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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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sie eintrat, fast so, als habe er sie bereits erwartet. »Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte er.
    »Gern.«
    Christophe schien froh zu sein, sich mit irgendetwas beschäftigen zu können. Er hatte einen kleinen elektrischen Wasserkocher dabei, den füllte er und schaltete ihn ein. Seine Bewegungen waren beruhigend, schon fast hypnotisch, und sie kuschelte sich in den Sessel neben der Tür. Draußen strömte der Regen in herbstlicher Melancholie herab, wodurch ihr die Stille im Zimmer noch viel mehr auffiel. Christophe schien nie den Fernseher einzuschalten, was vielleicht auch ganz gut war. Seine Gemütsruhe war ansteckend; der Regen konnte sie hier nicht länger durchweichen, aber seine Stimme flüsterte ihr Schlaflieder zu, die man in allen Sprachen verstehen konnte.
    »Wann sind sie losgefahren?«, wollte sie wissen.
    »Kurz nach halb drei. Ruben wollte frühzeitig da sein, und Justin sollte Mullavey von unterwegs anrufen.« Christophe stand neben der Kommode und starrte ins Wasser. »Er ist sehr entschlossen. Ihr Justin, meine ich.«
    Sie nickte und legte ihr Kinn auf die angezogenen Knie, während ihre Füße sich in den dicken Socken langsam erwärmten. Sie hatte sie aus Justins Koffer stibitzt.
    »Das ist er«, bestätigte sie. »Wenn er etwas findet, das ihm am Herzen liegt.«
    »Ich wünschte, er hätte für mich gearbeitet.«
    April verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Vielleicht sollten Sie ihm Ihre Nummer geben. Ich glaube, er wird sich bald nach einem neuen Job umsehen.«
    Christophe hantierte mit zwei in Zellophan verpackten Tassen, die das Zimmermädchen zuvor gebracht hatte, dann suchte er in seinem Gepäck. Er holte eine Schachtel seiner eigenen Kaffeebeutel hervor. Es war ja nicht so, dass sie fürchtete, vergiftet zu werden, aber es rief schon die alten Geister auf den Plan; schließlich war alles dadurch ausgelöst worden.
    Er konnte entweder Gedanken lesen oder hatte sie aus dem Augenwinkel beobachtet. »Es macht Ihnen doch nichts aus, oder?«
    Sie lächelte. »Nein.« Wie würde Dr. Gurvitz das analysieren? Trinke das, was du am meisten fürchtest. Aversionstherapie.
    Christophe goss das kochende Wasser auf, warf ein Pad in jede Tasse, und April kam ihm entgegen, um ihm ihre Tasse abzunehmen. Sie kuschelte sich wieder in den Sessel; es war zwar nicht ganz so ästhetisch und angenehm, als würde man seine Hände um eine große Keramiktasse legen, aber es war schon nicht übel. In Schützengräben gab es keine Atheisten, und es gab auch keinen schlechten Kaffee, wenn man darauf wartete, zu erfahren, dass man plötzlich die Witwe Kingston-Gray geworden war.
    Christophe ging zum Fenster, schob den Vorhang beiseite und starrte in den Regenguss hinaus. Sie versuchte ihn zu beobachten, ohne allzu aufdringlich zu wirken. Es war erst auf den dritten oder vierten Blick zu erkennen, dass er ein Überlebender war, wenn man bemerkte, dass er seine Prüfungen nicht von oben herab betrachtete, als wären es eroberte Berge, sondern stattdessen im Geröll herumsuchte, und das auch dann noch, wenn es auf ihn herabstürzte. Solch ein Charakterzug war nur sehr selten zu finden.
    »So in etwa ist es in der Gegend um Port-au-Prince während der Regenzeit.« Er stand völlig gefesselt von diesem Anblick da. »Es dauert Stunde um Stunde. Berghänge brechen ein und werden zu Schlammlawinen. Es ist sehr unklug, sich dann unterhalb eines Friedhofs aufzuhalten. Manchmal reißt der Schlamm Leichen aus ihren Gräbern, die dann mit ihm zusammen nach unten treiben.«
    Sie sah es vor ihrem inneren Auge vor sich, schwarze Arme und Beine, belebt durch eine gleichgültige Natur, die wie viele abgebrochene Äste in einem großen Durcheinander zurückgelassen werden.
    »Keine Särge?«, wunderte sie sich.
    »Oh, es gibt Särge.« Christophe nickte und sah weiter aus dem Fenster. »Wenn sie begraben werden. Aber es kommt vor, dass die Leichenbestatter die Friedhofswärter bestechen und später zurückkommen, um die Särge zu stehlen … damit sie sie erneut verkaufen können.« Er ließ den Vorhang wieder zurückfallen. Dann sah er sie an und zuckte mit den Achseln, als wolle er sagen: Was soll man da tun? Er ging vom Fenster weg und setzte sich auf das Bett, dann lehnte er sich gegen das Kopfende und starrte in seinen Kaffee.
    »Was werden Sie als Nächstes tun, Christophe?« Sie musste es wissen.
    »Ich habe mir überlegt, dass ich zurückgehen könnte. Nach Haiti. Ich glaube, das werde ich tun.«
    Das hatte sie nun ganz

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