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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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Das war wirklich verlockend. All diese Flaschen, und es war nicht eine mit Fusel dazwischen.
    Er knallte die Tür zu.
    »Und wo ist der andere, wo ist Mr Greenwald?«
    Justin deutete in Richtung des zweiten Stocks. »Der ist wahrscheinlich bei Terri. Sie schabt ihm das letzte bisschen Haut vom Schwanz. Er kommt bestimmt gleich. Ich wollte nur schon mal ein wenig frische Luft schnappen.«
    »Hat Ihnen Ihr Wochenende hier gefallen?«
    Die Frage klang recht neutral, fand Justin. Und war das Paranoia, was er in sich spürte, dass er jeden, der in Mullaveys Diensten stand, gleich als Spion ansah? Er war nah dran, aber noch nicht ganz so weit.
    »Es war anders.« Justin streckte sich zu voller Größe, wuschelte sich durch die feuchten Haare und drehte sich langsam um, sodass sich der Panoramablick von Haus und Landschaft vor ihm erstreckte. »Das Land hier ist wunderschön, das ist es wirklich. Das Essen ist hervorragend. Aber im Großen und Ganzen … würde ich meine Wochenenden doch lieber zu Hause verbringen.«
    »Wo kommen Sie doch gleich noch mal her?«
    »Aus Tampa.«
    Napolean nickte und schien darüber nachzudenken. Er faltete seinen Lappen zusammen und verstaute ihn im Kofferraum des Wagens. Dann zog er sich den Ärmel seines Hemdes über die Hand, um den Kofferraumdeckel derart geschützt zu schließen.
    »Eines Tages möchte ich auch mal nach Florida. Ich bin noch nie dort gewesen. Ist es da schön? Gefällt es Ihnen da?«
    »Es hat seine guten Seiten. Mir gefällt es dort sehr.«
    Napolean nickte und lächelte ermutigend. Als wolle er mehr hören. Möglicherweise einen Reisebericht. »Liegt Ihre Stadt in der Nähe von Miami?«
    Die Frage war erschreckend. Napolean kannte sich auf den Straßen in und um New Orleans zwar sehr gut aus, aber sein Wissen über die Geografie in ferneren Gefilden schien seltsam begrenzt zu sein.
    »Nein, eigentlich nicht.«
    Ein enttäuschtes Stirnrunzeln. »Zu schade, Mann. Miami, das kenne ich aus dem Fernsehen. Ich habe die Serie gesehen, Miami Vice, die hat mir gut gefallen. Kennen Sie die Männer aus der Serie? «
    Justin lächelte. Diese Naivität war auf sonderbare Weise liebenswert. »Die kenne ich leider nicht. Und wo kommen Sie her? Sie und die anderen Hausangestellten?«
    »Wir kommen alle aus Haiti.«
    Justins Lächeln wurde breiter. »Und warum klingen Sie dann, als wären Sie Jamaikaner?«
    »Sie merken das, es ist Ihnen aufgefallen, was?« Napolean lachte erfreut, offensichtlich war er mit dem Erfolg seiner List zufrieden. »Ich fahre Mr Andrew hierhin und dorthin. Ich sehe in meinem Job viele Leute, aber sie sehen mich nicht immer, verstehen Sie? Ich bin nur der Fahrer. Also versuche ich, etwas anders zu klingen. Damit sie sich freuen, mich zu hören. Wenn sie wissen, dass ich Haitianer bin, werden sie vielleicht deprimiert und denken: ›Oh, der arme Mann, er kommt aus dem ärmsten Land in diesem Teil der Welt.‹ Also täusche ich sie, da ich keine traurigen Menschen zurücklassen will.«
    »Und warum erzählen Sie mir dann die Wahrheit?«
    Napolean streckte sich ein wenig, rubbelte mit der Faust an seinem Kinn herum und sah ihn dann von der Seite an. Widerwillig. »Warum ich es Ihnen erzähle? Sie sahen heute sowieso schon traurig aus. Wie kann ich Sie da noch trauriger machen?«
    Justin lachte, das tat gut. Er hätte wetten können, dass sein Blutdruck um zehn oder zwanzig gefallen war, seitdem er sich hier draußen aufhielt. Napolean schlug vor, aus der Sonne zu gehen, wenn sie das Gespräch fortsetzen wollten, also wanderten sie von den Ziegelsteinen hinüber zum Rasen, wo das Gras einen guten Sitzplatz abgab.
    Justin fragte ihn nach Haiti, wie lange er von dort weg war. Neun, zehn Jahre, er sei damals noch ein Junge gewesen. Er erinnerte sich nicht mehr sehr gut daran; nur die Armut und der Schmutz hatten sich eingeprägt.
    Seine Mutter war dort gestorben, sein Vater war hierhergekommen, um sich eine Arbeit zu suchen, und er hatte offenbar den Großteil seines Lebens auf Mullaveys Anwesen verbracht. Ein gutes Leben. Justin fragte ihn nach den Menschen auf dem Zuckerrohrfeld, er wollte wissen, ob sie ebenfalls aus Haiti stammten.
    »Sie wissen auch von ihnen?«, staunte Napolean, er war offensichtlich überrascht, und Justin erzählte ihm, dass er bei einem Spaziergang auf das Feld gestoßen war. »Ja, sie stammen ebenfalls aus Haiti. Mr Andrew stellt gern Haitianer ein. Wir können hart arbeiten.«
    Die ganze Zeit hatte Justin schon überlegt, wie er die

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