Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)

Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Totensonntag: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
Vom Netzwerk:
Es arbeitete in seinem Kopf. Wollte er wirklich, dass die Frau, die vor ihm stand, erschossen wurde?
    In diesem Augenblick ertönte das Krachen eines Granateinschlags. Es war nicht weit weg. Ein paar Kilometer noch. Der Junge starrte Frieda an, atmete flach und schnell, schluckte, Schweiß lief ihm trotz des kalten Windes an den Schläfen herab. Er ließ sein Gewehr sinken. Frieda wusste nicht genau, was das zu bedeuten hatte. Aber sie sagte: »Danke!« Tränen stiegen ihr in die Augen.
    In dem Moment, als sie loslaufen wollte, rief jemand von hinten. »Sehr gut. Unser Kleiner hat einen Fang gemacht!« Haltmayer und der andere Junge waren aus dem Bauernhaus gekommen und standen wenige Meter hinter Frieda.

    Sie saß auf der morschen Bank vor dem Haus. Sebastian Haltmayer und seine Buben mit den Gewehren vor ihr. Der SA-Mann musterte Frieda. »Ist kein Zuckerschlecken im KZ, wie?«
    »Willst du mich erschießen? Die Amerikaner sind gleich da.«
    »Ich erschieße dich gar nicht. Wir holen erst mal den Hauptscharführer. Albert Kieling. Ist bekannt?«
    Frieda schwieg.
    »Los!«, blaffte Haltmayer den Jungen an, der mit ihm im Stall gewesen war. »Lauf nach Dürnbach und sag dem Hauptscharführer Bescheid. Und zwar a bissl flott!«
    Der Junge ließ die Beine fliegen, und Sebastian Haltmayer sah wieder zu Frieda. Sie saß kreidebleich auf der Bank und zog die Mütze ins Gesicht, die wollene Strickjacke hielt sie dicht an ihren Körper gedrückt. Der kalte Westwind blies wieder.
    »Weißt Frieda, du hättst einfach net herkommen sollen, nach allem, was war.«

45
    Herbst 1992
    S ebastian Haltmayer gab den Kommissaren gegenüber die Ereignisse am Sakerer Gütl unter Auslassung einiger Details, die kein gutes Licht auf ihn warfen, im Wesentlichen korrekt wieder.
    »Was passierte, nachdem Sie den Burschen weggeschickt hatten?«, fragte Höhn.
    »Erst mal nichts. Ich hab zusammen mit dem anderen auf die Frau aufgepasst. Irgendwann später war der Kieling da. Also er und sein Kamerad von der SS.« Haltmayer hielt inne und überlegte.
    Den Kommissaren war nicht klar, ob er überlegte, was damals geschehen war oder ob er damit herausrücken sollte.
    »Also, auf geht’s«, ermunterte ihn Höhn. »Albert Kieling ist eingetroffen, und die Frau ist noch auf der Bank gesessen.«
    »Richtig.« Haltmayer starrte auf seine Hände. »Dann … hat der Kieling gesagt, wir sollen gehen. Also die Buben und ich. Das hamma dann auch gemacht. Wir sind zurück Richtung Wald gegangen. Und da hab ich mich noch einmal umgedreht.«
    Haltmayer atmete schwer, die Erinnerung schien ihm die Luft abzuschnüren. Doch niemand sagte etwas, niemand drängte ihn. Man wollte sich nicht dem Vorwurf aussetzen, dem Zeugen etwas in den Mund gelegt zu haben. Haltmayer kaute lange auf den nächsten Worten herum, bevor er sie ausspuckte.
    »In dem Moment, wo ich mich umgedreht hab, hat er auf die Frau angelegt. Und dann hab ich erst die Blutspritzer an der Wand gesehen, und kurz danach kam der Knall.«
    »Wie weit waren sie weg von dem Haus?«, fragte Wallner.
    »Vielleicht hundert Meter.«
    »Wer hat geschossen?«, fragte Lukas.
    »Der Kieling.« Haltmayer zögerte diesmal nicht.
    »Sind Sie sicher? Ich meine, Sie waren hundert Meter entfernt. Es waren zwei SS-Leute in Uniform. Die sind ja schwer auseinanderzuhalten.«
    »Der Kieling hatte keinen Helm mehr auf. Der andere schon.« Haltmayer nickte, und sein Gesichtsausdruck wirkte jetzt sehr entschlossen. »Ich bin mir sicher.«
    »Was passierte dann?«
    »Ich hab geschaut, dass ich wegkomm. Der hätt mich am End auch noch erschossen.«

    »Gut«, sagte Höhn und zündete sich genüsslich eine Zigarette an. Auf dem Tisch stand eine frische Tasse Kaffee. Man hatte das Protokoll aufgenommen, von Haltmayer unterzeichnen lassen und sich dann in Lukas’ Büro versammelt. »Ich denke, im Fall Frieda Jonas sind wir damit schon mal ziemlich weit.«
    »Im Fall Beck läuft es inzwischen auch auf Kieling zu. Wir haben die Laborergebnisse.« Lukas fischte aus der oberen Schicht seiner Papierberge einen Aktendeckel heraus und öffnete ihn. »Einige der Fingerabdrücke im Haus von Beck konnten Kieling zugeordnet werden. Die DNA-Probe von Kieling haben wir eingeschickt. Vermutlich hatte Uwe Beck Beweise für den Mord an Frieda Jonas und hat Kieling damit erpresst. Spricht insofern alles dafür, dass Kieling auch Beck umgebracht hat. Oder?«
    »Nur wenn Kieling tatsächlich Frieda Jonas umgebracht hat. Sonst fehlt das Motiv für

Weitere Kostenlose Bücher