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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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glaube nicht, dass Sie zu einer gerichtlichen Untersuchung viel beitragen können. Vermutlich werde ich Sie nicht einmal als Zeugen anhören.« Seine Stirnpartie entspannte sich, und um seine Augenbrauen glätteten sich die Falten. »Aber ich brauche mehr als das.« Sie machte eine Pause und fixierte ihn auf eine Weise, die den Menschen und nicht den Professor in ihm ansprechen sollte. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie und die anderen hier nicht nur von der Polizei befragt wurden?«
    »Das wäre nur logisch.«
    »In diesem Fall hätte man Ihnen zweifellos nahegelegt, den Inhalt der Gespräche geheim zu halten.«
    »Glauben Sie mir, Mrs. Cooper. Es gibt wirklich nicht viel zu erzählen.«
    »Ich bitte Sie ja auch gar nicht darum, einen Vertrauensbruch zu begehen. Vielleicht könnten Sie mir nur sagen, ob man Nazim Jamal für ein Mitglied einer extremistischen Gruppe gehalten hat. Ein Mitglied der Hizb ut-Tahrir zum Beispiel.«
    »Sätze dieser Art könnten gefallen sein.«
    »Noch eine Frage, deren Beantwortung Ihnen vielleicht schwerer fällt: Wurden außer Nazim Jamal und Rafi Hassan noch andere Studenten verdächtigt, der Gruppe anzugehören?«
    Brightman schüttelte schnell den Kopf. »Mir gegenüber hat niemand so etwas erwähnt.«
    »Haben Sie damals eine offizielle Aussage gemacht?«
    »Nein. Es gab nur ein paar informelle Gespräche.«
    Jenny musterte ihn einen Moment und fragte sich, was für Gründe ein Physikprofessor haben mochte, Informationen zurückzuhalten. Vermutlich war die Universität über einen längeren Zeitraum hinweg von den Geheimdiensten beobachtet worden. Sicher hatte man die Institutsmitglieder angewiesen, alle Studenten zu melden, die verdächtig waren, extremistischen Neigungen nachzugehen, und sehr wahrscheinlich hatte man praktisch alle Tutoren als Spione angeworben. Und einmal Spitzel, immer Spitzel. Möglicherweise hatte Professor Brightman noch immer eine Telefonnummer in seinem Adressbuch, die er in Abständen anzurufen versucht war, wenn auch nur, um sich selbst zu schützen. Hätte er Jenny das alles erzählt, wäre es im besten Fall für ihn kompromittierend gewesen. Darüber hinaus würde seine Kontaktperson vom MI5 die unabdingbare Bedeutung von Diskretion betont haben. Wollte man den Radikalen auf die Schliche kommen, musste die Universität einen Teil ihrerAktivitäten dulden, denn würde bekannt werden, dass sämtliche Mitarbeiter auch Informanten waren, dann würde man die Extremisten in den Untergrund treiben.
    »Mir ist bewusst, wie heikel die Sache für Sie in Ihrer Position sein muss«, sagte Jenny, »aber vielleicht könnten Sie mir helfen, Kontakt zu ein paar von Jamals damaligen Kommilitonen herzustellen. Wer weiß, vielleicht erinnert sich einer von ihnen an etwas, das ihm damals nicht wichtig erschien.«
    »Dafür würde ich Sie gerne an die Verwaltung verweisen«, sagte er. »Die Mitarbeiter haben sämtliche Daten des entsprechenden Jahrgangs gespeichert. Eine unserer Assistentinnen gehört übrigens auch dazu, aber sie ist zurzeit leider auf einer Konferenz in Deutschland. Ihr Forschungsteam hat ein neues Teilchen entdeckt.« Er lächelte und war offensichtlich erfreut über die Aussicht, dass sich die Unterredung dem Ende zuneigte.
    »Glückwunsch. Wie heißt sie?«
    »Sarah Levin. Dr. Sarah Levin, so sollte ich wohl besser sagen. Sie ist einer unserer zukünftigen Stars.«
    Der Name kam Jenny bekannt vor. »Hat sie nicht damals eine Aussage gemacht?«
    »Schon möglich. Ich bin mir sicher, dass sie alles getan hätte, um behilflich zu sein.«
    Professor Brightman rief in der Verwaltung an, um Jenny ein Treffen mit einem Mitarbeiter zu organisieren, der ihr anschließend eine Liste der ehemaligen Studenten aus Nazims und Rafis Jahrgang einschließlich der Kontaktdaten ausdruckte. Jenny nahm die Papiere mit und ließ sich die Datei außerdem in ihr Büro mailen, damit Alison sofort mit den Telefonaten beginnen konnte.
    Als sie über den Campus zurückging, nutzte sie die Gelegenheit, die Studenten zu beobachten und die Atmosphäre auf sich wirken zu lassen. Das erste Grüppchen, das ihr über den Weg lief, trug teure, lässige Kleidung, hatte Laptops umgehängt und telefonierte mit Handys. Junge Männer und Frauen schienen einen lockeren Umgang miteinander zu pflegen, von daher war es vermutlich kein Zufall, dass die Ankündigungen politischer Aktivitäten am Schwarzen Brett von den Einladungen zu Partys und Happy Hours in diversen Bars bei Weitem

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