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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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Katastrophe führen.
    »Es war Gift, vergessen Sie das nicht«, raunte sie ihm ins Ohr, »und manchmal … manchmal … selbst wenn sie nicht allein gelassen werden … wachen sie auf und sind nicht mehr derselbe Mensch. Wenn sie … überhaupt wieder aufwachen.«
    Du hast gewonnen, eine gebrochene Opfergabe für jemanden jenseits des Fensters, für Mullavey oder für Gott oder die ungesehen Teufel mit ihren obskuren Namen. Vielleicht hatten sie alle ihre Hand hierbei im Spiel, und frohlockten sie nun in ihren Reichen? Wahrscheinlich, denn ihr Triumph war auf so verheerende Weise komplett.
    »Lassen Sie mich los«, flüsterte er und schüttelte Mama Charitys Arm ab. Er stellte den Stuhl wieder neben das Bett, während April bei dem Geräusch zusammenzuckte.
    Und er saß erneut da, wie er schon viele Stunden zuvor an dieser Stelle gesessen hatte, als würde seine reine Willenskraft den Schaden durch die Toxine, die jenseits der Dritten Welt kaum bekannt waren, zunichtemachen können. Er saß da und wartete auf ein Zeichen.
    Später, Minuten oder Ewigkeiten, sah sie ihn an, konzentriert, als würde sie ihn sehen. Ihn. Er wusste es, er wusste es einfach, das war ein biegsamer Strohhalm, der die Welt bedeuten konnte.
    »Kannst du … mich sehen?«, wisperte er.
    Ihre Augen waren riesig und auf schaurige Weise ruhig, es war, als würde sie ihn zum ersten Mal ansehen. »Jus?«
    Er nickte und biss sich auf die Lippe, er wollte jetzt nicht weinen. »Ja.«
    »Jus?«
    Mit zusammengebissenen Zähnen und einem gewaltigen Knoten im Magen: »Ich bin hier.«
    »Sie hören nicht auf«, und ihre Stimme wurde immer höher und gequälter.
    Jetzt konnte er die Tränen nicht länger zurückhalten. »Wer?«
    April ignorierte ihn oder konnte ihn gar nicht hören, sie keuchte einmal und griff nach seiner Hand, um sie an ihr Herz zu drücken. Es schlug so schnell wie ein vor Panik flatternder kleiner Vogel.
    Dann wieder ihre Stimme, als würde sie zerbrechen: »Jus?«
    Seine eigene klang ebenso: »Ich liebe dich …«
    »Töte mich«, flüsterte sie. »Töte mich.«
     
    Später suchte sie Zuflucht in einer Zimmerecke und fand dort ein wenig Frieden, jedenfalls kam es ihm so vor. Wiedererkennen, zuweilen sogar Bewusstsein, all dies schien mit zyklischer Unvorhersehbarkeit zu kommen und zu gehen. Er konnte es in diesem Haus einfach nicht mehr länger aushalten.
    Er fand die Schlüssel des Mietwagens. Er fuhr so schnell, dass er zu einer weiteren Komponente des Wagens wurde, sich selbst in der Einheit mit der Maschine verlor, die sich wie eine Rüstung um ihn legte, und die er um einen Strommast wickeln würde, wenn das Schicksal es so wollte. Ja, denn das Schicksal war ja so unbestechlich.
    Er ließ große Abgas- und Staubwolken hinter sich zurück, und war er überrascht, als er in der Nähe des Damms auf den Sitz blickte und die Taurus 9 mm sah, die dort vor sich hin hüpfte? Sie hatte sich im Haus so unauffällig in seine Hand geschmiegt.
    Er kehrte nach New Orleans zurück, und wenn das Schicksal seine Hand im Spiel hatte, dann schickte es ihn auf vertrauten Straßen durch diese fremde Stadt. Er parkte hoch oben im French Quarter, weit entfernt vom Fluss, dort wo nur gelegentlich Touristen herumspazierten. Hier trugen schäbige Gebäude ihr Alter und ihre Schmähungen unverhohlen zur Schau, was ebenso für die Menschen galt. Hier gehörte er hin, in diese faule Galerie.
    Justin stieg aus dem Wagen, und die Taurus hatte den Weg unter sein offenes Hemd gefunden, wo sie mit der Mündung in seinem Gürtel steckte. Die schmalen Straßen, in denen so viel Geschichte geschrieben und verändert worden war, waren endlos, eine Welt voller Möglichkeiten. Er ging schnell, als habe er ein Ziel. So würde er sie zum Narren halten.
    War es ein Wink des Schicksals oder vielleicht die Strömungen des Fußgängerverkehrs: Er fand den Weg zur St. Louis Basilica, deren Kirchturm wie eine Bake über dem Jackson Square schwebte, vor ihrem blassen Antlitz stand er, und ihm wurde alles klar. Hatte er Mama Charitys Haus nicht verlassen, um sich an eine höhere Macht zu wenden?
    Er würde alles versuchen, jedes Himmelsgericht anflehen, und so betrat er die kalte, finstere Welt der Kathedrale. Es gab einen kleinen Vorraum mit Regalen voller Votivkerzen zu seiner Rechten und einer Preisliste daneben. Er ignorierte sie, da er der Ansicht war, dass Gott kein Bargeld brauchte, und entzündete eine Kerze für April. Er stand vor ihrem Flackern und sprach ein leises

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