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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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…«
    »Erinnern Sie sich noch, dass McAvoy, bevor er ins Gefängnis musste, einen Privatdetektiv angeheuert hat? Der wiederum hat eine alte Dame aufgetrieben, die vor ihrem Haus am besagten Tag einen schwarzen Toyota gesehen hat, in der Nähe der Wohnung, in der die halaqah stattfand.«
    »Ich habe mit diesem Mr. Dean geredet, aber er sagte, die Dame sei verwirrt gewesen. Möglicherweise habe sie sogar die Nacht verwechselt.«
    »Das hat sie nicht. Vielleicht wollte Ihnen Mr. Dean keine allzu großen Hoffnungen machen … Ungefähr sechs Monate später hat McAvoy ihn gebeten, der Spur nachzugehen. Er hat einen Mautkassierer an der alten Severn Bridge aufgetrieben. Am 28. Juni 2002 ist ein schwarzer Toyota an seinem Kassenhäuschen vorbeigekommen. Er erinnert sich noch, dass vorne zwei Weiße und hinten zwei junge Indopakistaner gesessen haben. Die Jungen wirkten verängstigt.«
    »Wer ist der Mann? Warum hat mir Mr. Dean nichts von ihm erzählt?«, fragte Mrs. Jamal entsetzt.
    »Offenbar hat man ihn bedroht. Wir können nicht ganz sicher sein, dass er die Wahrheit sagt. Aber er behauptet, in der nächsten Woche habe ihm einer der weißen Männer aufgelauert und seiner Enkelin Farbe ins Haar gesprüht.«
    Mrs. Jamal legte ihren Kopf in die Hände. »Ich verstehe das nicht. Warum jetzt? Wer hat in dem Wagen gesessen?«
    »Das möchte ich herausfinden.«
    »Und Sie sagen, Mr. McAvoy hat davon gewusst? Ich habe diesem Mann nie getraut.«
    »Er kannte nur einen Teil von der Geschichte. Als Mr. Dean starb, saß Mr. McAvoy im Gefängnis.«
    Mrs. Jamal griff nach einer Packung Taschentücher.
    »Ich weiß, dass das schon schwer genug zu verkraften ist«, sagte Jenny, »aber Mr. McAvoy erinnert sich auch noch daran, dass Sie mal behauptet haben, Nazim hätte eventuell schon vor Dani James eine Freundin gehabt.«
    »Mein Sohn hat sie nicht angerührt. Sie ist eine Prostituierte. Sie beschmutzt sein Andenken.«
    »Warum sagen Sie das?«
    »Sie haben doch gehört, was sie behauptet hat: Sie hatte eine Krankheit .«
    »Es könnte aber wichtig sein. Haben Sie Mr. McAvoy von einem anderen Mädchen erzählt?«
    Sie schwieg und presste ein Kleenex an ihre Augen.
    »Es ist keine Schande, eine Freundin zu haben. So sind die jungen Leute.«
    »Wir nicht.«
    »Mrs. Jamal, ich kann keine Untersuchung durchführen, wenn ich nicht über sämtliche Informationen verfüge. Sie sind rechtlich dazu verpflichtet, mir zu helfen.«
    »Sind Sie gekommen, um mich zu bedrohen?«
    »Natürlich nicht.«
    Mrs. Jamal putzte sich geräuschvoll die Nase. »All diese Fragen. Was soll das? Sie können doch gar nicht wissen, wer lügt. Niemand kann das.« Sie sah zu einem Foto von Nazim hoch, auf dem er sechzehn sein mochte. Ein Junge, der wie ein Mann posierte, die Augen groß und gefühlvoll, dieHaut zart, dunkel, makellos. Er wirkte wie aus einer anderen Welt.
    »Ich hätte mich sofort in ihn verliebt. Anderen Mädchen muss es ähnlich gegangen sein«, sagte Jenny.
    Es herrschte langes Schweigen, bevor Mrs. Jamal sprach. »Ich weiß nicht, was sie Nazim bedeutet hat. Es war am Ende des ersten Trimesters. Er hatte sein Handy hier vergessen. Ein Mädchen hat angerufen und nach ihm gefragt.«
    »Hat sie ihren Namen genannt?«
    »Nein.«
    »Was hatten Sie für einen Eindruck von ihr?«
    »Sie wird ungefähr so alt gewesen sein wie er. Drückte sich ganz gut aus. Eine Weiße.«
    »Sie konnten erkennen, dass es eine Weiße war?«
    »Natürlich.«
    »Woher wussten Sie, dass es sich nicht einfach nur um eine Freundin handelte?«
    »Als sie meine Stimme hörte, klang sie schuldbewusst, als hätte ich sie bei irgendetwas ertappt. Sie hat das Gespräch schnell beendet.«
    »Haben Sie den Anruf Nazim gegenüber erwähnt?«
    Mrs. Jamal schüttelte den Kopf. In ihrer Miene erkannte Jenny etwas, das tiefer ging als Trauer – die Angst, ihr Sohn könnte eine andere Frau mehr geliebt haben als sie.
    »Ich muss mehr darüber wissen, wie Nazim zu jener Zeit gelebt hat«, sagte Jenny. »Denken Sie, Rafi Hassan könnte seiner Familie irgendetwas erzählt haben?«
    »Die werden Ihnen nicht helfen. Sie machen Nazim für alles verantwortlich. Die Art, wie seine Mutter mich anschaut – sie könnte mir genauso gut ins Gesicht spucken.«
    »Vielleicht sollte ich ihnen heute Nachmittag mal einen Besuch abstatten. Falls die Hassans etwas zu sagen haben, werde ich es Sie wissen lassen.«
    Mrs. Jamal zuckte mit den Achseln.
    Jenny spürte, dass die Unterhaltung ihrem Ende zuging.

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