Totenstadt
steif, und sein Muskel knirschte wie rostiges Eisen. Er würde sich sehr bald darum kümmern müssen.
Aal ging einige Blocks die Straße entlang, bis er zu der Art Ort kam, die er suchte: einer Bar, dunkel, schäbig und abgelegen. Ein wenig zu viel Lokalkolorit, hier würden keine Touristen einkehren, und die ungewaschenen Gäste waren von der Art, die unangenehme Erinnerungen hervorriefen. Hier würde er ebenso auffallen wie an jedem anderen Ort.
Von einem Münztelefon im hintersten Winkel rief er zuerst Lewis in seinem Haus an, der ihn abholen sollte, dann telefonierte er mit Twin Oaks. Er runzelte die Stirn, als sich die Stimme einer Weißen mit nichts weiter als einem vorsichtigen Hallo? meldete.
»Wer ist da?« Er hatte einen haitianischen Akzent erwartet.
»Das ist eine unhöfliche Frage«, erwiderte sie. »Sie haben drei Sekunden, mich davon zu überzeugen, mit Ihnen zu reden, bevor ich auflege …«
»Kathleen?«, fragte er. »Mrs Forrest?« Und warum ging Nathans Frau überhaupt ans Telefon? »Hier ist Terrance Fletcher.«
»Wo, zum Teufel, ist mein Ehemann?«
»Er ist in Sicherheit. Ich war eben noch bei ihm.«
»Das ist keine Antwort!«, brüllte sie ihm ins Ohr. »Wo zur Hölle ist Nathan und warum können mir diese Leute nicht erklären, was, zum Teufel, hier vor sich geht?«
Aal schloss die Augen und rieb sich die Nase; einige Lebensstile konnten wohl nicht allzu viel mit häuslichem Glück anfangen. »Ich kann jetzt nicht ins Detail gehen. Sie verstehen das doch, oder?«
»Ich werde Ihnen sagen, was ich nicht verstehe«, und jetzt zischte sie tatsächlich. »Ich wurde letzte Nacht aus meinem Haus gezogen, bevor man es zum Kriegsgebiet erklärt hat, sie sagen mir, dass nichts mehr davon übrig ist, und seit dem Morgengrauen muss ich mich mit jedem Reporter abgeben, der ein Telefon bedienen kann; und der einzige Grund, dass ich es mache, ist der, damit wenigstens irgendjemand aus der Familie den ganzen Mist abstreiten kann, der hier kursiert. Verstehen Sie das?«
Man musste einfach Mitleid mit ihr haben. Nathan hatte in zweiter Ehe eine Frau geheiratet, die vierzehn Jahre jünger war als er und überdies nicht aus den Südstaaten stammte. Aal konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie in dieselbe tragische, gefühllose Lethargie verfiel, die Evelyn Mullavey auszeichnete. Nein, Kathleen Forrest würde für das kämpfen, was ihr gehörte.
Aal konnte sie beruhigen, er sagte ihr, dass er so bald wie möglich zu ihr rauskommen würde, dann ließ er sich den Mann geben, der sie in der letzten Nacht nach Twin Oaks gefahren hatte. Hogarth konnte vielleicht ein wenig Licht in die Sache bringen.
»Was geht da draußen vor sich, was ist los?«, fragte Aal ihn.
»Das sind die Medien, Mann. Ich habe noch ein paar Männer gerufen, die sind jetzt am Haupttor und wimmeln die ganzen Medienvertreter ab, und wenn sie nicht zum Haus fahren können, dann rufen sie an. Wissen Sie, wie oft ich den Begriff ›Bandenkrieg‹ schon gehört habe?«
»Konnten Sie seit letzter Nacht schon mit einem unserer Männer hier in der Stadt sprechen? Keine Einzelheiten, das Telefon ist nicht sicher.«
»Ja.« Hogarths Stimme wurde tiefer. »Ich bin vor einer Stunde losgefahren und habe mir ein Münztelefon gesucht. Es ist übel, es sieht ganz übel aus, verstehen Sie mich?«
Aal unterdrückte ein Stöhnen. Dies ging über jede Art der Schadensbegrenzung hinaus.
»Was, zum Teufel, ist letzte Nacht überhaupt passiert?« Hogarth klang, als würde Kathleens Einstellung langsam auf ihn übergehen. »Das macht doch alles keinen Sinn. Haben Sie heute schon Radio gehört oder den Fernseher angeschaltet?«
»Nein …«
»Sie haben diesen Kerl identifiziert, er hieß Moreno. Nachdem er das Restaurant verlassen hatte, gab es auf der 61 einen Autounfall, bei dem er geröstet wurde. Er hatte draußen in Miami eine Sicherheitsfirma. Ein Sender hat gemeldet, dass er früher bei der CIA war, bei den Special Forces.« Hogarths Stimme wurde immer schriller. »Was, zum Teufel, ist los, Mann? Klingt das für Sie, als sei dieser Kerl ein Söldner gewesen?«
Aal seufzte, das war ganz und gar nicht gut. »Wir haben im Moment nichts mehr zu besprechen, verstehen wir uns? Ich komme, so schnell ich kann. Aber beantworten Sie mir noch eine Frage.«
»Ja, sicher, welche?«
»Wo ist Andrew heute, ist er im Büro?«
»Nein, er ist hier. Er … versteckt sich.«
Aal knallte den Hörer auf die Gabel und erntete dafür einen
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