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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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für Verhöre gedacht.
    Christophe Granvier trat ein, und die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Er setzte sich auf einen der drei Holzstühle, die an einem kleinen Tisch standen. Dieser Raum war wirklich nicht sehr erfreulich. Da waren braune Kaffeeflecken an der Wand, und einige waren sogar bis an die Deckenplatten gespritzt. Man brauchte bloß die Augen zu schließen, und schon spürte man das Leid, das die Wände ausstrahlten, das Blut, das hier vergossen worden war, den kalten Schweiß der Geständnisse, die unter der Last des Gewissens oder unter Zwang abgegeben wurden. All den Hass, der in diesem Raum zu spüren gewesen war, sei es auf sich selbst, auf andere, all die Impulse, sowohl mörderische als auch selbstmörderische. All das konnte er fühlen.
    Es war seiner Meinung nach besonders pathetisch, in die Augen des Mannes zu sehen, der ihn in den Ruin getrieben hatte, und diesem zu sagen, dass er ihm vergeben habe. Dass er nichts weiter war als ein Instrument des Schicksals und dass das Schicksal keine andere Wahl hatte, als dem zuzufallen, für den es bestimmt war. Christophe hatte seinen Kopf bereits gesenkt und es hatte zugeschlagen. Er lebte noch, das reichte ihm. Eine größere Gnade hätte er nicht verlangen können.
    Die Tür öffnete sich, und dann waren sie zu dritt.
    »Ich bleibe hier bei Ihnen, Mr Granvier«, sagte der Cop, der ihn reingebracht hatte. Er war jung, trug eine Uniform und einen gepflegten Schnurrbart. »Das ist so Vorschrift. Ich hoffe, Sie verstehen das.«
    Der Officer setzte Fonterelle auf einen Stuhl und beanspruchte selbst ebenfalls einen. Er faltete die Arme vor der Brust und lehnte sich wie eine Statue an. Christophe bekam das alles kaum mit. Er konnte seinen Blick vor lauter Schreck gar nicht von Dorcilus Fonterelle abwenden.
    Dieser Mann war ein völlig anderer als der, an den er sich erinnerte, und es war nicht seine Erinnerung, die ihn da trog.
    Dorcilus Fonterelle saß in seinem Stuhl, als habe man ihm alle Knochen gebrochen. Er war ungefähr Ende zwanzig und sah nun bestimmt zwei Dekaden älter aus. Die zerfurchte Stirn, die eingefallenen Wangen, die aufgerissenen, zuckenden Lippen. Christophe hatte ihn nicht sehr gut gekannt, er hatte nur bei seinen gelegentlichen Rundgängen Gelegenheit gehabt, ihn zu sehen, aber er erinnerte sich an einen Mann mit robustem Humor und voller Energie.
    Und seine Augen …
    Das waren die Augen eines Menschen, der sowohl im wachen Zustand als auch im Schlaf mit Albträumen zu kämpfen hatte. Er starrte hinunter auf die Tischplatte und schüttelte den Kopf. Vielleicht hatte er nicht einmal gemerkt, dass sich Christophe im selben Raum befand – in diesem Augenblick war dies nicht zu erkennen.
    »Dorcilus«, sagte Christophe. Keine Antwort. »Dorcilus.«
    Er sah auf, langsam wie eine Schildkröte, und er schien ihn zu erkennen. Er kniff die Augen zu und sein Gesicht war ein Abbild großen Elends. Tränen rannen ihm die Wangen hinunter.
    »Kennen Sie mich?«, wollte Christophe wissen. »Wer bin ich?«
    Dorcilus schluckte schwer und senkte seinen Kopf mit einem fast unmerklichen Nicken.
    »Dann sagen Sie es mir. Wer sitzt hier vor Ihnen?«
    Christophe hörte den anderen seinen Namen flüstern, er krächzte die einzelnen Silben hervor.
    »Stimmt das, was sie sagen? Dass Sie den Kaffee vergiftet haben? Stimmt das?«
    Dorcilus rollte den Kopf in den Nacken, neigte ihn dann zu einer Seite, und die Tränen tropften ihm auf die Schulter. Ein erbärmliches Nicken und dann … »Ja …« Eine Motte hätte mehr Lärm gemacht.
    »Aber warum? Sagen Sie mir, warum?«
    Dorcilus saß da wie ein Mann, der körperlich gepeinigt wurde, als habe man ihn auf seinem Stuhl gekreuzigt. Seine Schultern waren die eines gebrochenen Mannes. Sie zuckten, und er griff mit knochigen Händen um sich, als wolle er sich selbst umarmen. Seine Augen blickten in die Ferne in eine Welt des endlosen Leides, und er weinte. Er zog abgehackt den Atem ein und jaulte dann, als würde er die Schmerzen eines Märtyrers erleiden.
    Es war ein wahrlich erschreckender Anblick. Er schien von innen heraus zu verkümmern, seine Kleidung hing ihm nur noch locker am Körper. Er war ein Mann, der nicht länger einen eigenen Willen besaß, etwas hatte ihn von innen heraus zerquetscht, als sei er nichts weiter als eine Kakerlake. Kummer, Reue, Bedauern … all das hatte Christophe schon sehr oft gesehen. Und obgleich all das auch bei Dorcilus Fonterelle zu erkennen war, machte diesen Mann noch etwas

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