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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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Autopsie war wenig aufschlussreich, als Todesursache wurde eine allergische Reaktion auf eine noch unbekannte Substanz ermittelt. Es stand außer Frage, dass er an seiner Zunge erstickt war, so etwas hatte es früher schon gegeben. Ein plötzliches Anschwellen der Lunge, der Bronchien und der Schleimhaut war typisch für eine Allergie gegen Fisch und Meeresfrüchte. Wenn Sprühflugzeuge über ein Gebiet geflogen waren, fielen dort zahlreiche Menschen den Organophosphaten zum Opfer. Ferner hatte das Gift in den Stacheln von Bienen, Wespen und Hornissen schon vielen das Leben gekostet.
    Aber selbst die bösartigsten Entzündungen brauchten im Allgemeinen mehrere Minuten, zuweilen sogar bis zu zwanzig, bis sich die ersten Symptome zeigten. Das war keine Sache, die in Sekundenschnelle passierte. Und bei den nach dem Tod durchgeführten Tests wurden alle denkbaren pathologischen Ideen verworfen.
    Das Unerklärbare ließ jedermanns Tod verdächtig erscheinen.
    Justin wollte seinen Kollegen am liebsten zurufen: Seht mich nicht so an. All jenen, die ihn behandelten, als sei die bizarre Tragödie, die ihm zugestoßen war, ansteckend. Ich war bloß zu Hause und bin zur falschen Zeit ans Telefon gegangen, das ist alles.
    Worüber hatte Leonard überhaupt reden wollen? Zu viele Möglichkeiten, nicht genug Einzelheiten. Als er Leonard da vor dem überfüllten Aschenbecher sitzen sah, hatte Justin zuerst gedacht, dass seine Ehe plötzlich Risse bekommen hätte. Er hatte das schon öfter erlebt, der Playboy der westlichen Welt, der auf einmal viel zu spät erkennt, dass er das verliert, was ihm wichtig ist. Oder Len war möglicherweise beim Arzt gewesen und hatte erfahren, dass er sich an dem Wochenende in New Orleans eine nette Geschlechtskrankheit eingefangen hatte.
    Aber dieser Satz, dieser eine Satz: Von allen Mitarbeitern der Agentur, die ich kenne – zumindest von denen, die darin verwickelt sind … Der grenzte die Sache doch ein, oder nicht?
    Freitagnacht dachte er noch immer darüber nach, was sie alles zusammen erlebt hatten. Seit seiner Ankunft in der Agentur hatte er allein fünfzehn Aufträge bearbeitet, dazu kamen die zahlreichen Freunde, Mitarbeiter und Bekanntschaften, die sie gemeinsam hatten. Überdies waren da noch die ganzen kleinen Taktiken, Gerüchte und die Agenturpolitik.
    Er dachte an die Caribe-Geschichte, als müsse er sie zumindest mit einbeziehen, um sie dann zu verwerfen. Auch wenn sie damit kaum etwas zu tun hatten, war ein Teil Restschuld zurückgeblieben, aber wer brauchte die schon? Auf seinem Weg nach oben zu den Büros von Segal/Goldberg schwor er sich, nie wieder daran zu denken.
    Es war Freitagnacht, dreiundzwanzig Uhr; eine größere Einsamkeit würde er wohl nie genießen können. Der Wachmann des Gebäudes – Angel, ein pummeliger Kubaner mit grauem Haar, dessen Haut so braun wie eine Pekanuss war – ließ ihn unten in die Lobby des Büroturms und witzelte herum, bis sich die Fahrstuhltür hinter Justin schloss. Dann ging es nach oben, allein und im Expressgang.
    Ein sanfter elektronischer Klang verkündete seine Ankunft im elften Stockwerk, er zog seinen Schlüsselbund aus der Jackentasche und suchte nach seinem Büroschlüssel. Er öffnete die gläserne Doppeltür, deren eine Seite das Segal/Goldberg-Logo zierte, das deutlich hervortrat und dessen Sans-Serif-Lettern rechts auf einer halben Sonne thronten.
    Es brannten noch genug Lampen auf seinem üblichen Weg, den er immer nahm. Hier die Farne, dort der Gummibaum. Er musste nicht einmal nachsehen, um zu wissen, welche Mülleimer der Reinigungsdienst noch leeren musste. Der Flor des Teppichbodens war von den zehntausend Fußabdrücken platt getreten.
    Aber die Kreativabteilung lag im Dunkeln. Der in einzelne Abteile unterteilte Pferch wartete auf die Herde, die Montagfrüh wieder hier einfallen würde. Wie viel kleiner und belangloser doch alles bei Nacht wirkte, ohne die ganzen Aktivitäten und das schädliche Adrenalin, das aufgrund lauernder Deadlines durch alle Adern pulsierte.
    Weiter.
    Leonards Büro lag noch einen Gang weiter im Flur der Kundenbetreuer. Sie besaßen eigene Büros mit wandhohen Fenstern. Er stand im dunklen Türrahmen und nahm den Anblick von Tampa bei Nacht in sich auf. Das Panorama der nächtlichen Zubringer glich einem lebendigen Porträt, das sich in jedem Moment änderte. Wäre diese Stadt wie Dorian Gray, wie würde dann wohl ihre Seele aussehen? Wie heilig oder wie verkommen?
    Justin schaltete das Licht in

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