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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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aufgenommen?«
    Mullavey lachte laut. »Soweit ich gehört habe, planen sie die Markteinführung unverändert für Mitte Oktober, genau wie zuvor. Dieser Knabe muss meinen Staub fressen, und ich habe gehört, dass ihm das ganz und gar nicht gefällt! Ganz und gar nicht!«
    »Wie haben Sie das erfahren?«, wollte Justin wissen.
    »Nun«, sagte Mullavey und zog die Sache in die Länge, er genoss die Situation und war offensichtlich stolz auf sich und sein Imperium. »Ich glaube an den Austausch von Informationen als Teil der freien Marktwirtschaft.« Seine plumpen Wangen glühten und liefen vor Vergnügen rot an. Er grinste und breitete die Hände weit aus, sodass sich Justin den Rest denken konnte. Das war nicht weiter schwierig. Spione waren heutzutage überall; Justin nahm an, dass sich ein Paar ferngesteuerter Augen beinahe überall anheuern ließ.
    »Und für den Teil, bei dem Sie, meine Herren, Ihre Hand im Spiel hatten, möchte ich Ihnen persönlich danken. Genießen Sie meine Gastfreundschaft und lassen Sie mich Ihnen meine Dankbarkeit auf mehr als nur eine Weise zeigen, wenn sie bereit sind, diese zu akzeptieren.« Er zwinkerte. »Dann werden Sie sehen, was Ihnen die Früchte Ihrer Arbeit eingebracht haben.«
    Leonard grinste zurück. »Und was könnte das sein?«
    Mullavey zog amüsiert einen Mundwinkel nach unten und wedelte mit einem Finger in der Luft herum. »Geduld, Leonard, Geduld. Ich werde Ihnen nur so viel sagen, dass dies ein Wochenende für Gentlemen wird und dass sich meine Frau momentan in Atlanta aufhält. Und der erste Punkt der Tagesordnung ist, dass wir unsere Bäuche mit dem allerbesten Mahl vollschlagen, das einer von Ihnen jemals zu sich genommen hat, wenn ich das so sagen darf.«
    Die kulinarischen Köstlichkeiten ließen noch auf sich warten, aber der Schauplatz war mehr als angemessen dafür. Der Esstisch, an dessen Ende sie nur drei der zwanzig Stühle besetzten, war etwa sechs Meter lang, und über jedem Ende hingen zwei dieser dunkel lackierten Bronzekronleuchter. Ob Absicht oder Zufall, so war es doch leicht, sich unter diesem Dach ausgesprochen unbedeutend zu fühlen.
    Die Vorspeise war ein Meeresfrüchtegumbo, den ein Mitglied des Küchenpersonals in einer Silberschüssel servierte. Dazu gab es französische Brotscheiben mit Butter, echter geschlagener Butter und keiner dieser Margarinenachahmungen, die angeblich gesünder sein sollen. Das Festmahl wurde mit einer Forelle Marguery in Soße, einer Spinatmousse und einem Maispudding fortgesetzt. Alles war ganz offensichtlich von Experten zubereitet worden; die Küche schien ein unvorstellbares Heiligtum zu sein, aus dem diese göttlichen Speisen einfach nur auftauchten. Es war einfach unvorstellbar, dass man jeden Tag so essen konnte. So brachte man Menschen zum Explodieren, nicht wahr? Mit verstopften Arterien.
    »Hat einer von Ihnen schon Erfahrungen mit der Küche von Louisiana sammeln können?«, wollte Mullavey wissen.
    Justin zuckte mit den Achseln, dachte dann aber, dass er doch lieber etwas sagen sollte. Er hatte während des gesamten Essens bisher erst etwa zehn Sätze von sich gegeben, während Leonard das Gespräch größtenteils übernahm. »Ich habe mal versucht, geschwärzten roten Umberfisch zu machen«, sagte er, »aber dann ging mir die Schuhcreme aus.«
    Mullavey starrte ihn einen Moment lang an, und seine Verwirrung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Dann ging ihm ein Licht auf, etwas verspätet, und auf der anderen Tischseite sah Leonard aus, als habe er vor lauter Schreck gerade einen fahren lassen.
    »Das muss ich mir merken, Justin, und beim nächsten Mal anbringen, wenn ich mich mit meinem Vizepräsidenten für Meeresfrüchte treffe.« Sein fröhliches Kichern ließ langsam nach und man konnte sehen, wie sich der Verstand des Mannes erneut seinem eigentlichen Gedankengang zuwandte. »Man muss die Cajunphilosophie einfach bewundern, wenn es ums Kochen geht, und das gehört zu den Dingen, die ich an diesem Staat so sehr liebe. Wenn es läuft, fliegt, schwimmt und sie es fangen können, dann kommt es, bei Gott, auch auf den Teller.« Mullavey reckte sich kurz auf seinem Stuhl und lockerte die Knöpfe seiner Weste. »Eine solche Philosophie führt einen in eine frühere Zeit zurück. In eine bessere Zeit. Eine Zeit, in der man stark, schnell und drahtig sein musste, wenn man mitsamt seiner Familie nicht verhungern wollte.« Er schüttelte seinen Kopf in abgeklärter Bewunderung und lächelte dann in

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