Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)
hier«, sagte Wallner. »Vielleicht wechseln wir mal das Thema.«
Als Claudia auf der Toilette war, stocherte Simone in den Resten ihres Knödels herum und sagte schließlich: »Clemens, kann ich dich was Privates fragen?«
»Noch privater? Was willst du denn wissen?«
»Ist das was Tieferes zwischen euch oder nur … körperlich?«
»Weißt du, ich mag deine Mutter verdammt gern. Ich bin nur ein bisschen verunsichert. Schließlich ist sie noch mit deinem Vater verheiratet.«
»Da mach dir mal keine Sorgen. Der hat eine andere. Die ist Heilpraktikerin und hat letzt versucht, mit mir ein Gespräch über Tantrasex zu führen. Das war vielleicht widerlich.«
»Das heißt?«
»Meine Eltern lassen sich sowieso scheiden. Sehr rücksichtsvoll übrigens, wo ich demnächst in die schwierigste Entwicklungsphase meines Leben komme. Aber so sind Erwachsene. Denken nur an sich.«
»Willst du lieber, dass sie zusammenbleiben und dir heile Familie vorspielen?«
»Nein. Natürlich nicht. Guter Punkt.« Simone dachte mit ernstem Blick über Wallners Worte nach. »Okay. Jetzt weiß ich aber immer noch nicht, ob du ernsthafte Absichten hast.«
»Ich habe immer ernsthafte Absichten. Ich bin kein Mann für halbe Sachen. Wie das deine Mutter sieht, weiß ich natürlich nicht.«
»Bleiben wir mal bei dem Punkt Mann .«
»Wieso? Gibt’s da Zweifel?«
»Halt mich bitte nicht für spießig. Aber bist du nicht sehr viel jünger als meine Mutter?«
»Zehn Jahre, um präzise zu sein. Aber Reife ist nicht nur eine Frage des Alters.«
»Da hast du recht. Ich komme mir auch manchmal vor, als wäre ich die ältere Schwester meiner Mutter. Soll ich dir was verraten?«
»Was denn?«
»Meine Mama ist nicht so tough, wie sie tut. Sie ist sehr sensibel und verletzlich. Gerade jetzt, wo die Scheidung bevorsteht. Deswegen möchte ich, dass du sie gut behandelst und ihr nicht weh tust. Haben wir uns verstanden?«
»Ich werde mir Mühe geben. Versprochen.«
»Ich hab ein gutes Gefühl bei dir. Ich denke, gemeinsam kriegen wir das hin.« Sie zwinkerte Wallner zu und machte sich wieder über ihre Beilagen her.
Kurz darauf kam Claudia und vermeldete, dass Kieling eingetroffen sei und auf seine Vernehmung warte.
47
E ine Stunde vorher hatte Höhn in Begleitung zweier uniformierter Polizisten bei Albert Kieling in Dürnbach geklingelt und ihm den Haftbefehl präsentiert. Kielings Bitte, einige persönliche Dinge mitnehmen zu dürfen, wurde ihm gewährt. Er verabschiedete sich von seiner Frau und bat sie, Max zu verständigen. Die Polizisten hatten den Eindruck, als sei Kieling auf seine Verhaftung vorbereitet gewesen.
Um dreizehn Uhr wurde er in den Vernehmungsraum der Miesbacher Polizeistation geführt. Dort warteten die drei Kommissare Höhn, Wallner und Lukas bereits auf ihn. Ebenso Staatsanwältin Claudia Lukas. Kieling bat, einen Anwalt in München anrufen zu dürfen, und kündigte an, dass er sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen ohne Anwalt nicht äußern werde. Ob er es mit Anwalt tun würde, sei ebenfalls fraglich. Zu seinen Personalien gab er bereitwillig Auskunft.
»Bevor Sie sich mit Ihrem Anwalt besprechen, kann ich Ihnen schon mal sagen, was wir Ihnen vorwerfen.« Höhn setzte seine Lesebrille auf und blickte in eine Akte.
»Sie werfen mir die Morde an Frieda Jonas und Uwe Beck vor. Das hatten Sie schon bei der Verhaftung gesagt.«
»Jawohl. In der Sache Frieda Jonas gibt es einen Zeugen, der die Tat beobachtet hat …«
»Und von Ihnen wahrscheinlich unter Druck gesetzt wurde.«
»Wir setzen niemanden unter Druck«, sagte Höhn und suchte nach einem Dokument in der Akte. Dann sah er über den oberen Rand der Lesebrille Kieling an. »Jedenfalls nicht in unzulässiger Weise.«
Kieling nickte mit einem Ausdruck verächtlicher Ironie.
»Im Fall Beck gibt es Fingerabdrücke am Tatort und eine DNA-Spur auf der Leiche, die eindeutig von Ihnen stammt. Die DNA-Analyse ist eine neue Methode, bei der genetisches Material untersucht wird. Haben Sie vielleicht schon von gehört.«
»Interessant«, sagte Kieling und lachte kopfschüttelnd.
»Wollen Sie vielleicht doch etwas dazu sagen?«, versuchte es Höhn.
Kieling wandte sich an Lukas, der bislang nicht gesprochen hatte. »Mir ist schon klar, worauf das Ganze rausläuft. Sie haben den Haltmayer unter Druck gesetzt. Und jetzt sagt er, ich hab die Frau erschossen, weil er seinen eigenen Arsch retten will. Der Mann weiß gar nichts. So viel steht schon mal fest.«
»Woher
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