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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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Familie, seit 1840 im Geschäft, was den Begriff der Tradition schon sprengte und sich anschickte, eine Dynastie zu werden. Nur wenige Menschen konnten ein so starkes Band zu ihrem Erbe vorweisen, nicht in dieser schnelllebigen Zeit. Aber ehrlich gesagt zog er das Essen dort vor – zumindest die Gerichte, die er bisher zu kosten gewagt hatte, größtenteils kleine Vorspeisen, um seinen empfindlichen Magen zu schonen – es war dem im Charbonneau’s überlegen. Dem jungen Emporkömmling mit seinem neuen Management. Aal erinnerte sich an den hiesigen Skandal von 1985. Der Speisekritiker der Times-Picayune hatte dem Antoine’s nur läppische zwei von fünf Sternen verliehen. Die Öffentlichkeit tobte und forderte den Kopf des Kritikers. Zwei Jahre später hatte das Charbonneau’s einen Stern verloren und somit nur noch drei, und Nathan hatte eine interne Säuberungsaktion in Gang gesetzt, wie man sie seit dem Untergang des Römischen Reiches nicht mehr gesehen hatte. Halb aus Spaß hatte Aal damals vorgeschlagen, den Speisekritiker zu erschießen, am besten mit mehreren kleinkalibrigen Schüssen in den Hinterkopf. Nur so als freundschaftliche Geste. Das war das einzige Mal, dass Nathan je seine Stimme gegen Aal erhoben hatte, er schrie nur, nein, nein, das war keine Angelegenheit, in der man die Muskeln spielen ließ, nicht dieses Mal. Dieses Mal war es eine Sache der Ehre, und wenn Aal den Unterschied nicht verstand, dann verstehe er überhaupt nichts.
    Aal verstand eine ganze Menge. Es prallten unterschiedliche Prioritäten aufeinander, das war alles. Vier Sterne oder drei, würde in zwanzig Jahren noch ein Hahn danach krähen? Aal musste sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern.
    »Es liegt an der Brühe, das ist das ganze Geheimnis«, sagte Nathan. Er hatte seine Suppe schon halb aufgegessen und genoss jeden einzelnen Löffel. »Wenn sie das nicht verstehen, dann kann ich sie nicht gebrauchen. Man beginnt mit der richtigen Brühe« – noch ein Löffel – »dann hat man etwas, auf dem man aufbauen kann.«
    Aal nickte. Nathan meinte damit mehr als nur die kulinarischen Fähigkeiten. Jeder Mann muss die Philosophie für sein eigenes Leben finden, und eine Schüssel mit Suppe war dafür ein ebenso guter Ort wie jeder andere. Nach Aals Erfahrungen fanden die meisten Menschen noch nicht einmal die.
    »Aal«, fuhr Nathan fort, und seine gesamte Stimmlage hatte sich verändert. »Ich habe ein Problem.«
    Aal nickte erneut. Das war alles, was der andere sagen musste. Seine Stimmlage hatte etwas ganz anderes angedeutet: Kümmern Sie sich darum.
    »Wer ist es?«
    »Henry Cobb.«
    Nathans privater Buchhalter. Der Mann, der das unrechtmäßig erworbene Geld aus all den vielen Quellen einsammelte und wusch, sodass es schließlich so rein war wie frisch gefallener Schnee. Der Waschmann.
    »Henry wurde geprüft. Sie waren … ziemlich hartnäckig. Und ausgesprochen gründlich.«
    Aal seufzte. »Das ist nicht gut.«
    »Gäbe es ein Problem mit der hiesigen Gerichtsbarkeit, dann würden wir diese Unterhaltung jetzt nicht führen. Es gäbe keinen Grund dafür. Ich würde einige Anrufe machen, einige Kampagnen unterstützen und Derartiges. Das ist die zivile Art, Geschäfte zu machen.« Nathan gönnte sich genüsslich einen weiteren Löffel voll Suppe. »Aber die IRS … das ist eine Bundesbehörde. Die haben dort sehr viel Macht, und das sind Leute, die ich nicht kenne, Leute, von denen ich noch nie etwas gehört habe. Sie setzen Henry ziemlich hart zu.«
    Aal begann, die unausgesprochene Botschaft zu begreifen. »Versuchen sie, ihn umzudrehen?«
    Nathan presste grimmig die Lippen zusammen und nickte. »Sie kennen Burke, aus dem Büro des Staatsanwalts? Er sagt, er habe gehört, dass sie ihm eine saubere Akte geben und ihn ins Zeugenschutzprogramm aufnehmen wollen.«
    »Hat er angenommen?«
    »Er denkt noch darüber nach, das habe ich zumindest gehört. Was ich jedoch nicht hören will, ist, dass er Ja sagt. Ich will ihn auch nicht Nein sagen hören. Ich will überhaupt nichts mehr über Henry Cobb hören, niemals mehr, mit Ausnahme seiner Traueranzeige.«
    »Ich werde mich heute Nacht darum kümmern.«
    »Sie haben doch noch diesen kleinen Porzellantopf mit seinem Namen darauf, nicht wahr?«
    Aals dünnes Lächeln erschien erneut auf seinem Gesicht. »Aber natürlich. Und Sie möchten … das Übliche … für jemanden in seiner Position?«
    »Genau.« Nathan rührte mit seinem Löffel in der Schüssel herum. »Jeder, der

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