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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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denkst. Vielleicht hast du gelernt, dass du trotz allem ein Gewissen besitzt. Worum geht es hierbei, Jus? Du hast ein Jahr dort gearbeitet. Also warum jetzt? Ist es wegen dieser Werbung?«
    Sie sah ihn im Licht des Mondes und der Straßenlaternen nicken, das Blinken des Neonschilds gegenüber war durch die Vorhänge zu sehen. Die Werbung. Offensichtlich. Sie war an sich völlig harmlos, als ob die Welt eine weitere Art brauche, auf die man Kaffee zubereiten konnte. Ah, aber die Art, wie sie entstanden war. Er hatte mit dieser Burke-und-Hare-Bemerkung vorhin wirklich keinen Scherz gemacht.
    »Hättest du vor zwei Jahren diese Werbung schreiben können«, setzte sie an, »die Teile des Filmes entfernen und dabei noch nicht einmal blinzeln?«
    »Ohne nachzudenken.«
    »Also hast du vielleicht gelernt, wo deine Grenzen sind, aber du weißt noch nicht, wie du damit leben kannst.« Sie drückte unter dem Laken seine Hand, spürte, wie seine Finger zuckten, eine oberflächliche Erwiderung. »Willst du denn aufhören?«
    Ein kurzes Auflachen. »Würde es sie überraschen? Das wäre fast schon lustig, weißt du?« Er sinnierte, und es mischte sich bittere Ironie in seine Stimme. »Sie würden glauben, dass ich ein besseres Angebot bekommen hätte. Ich frage mich, wie viel Lohn sie zusätzlich ausspucken würden.«
    »Ah, der unersetzliche Mann.«
    »So wird das Spiel nun mal gespielt, und das weißt du.«
    »Mmm-hmm.« Ihr fiel auf, dass er die Frage nicht wirklich beantwortet hatte.
    »Weißt du was? Versagen hat etwas fast Romantisches an sich, solange man dabei nur galant genug bleibt. Wenn man allem den Rücken zuwendet, wenn sich gerade alles zu fügen scheint. Das hat wirklich einen gewissen Reiz.«
    »Der alte J.D. Salinger-Geist.«
    »Ich hatte ihn«, sagte Justin langsam, und seine Stimme klang dramatisch, nach einem großen Verlust, »und ich habe alles fortgeworfen.«
    Eine gute Grabinschrift für eine beeindruckende Karriere. Und sosehr sie sich auch anstrengte, so fiel ihr doch niemand ein, auf den sie besser zutraf.
    Sie selbst natürlich ausgenommen.

8
T WIN O AKS
     
    New Orleans International Airport, seine zweite Ankunft im Verlauf von nur zwei Monaten. Justin kam neben Leonard Greenwald aus dem Gate, sie waren die Ersten, die aus der ersten Klasse stiegen; sie trugen ihr Wochenend-Handgepäck und suchten mit den Augen die Masse der Wartenden ab. Dort waren nur fremde Gesichter, die genauso wenig Interesse daran hatten, einen zu sehen, wie man selbst, sie zu erblicken.
    »Man merkt gleich, dass wir wichtig sind«, sagte Justin. »Wir müssen unseren Fahrer an seinem Schild erkennen.«
    »Mir ist jeder Preis recht, der mich für ein Wochenende aus der Tretmühle befreit.«
    Um sie herum brandete die Wiedersehensfreude auf, es wurde geküsst und umarmt, und einsame Reisende, die an diesem Freitagnachmittag niemand abholte, drängten sich durch die Menge, um in diesem Wettrennen der Wochenendpendler die Oberhand zu gewinnen. Sie drehten gemächliche Kreise und wurden von dem Zustrom von hinten überrannt.
    Aber es war Mullaveys Geld. Wenn er es verprassen wollte, dann gab es keinen Grund, ihn daran zu hindern.
    Es war erst zwei Wochen her, dass ihre falsche Scarlett den Äther erobert hatte, und wie man es auch betrachtete, die Magnolienblüten-Kampagne war ein voller Erfolg. Eine daran angelehnte Printkampagne, die das Bild von Scarlett auf der Schaukel aufnahm, war in Magazinen, Zeitungen und Sonntagsausgaben erschienen. Ein zweiter Fernsehspot – der darstellte, wie sich Scarlett weigert, das brennende Atlanta zu verlassen, bevor ihr Kaffee fertig war – war soeben gestartet worden, und zwei weitere sollten in den kommenden Wochen folgen.
    Und die Kaffee kaufende Bevölkerung nahm sie zur Kenntnis. Magnolienblüten-Kaffeepads verschwanden so schnell aus den Regalen, wie sie eingeräumt werden konnten. All diese Koffeinsüchtigen mit Südstaatenromantik im Herzen, bei denen der Komfort einen wichtigen Punkt der Tagesordnung darstellte und deren demografische Profile sie zur Zielgruppe erklärten.
    Als Würdigung ihrer Leistungen, die ihn mehr als zufriedengestellt hatten und die in beinahe unmenschlicher Zeit vollbracht worden waren, hatte Andrew Jackson Mullavey die beiden für ihn wichtigsten Mitarbeiter von Segal/Goldberg aus Tampa eingeladen. Copywriter Justin Gray und Kundenbetreuer Leonard Greenwald wurden höflich gebeten, sich am Wochenende des zwanzigsten September auf dem Landgut von Andrew

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