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Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)

Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Totensonntag: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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Eindruck, dass irgendetwas hinter Becks Stirn vor sich ging.
    »Ich schau mal, was ich im Archiv hab«, sagte der und ging zu einer Stahltür, die sich am hinteren Ende des Raumes befand. Sie war mit zwei Schlössern gesichert. Beck zückte einen Bund mit einem guten Dutzend Schlüsseln und sperrte die Tür auf. »Ich muss Sie bitten, draußen zu bleiben. Das ist der Sicherheitsbereich.«
    Mit diesen Worten verschwand er und zog die Tür hinter sich zu.
    »Wo ist er hin?«, fragte Claudia, als sie wieder ins Zimmer kam.
    »Ins Archiv«, sagte Wallner und deutete auf die Stahltür. »Beck ist ja sehr kooperativ geworden. Hoffen wir mal, dass er dein Verhalten nicht falsch versteht.«
    »Ich hab’s im Griff.« Sie zupfte einen Fussel von Wallners Pullover.
    Wallner ging zur Stahltür und klopfte. »Nur so zu unserer Information: Wie lange werden Sie noch brauchen?«
    »Weiß noch net. Aber die Frau Staatsanwältin darf gern reinkommen«, kam es durch die Tür.
    Wallner war erstaunt. Claudia nicht. Sie schritt siegesgewiss an Wallner vorbei und drückte die Türklinke. »Sei vorsichtig!«, flüsterte Wallner ihr zu. Sie lachte nur und betrat Becks Archiv.
    Der Raum besaß keine Außenfenster und war mit Neonröhren beleuchtet. Claudia sah sich um, konnte Beck aber zunächst nicht zwischen den Aktenregalen ausmachen. Dann hörte sie ein Geräusch hinter der Tür und drehte sich um. Der Anblick war bizarr.

22
    U we Beck hatte einen Aktenordner in den Händen. Neben ihm stand ein Stuhl, über dessen Lehne sehr ordentlich Cordhose, Hemd und Pullunder hingen, darunter die Pantoffeln mit der Feinrippunterhose darauf. Beck trug nichts außer seinen verwaschen-grauen Socken. Den Ordner hielt er sich vor die Körpermitte.
    »Oh«, sagte Claudia. »Sie haben gar nichts an?«
    »Nein«, sagte Beck und schluckte.
    »Warum haben Sie Ihre Sachen ausgezogen?«
    »Ja, ich … he, he«, Beck sah verlegen an seinem bleichen, haarlosen Oberkörper hinab. »Ich hatte so ein Gefühl, dass wir uns gegenseitig nicht unsympathisch sind. Und da …« Er gestikulierte hilflos mit einer Hand in der Luft. »Betrachten Sie es einfach als Angebot. Es verpflichtet zu nichts. Ich möchte Sie nicht in Verlegenheit bringen, verstehen Sie?«
    »Sie sind ein wahrer Gentleman.«
    »Ich bitte Sie. Andererseits … wie gesagt, wenn Sie Interesse hätten. Ich bin zugegebenermaßen ein bisschen aus der Übung. Aber ganz verlernt man’s ja nicht.«
    Er lachte bemüht und machte eine entschuldigende Geste, wodurch sich der Aktenordner kurz von seiner Körpermitte entfernte. Ein Büschel roter Haare mit ein bisschen Fleisch in der Mitte wurde sichtbar, allerdings sofort wieder bedeckt, als Beck sich seiner übertriebenen Freizügigkeit bewusst wurde.
    »Interessante Location«, sagte Claudia und meinte das Archiv.
    »Na ja, das ist jetzt kein Luxushotel in der Karibik oder so. Aber da hinten habe ich einen kleinen Kühlschrank. Es müssten noch zwei Piccolo drin sein. Manchmal, wenn ich einen gut dotierten Auftrag bekomme, dann schenk ich mir schon mal ein Gläschen ein.«
    »Ach, tatsächlich?«
    »Ich sag immer: Man muss die Feste feiern, wie sie fallen. Tja …« Beck schluckte. »Wie … wie machen wir jetzt weiter? Also es hängt, wie gesagt, ganz von Ihnen ab. Ich für meinen Teil, ich bin zu jeder Schandtat bereit.« Beck lachte. »Oder vielleicht sollten wir zuerst einen Piccolo trinken. Das lockert etwas auf.«
    »Herr Beck, ich weiß Ihr Angebot wirklich zu schätzen. Aber …«
    »Aber?« Beck wirkte ein bisschen enttäuscht.
    »Halten Sie mich für spießig – ich bin im Dienst. Ich kann nicht einfach tun, wonach mir der Sinn steht. Wenn das jeder machen würde … und ich werde immerhin von Steuergeldern bezahlt.«
    »Oh ja. Das ist ganz klar ein Argument. Sie sind natürlich im Dienst, und da wären bestimmte Dinge … unprofessionell. Da haben Sie vollkommen recht.«
    »Ja, leider. Unter anderen Umständen …«
    »Tja, schlechtes Timing. Aber wer weiß, was die Zukunft noch bringt.«
    Claudia lächelte und gab Beck mit einer Geste zu verstehen, dass sie ganz einer Meinung waren.
    »Wenn Sie vielleicht … Ich würde mich gern anziehen, bevor ich rauskomme.«

    Kurze Zeit später kam Beck vollständig bekleidet ins Wohnzimmer, und alle taten, als sei nichts passiert, wenngleich die Atmosphäre peinlich angespannt war. Beck hatte den Aktenordner dabei. Auf dessen Rücken stand mit dickem Filzstift »1945« geschrieben. Das Innenleben

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