »So, nun reden wir mal wie vernünftige Geschäftsleute miteinander. Mein Name ist Patrick Rademacher, und ich bin hier der Geschäftsführer. Und wer sind Sie?«
Kloppenburg musste immer wieder husten, als er sich mit dürren Worten vorstellte. Er konnte aber nicht umhin, noch nachzulegen: »Ich bin ein alter Geschäftsfreund von Ihrem Boss, denken Sie daran. Ich kenne ihn schon lange, und ich weiß, wie er zu seinem Geld gekommen ist. Er soll sich vorsehen. Dass die Explosion gestern Abend ein Unfall war, glaubt euch vielleicht die Polizei. Aber ich habe das Gefühl, dass ihr in dieser Geschichte mit drinsteckt. Und ich sage euch noch mal: Wenn ich herausfinde, dass ihr was mit dem Tod von Alicija zu tun habt, dann lasse ich diesen ganzen Verein auffliegen. Dann geht auch euer Boss in den Knast.«
Aber Rademacher hatte nun offenbar seine Selbstsicherheit wiedergefunden. »Was haben Sie denn für ein Interesse an Alicija? Was geht Sie das Ganze überhaupt an?«
Bevor Kloppenburg antworten konnte, mischte sich der Türsteher ein: »Er ist ihr Stammkunde. Dieser Mann kommt fast täglich hierher und nimmt sich immer nur Alicija. Irina dachte erst, er wolle sie abwerben, wir hatten uns schon auf Gegenmaßnahmen vorbereitet. Aber ich persönlich denke, er ist einer dieser Spinner, die sich in eine Nutte verknallen und denken, sie hätten die große Liebe ihres Lebens gefunden. Armer Irrer!«
Fast wäre Wilfried Kloppenburg wieder in die Luft gegangen, aber die Erinnerung an den hammerharten Schlag hielt ihn davon ab, sich auf diesen Kerl zu stürzen. Das erwartungsfrohe Grinsen des Türstehers zeigte ihm deutlich, dass ihm eine zweite Runde nur recht gewesen wäre.
Rademacher lachte schallend. »Okay, jetzt verstehe ich alles! Die alte Pretty-Woman -Geschichte. Reicher Paderborner Unternehmer zieht arme, aber wunderschöne ukrainische Prostituierte aus dem Sumpf des Rotlichtmilieus. Das ist ja zum Schießen!«
Kloppenburg schimpfte laut, während er zurück durch den endlos langen Flur lief. »Ihr werdet noch von mir hören! Verlasst euch darauf!«
Die drei Frauen, die zu dieser frühen Uhrzeit schon im Dienst waren, schauten ihm leicht verunsichert hinterher.
15
Anscheinend lief heute alles aus dem Ruder. Schon morgens bei der Besprechung hatte Kükenhöner sein typisches egozentrisches Verhalten an den Tag gelegt. Er war zu spät gekommen, hatte schlechte Laune verbreitet und sich nicht an Absprachen und Anweisungen gehalten. Schwietes Ärger darüber hatte letztlich dazu geführt, dass er sich gegenüber Krügermeyer ungerecht verhalten hatte. Das konnte so nicht weitergehen, fand er.
In diesem Moment klingelte das Telefon. Am anderen Ende der Leitung war ein sehr wütender Herr Rademacher, der sich als Geschäftsführer des Clubs Oase vorstellte. In den nächsten Minuten ließ er seinem Ärger über den Besuch von Kükenhöner freien Lauf. Schwiete hörte zu, entschuldigte sich aufrichtig und versprach, mit dem Kollegen zu reden. Nach dem
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