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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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Grenzen erfuhr, selbst wenn dies mit einem gefälschten Pass geschah. Er hatte protestiert, dass ihn jemand von der Zollbehörde erkennen könnte. Blödsinn, hatte Aal gedacht, und Nathan Forrest hatte bloß gelacht und gesagt, dass dieser Mann ein Ego besäße, dessen Größe dem seines Schweizer Bankkontos entsprach. Aber angesichts des Letzteren konnten sie das wohl oder übel tolerieren. Daher bekam er eine mitternächtliche Bootstour, wenn ihn das glücklich machte.
    »Wo werde ich wohnen?«, wollte Faconde wissen.
    »Gleich westlich von New Orleans. Auf dem Landgut von A.J. Mullavey. Da ist viel Platz, Ihnen wird es dort bestimmt gefallen. Es liegt auch sehr abgelegen.«
    »Er hat noch immer haitianische Arbeiter, nicht wahr? Man könnte mich erkennen.«
    Aal schüttelte den Kopf. »Das wird nicht geschehen. Hören Sie zu, Luissant, Sie waren ein Minister der Regierung und zuständig für die Kaffeeexporte. Sie waren nicht sehr auffällig. Der Großteil dieser Leute kommt vom Land, und die Hälfte von ihnen würde nicht einmal Jean-Claude Duvalier erkennen, wenn er ihnen begegnete.«
    Faconde schürzte die Lippen. Er sah mit leichtem Stirnrunzeln zu Boden, dann nickte er. »Wahrscheinlich haben Sie recht. Ich mache mir einfach zu viele Sorgen.« Dann stand er auf und trat direkt hinter den Cajun am Steuerrad, um eifrig in die Nacht hinauszublicken und den Weg zu erkunden, der vor ihnen lag. Um auf dem Mondlicht den ganzen Weg bis zum Bayou Rouge zu reiten.
    Faconde warf einen Blick zurück, und sein Gesicht strahlte.
    Er war bereit für all den Spaß, den er sich mit seinem Geld kaufen konnte.
     
    Die ersten Caribe-Kaffeepads wurden in der Woche um den vierzehnten Oktober ausgeliefert. Von Anfang an sah es so aus, dass sie keine große Bedrohung für die bereits in den ersten sechs Wochen auf dem Markt etablierte Magnolienblüte sein würden, zumindest nach allem, was bis zu Justin in seinem Büro durchgedrungen war. Hinter Magnolienblüte stand ein Nahrungsmittelhersteller mit einer gewaltigen Marketingmaschinerie, die bereits national zugeschlagen hatte. Caribe ging sehr viel kleiner an den Start; man begann mit einer regionalen Distribution im Südosten und wollte dann darauf aufbauen.
    Dementsprechend kleiner als bei der Konkurrenz war auch die Werbekampagne, und in dieser Hinsicht hatte Justin ein leichtes Gefühl der Großspurigkeit. Einige Radiospots – im Hintergrund von Reggeamusik untermalt, oh, welche Überraschung, das hätte er auch im Schlaf noch geschafft – und ein paar Coupons in Tageszeitungen, Werbeanzeigen mit Palmwedeln, Kaffeebohnen und der geringen Fülle an Zutaten, die in den aromatisierten Varianten zu finden waren: Schokolade, Mandeln, Zichorie und einiges mehr. Eine akzeptable Werbung, aber nichts, was einen nicht mehr losließ. Damit ließ sich kein Blumentopf gewinnen.
    Donnerstagabend, 18 Uhr.
    Justin fiel an diesem Abend das Kochen zu, und wenn man ihn entsprechend motivierte, konnte er sich in der Küche in einen Derwisch verwandeln. Heute Abend gab es Kurzgebratenes; auf der Arbeitsplatte der Küche lagen klein geschnittene Pilze, Wasserkastanien, Zuckerschoten, Hühnchenstücke und noch so einiges andere. Er hielt das Messer in der Hand und bearbeitete damit die Bambussprossen. Der Wok stand schon auf dem Herd und das mongolische Feueröl direkt daneben. Heute Abend würden sie speisen, bis ihnen die Lippen brannten.
    April war hinten in dem abgetrennten Bereich, der als Wohnzimmer des Lofts diente. Dort standen eine Couch und Stühle, ein niedriger Tisch und die ganzen elektronischen Geräte; zurzeit lief gerade CNN, die Nachrichten des Tages, und alles verschmolz zu einer verschwommenen Geräuschkulisse. Er konnte hören, wie sie mit der Katze Ajax sprach: »Du armes Ding, bist du schon wieder rollig?«
    Die vergangenen dreieinhalb Wochen waren schön gewesen. Erschreckend schön. Er war von dem Wochenende bei Mullavey heimgekommen und empfand für diese Frau, die sich bereit erklärt hatte, ihr restliches Leben mit ihm zu teilen, eine völlig neue Wertschätzung. Ihr Kuss am Flughafen, als Justin gerade in Tampa aus dem Flugzeug gestiegen war … er hatte sich angefühlt wie ihr erster Kuss am Altar. All seine Aufmerksamkeit wandte sich April zu … mit Ausnahme dieses leichten Ziehens an seinem Hinterkopf. Er konnte Leonards Augen förmlich spüren; er spürte das traurige Brennen dieses Mannes, das vielleicht nichts als bloßer Neid war. Er vermisste die heißere Zeit

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