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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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wusste, dass er ein Ablenkungsmanöver inszenieren musste, selbst wenn April seine Nachricht begriffen hatte. Er täuschte einen Ausfall nach links an und tauchte dann rechts weg.
    »Wichser.« Er lachte und trat den Polizisten so hart er konnte in die Eier.
     
    April blieb augenblicklich stehen, als Justin den Mann zu seiner Linken trat. Ihr war nicht klar, warum er das tat, aber irgendetwas stimmte da ganz und gar nicht, und als er sich drehte, erkannte sie, dass seine Hände hinter dem Rücken gefesselt waren. Polizei? Er hatte nichts Unrechtes getan. Der Mann mit den helleren Haaren zog seine Waffe und schlug damit so fest gegen Justins Schläfe, dass April unwillkürlich zusammenzuckte. Das war sein Schädel, der diesen Ton von sich gegeben hatte, und da lag er auch schon auf dem Boden.
    »Hey!«, schrie sie, bevor sie überhaupt wusste, was sie tat. Sie packte den Arm des Mannes, bevor er erneut ausholen konnte, und jetzt bekam sie seinen Zorn ab, er starrte sie an, und sein von Zigarettenqualm geschwängerter Atem war in ihrem Gesicht. Er schubste sie in Richtung Schalter und hielt ihr seine Marke vor die Augen.
    »Fassen Sie mich noch einmal an«, sagte er, »und wir nehmen Sie auch gleich mit, verstanden, cherie? Wollen Sie das?«
    Hinter ihm rollte sich Justin auf dem Boden herum und lachte erneut – für jemanden, der sein wahres Lachen kannte, klang es sehr gezwungen. Er kniff sein rechtes Auge zu, über der Augenbraue und an seiner Schläfe klaffte eine Wunde, aus der Blut hervorquoll.
    »Warum bringen Sie sie nicht auch mit?«, rief Justin, bevor sie erneut den Mund aufmachen konnte, und es klang nicht einmal mehr nach seiner Stimme oder seiner Persönlichkeit. »Ich hätte nichts gegen eine Henkersmahlzeit.«
    »Halten Sie verdammt noch mal den Mund«, sagte der hellhaarige Polizist. Der Unrasierte kam langsam und wacklig wieder auf die Beine. Er verzog noch immer schmerzverzerrt das Gesicht und versuchte halbherzig, Justin in die Rippen zu treten.
    April drückte sich mit dem Rücken gegen den Hotelschalter und spürte, wie ihr der Angestellte dahinter fasziniert über die Schulter blickte. Ihre Nägel gruben sich ins Holz, und sie zwang sich, an Ort und Stelle zu bleiben, sie biss sich auf die Lippe, während jede Faser ihres Körpers danach verlangte, etwas zu tun, etwas zu sagen, die Sache aufzuklären, sie mussten doch erkennen, dass sie den Falschen hatten …
    Aber nein, richtig und falsch spielte in diesem Fall keine Rolle. Sie ließ zu, dass der Intellekt die Emotionen und die Verwirrung übertrumpfte, und die Wahrheit war einfach. Diese beiden waren nicht besser als eine mittelamerikanische Todesschwadron, die gekommen war, um einen Dissidenten ruhigzustellen. Sie sahen sich bloß gezwungen, etwas vorsichtiger vorzugehen.
    Sie stellten Justin wieder auf die Füße, und er schwankte wie ein betäubter Löwe, aber er schien nicht ernsthaft verletzt zu sein. Sie versuchte, ihn anzustarren, als sei er irgendein niederes Wesen, das ihr soeben einen unsittlichen Antrag gemacht hatte. Er stand weit nach vorn übergebeugt da, sodass die Polizisten unmöglich mitbekommen konnten, wie er ihr mit dem linken Auge zuzwinkerte und dann den Blick zur Lobbytür lenkte.
    April schnaufte, und ihre Füße bewegten sich, bevor sie sich überhaupt dazu entschlossen hatte, hinauszugehen, geh, geh einfach. Hinter ihr schleppten sie Justin zur Tür und schienen offenbar keinen Gedanken mehr an sie zu verschwenden. Was zweifellos genau das war, was Justin beabsichtigt hatte.
    Auf der St. Peter überquerte April die Straße und rannte auf den Mietwagen zu, der zwischen zahlreichen anderen Wagen am Bordsteinrand parkte. Sie suchte in ihrer Handtasche nach den Schlüsseln und warf sich dann hinter das Lenkrad, als die Polizisten gerade durch die Hoteltür kamen; Justin befand sich in ihrer Mitte und wand sich, ganz der widerspenstige Gefangene. Er wollte ihr Zeit verschaffen, und, verdammt, selbst dreißig ruhige Sekunden, in denen ihr etwas einfiel, wären schon der reinste Luxus gewesen.
    Ihrem Wagen folgen und sehen, wo sie ihn hinbrachten? Zu versuchen, so schnell wie möglich einen sympathisierenden Anwalt aufzutreiben? Aber was war, wenn ihre Pläne viel direkter waren?
    Sie startete den Wagen, ließ die Scheinwerfer aber aus. Dann sah sie zu, wie sich die drei einem in der Nähe parkenden Sedan näherten, und biss sich dabei auf die Lippe.
    Verflixt, jetzt war keine Zeit für Raffinesse.
    April rammte den

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