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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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Haus seines Vaters auszuziehen – David hatte den Umzug stillschweigend, aber sehr entschieden missbilligt –, und Ross’ Entscheidung, ihr zu vertrauen, hatte bei ihr das Gefühl hinterlassen, dass es ein Test war, um ihre Eignung als Mutter und ihre Belastbarkeit nach dem Nervenzusammenbruch zu überprüfen.
    Sie parkte vor ihrem Cottage Melin Bach und blieb im Dunkeln sitzen, um Kraft zu sammeln. Natürlich würde sie sich irgendwie zusammenreißen können, aber die Energie, um locker und gut gelaunt zu sein, fehlte ihr. Ihre Schwäche machte sie wütend. Mit Beruhigungsmitteln würde es ihr besser gehen, und sie würde wenigstens das Gefühl haben, alles kontrollieren zu können. Ein Teil von ihr wünschtesich, in ihr Haus gehen, sich ins Bett legen, durchschlafen und am nächsten Morgen ihre Tabletten nehmen zu können, aber sie musste das Abendessen machen und sich mit Ross unterhalten. Wie ein unüberwindbarer Berg ragten die beiden Aufgaben plötzlich vor ihr auf. Sie griff nach den Betablockern, biss eine Tablette in der Mitte durch und schluckte.
    Gott sei Dank gab es Medikamente. Gott sei Dank.
    Das Engegefühl in ihrer Brust hatte schon etwas abgenommen, als sie das Haus betrat. Sie öffnete die Wohnzimmertür und sah Ross und Steve auf dem Sofa sitzen und Sandwiches essen.
    »Ah, hallo.« Steve stand auf. »Ich bin auf dem Weg zum Pub vorbeigekommen und wurde aufgehalten.«
    Jenny wandte sich an Ross, dessen Blick am Fernseher klebte. »Ich nehme an, du möchtest kein Abendessen mehr.«
    »Nein, danke. Ich geh gleich zu Karen.«
    »An einem Dienstag?«
    »Warum nicht?«
    Ihr fiel keine Antwort ein, die sie nicht wie eine der Mütter klingen ließ, die sie partout nicht sein wollte. Also verlegte sie sich auf einen Kompromiss. »Sieh aber zu, dass du um elf wieder zurück bist. Du möchtest morgen sicher nicht total erschöpft sein.« Dann ging sie in die Küche.
    »Kann ich etwas für dich tun?«, fragte Steve.
    »Nein, alles bestens.«
    Sie ging die Reste im Kühlschrank durch – er schien sich so schnell zu leeren, wie sie ihn füllte –, als sie Steve hinter sich hörte. Er stellte seinen leeren Teller ab und legte eine warme Hand um ihre Hüfte.
    »Harter Tag?«
    Sie wünschte, er würde sie nicht anfassen. Im Momentwaren seine Berührungen nur eine zusätzliche Belastung. »Nicht härter als sonst.«
    »Bis später!«, rief Ross aus dem Wohnzimmer herüber.
    Steve schwieg einen Moment und ließ seine Hand auf ihrem Rücken liegen, als sie sich einen alten Kopfsalat, eine Tomate und einen Käserest angelte. Die Haustür öffnete und schloss sich wieder. Sie waren allein.
    »Du bist angespannt«, sagte Steve.
    »Nur müde.«
    Sie entzog sich ihm und nahm einen Teller aus dem Schrank. Es verunsicherte sie, dass er zuschaute, wie sie sich ihr einfaches Abendessen machte.
    »Ross hat gesagt, dass du in letzter Zeit nicht locker sein kannst.«
    »Ach ja?«
    »Es ist hart, wenn man allein ist.«
    Darauf gab es keine Antwort. Sie klopfte den Rest French Dressing aus einer Flasche und blickte ohne Begeisterung auf den labbrigen Salat auf ihrem Teller. Eigentlich hatte sie gar keinen Hunger.
    Steve stellte sich hinter sie, legte beide Arme um ihren Bauch und hielt sie so lange fest, bis sie sich hinreichend entspannt hatte, um sich gegen ihn zu lehnen. Durch ihre Kleidung spürte sie seinen festen Körper.
    »Du bittest mich nie um etwas«, sagte er leise. »Du bist nicht allein, Jenny.« Er küsste ihren Nacken. »Ich bin da.«
    Sie drehte sich zu ihm um und ließ ihn ihr Gesicht, ihre Augen, ihren Mund küssen. Sie versuchte sich in dem Augenblick zu verlieren, sich von seiner Nähe überwältigen zu lassen und die belastenden Gedanken aus ihrem Kopf zu verdrängen. Sie sträubte sich nicht, als er ihre Hand nahm und sie die Treppe hochführte. Wortlos ging sie mit ihm zu ihrem Bett und schaffte es für eine Weile, alles zu vergessen.
    Hinterher rollte sie sich dicht neben ihm zusammen. Der Heizlüfter im Schlafzimmer war bestenfalls lauwarm, und die Kälte der Nacht hatte etwas Gnadenloses. Ihr Atem kondensierte fast in der eiskalten Luft. Unruhig döste Jenny vor sich hin, während sich vor ihren Augen ein Karussell von Gesichtern drehte.
    In der Ferne hörte sie Steves Stimme. »Bist du wach?«
    Sie überwand sich, die Augen zu öffnen. »Was?«
    Sanft strich er ihr die Haare aus dem Gesicht. »Du hast etwas gemurmelt.«
    »Etwas Interessantes?«
    »Ich konnte es nicht verstehen.«
    Das besorgte

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