Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)
seinen Tod einem Bandenkrieg zu.«
»Und leider ist auch der mitteilsame Kronzeuge tot. Wie der Zufall so spielt. Jetzt sind es sieben außer Rosenfeld. Desirée, Angela K ., drei Rumänen, Pio Janssen und Héctor. Zählt man den Russen dazu und Rosenfelds Steuerberater, wären es neun.«
Richard runzelte die Stirn.
Meisner seufzte. »Man mag nicht an Zufall glauben, gell?«
»Gibt es denn neue Erkenntnisse?«, fragte Richard.
Sie schüttelte den Kopf. »Einzig Héctor Quicio gibt Spielraum für Spekulationen. Juri war, wie wir inzwischen wissen, tatsächlich in Dénia. Aber eine Gewalttat ist nicht nachzuweisen. Als Angela K . und Desirée starben, saß Katzenjacob längst in U -Haft. Desirée ist zudem definitiv allein in ihrer Wohnung verstorben. Angela K . kam bei einem tragischen Unfall ums Leben. Der Fahrer des Wagens war ein Siebzehnjähriger, der keinerlei Verbindung zum Fall Rosenfeld hat.«
»Dann müssen wir wohl mit dem unheimlichen Gespenst namens Zufall leben«, bemerkte Richard.
Sally brachte eine zweite Runde Getränke.
»Ich habe gehört, Sie wollen nach Neuschwanstein fahren«, sagte Meisner gemütlich. »Richard hat so was angedeutet.«
»Tatsächlich? Er will aber nicht. Und die Fahrt hat nur Sinn, wenn alle mitkommen, die bei unserem Tischrücken an Ihrem Geburtstag dabei waren. Außerdem möchte ich Finley McPierson mitnehmen. Er ist Spezialist für Zauberkunststücke und Betrug. Und mich belämmert seit Monaten Kitty zu Salm-Kyrburg, dass wir fahren, denn ihr Medium spürt große Gefahren.«
»Klingt interessant. Also ich käme mit. Ich war noch nie in Neuschwanstein. Los, Richard, hab dich nicht so! Schadet doch nicht. Ob allerdings Krautter mitkommt, da habe ich so meine Zweifel.«
Richard lächelte. »Er wird. Ich werde ihn erpressen.«
»Was?« Meisner lachte. »Womit denn?«
»Er war Ende letzten Jahres mit einem Gast aus den USA in Neuschwanstein. Krautter hat sich die vollen Fahrtkosten erstatten lassen, obgleich seine beiden Nichten mit dabei waren.«
»Was du so alles weißt!«
Ich verkniff mir meine Verwunderung. Was hatte sich verändert seit unserer Fahrt von Hamburg nach Stuttgart?
»Ich weiß sogar«, sagte Richard, »dass Krautter Generalbundesanwalt werden soll. Die jetzige geht Ende September in Pension. Es heißt, unsere Bundesjustizministerin will Krautter vorschlagen. Unser Generalstaatsanwalt betreibt das.«
»Ach!« Meisner schnaubte. »Wegloben ist auch eine Möglichkeit.«
»Aber eine schlechte«, antwortete Richard grimmig. »Schwache Männer sind gefährlich. Wenn ich Krautter zwingen kann, mit uns zu fahren, weil er sich fürchtet, dass ich andernfalls seinen kleinen Spesenbetrug offenlege, dann hat er verloren.«
»Willst den Posten wohl selber haben«, spöttelte Meisner. »Aber dann musst du dich mit dem Fall Katzenjacob herumschlagen.«
»Ich würde ihn an die Stuttgarter Staatsanwaltschaft zurückgeben.«
»Bloß nicht!«, schrie Meisner.
Richard lächelte. Er hatte sich irgendwie verändert. Schwer zu fassen. Er wirkte entspannter als sonst. Trennungen sollen ja zuweilen guttun. Sie befreien schlafende Talente. Seit er sich nicht mehr von mir aufknöpfen ließ, war Richard bereits als Magier in einer Talkshow aufgetreten und hatte mich nebenbei dem öffentlichen Medieninteresse ausgeliefert. Undenkbar, dass er sich der Folgen seiner Behauptung, ich hätte die Lottozahlen beeinflusst, nicht bewusst gewesen war. Verfolgte er einen Plan oder hatte er die Peilung verloren? Siegessicher wirkte er eigentlich immer. Und er war seit jeher am besten, wenn er auf verlorenem Posten stand. Er war im Herzen ein Hasardeur. Er konnte alles aufs Spiel setzen, um einen Gegner zu vernichten. Nur, wer war hier eigentlich sein Gegner? Wirklich Oiger Groschenkamp? Oder doch vielleicht LO StA Krautter? Das war jetzt nicht zu klären.
Ich schlug erst einmal einen Tag für unsere Fahrt nach Neuschwanstein vor und erbot mich, zehn Karten für die letzte Führung um halb sechs zu bestellen.
»Und diese Geisterjäger hätten nichts dagegen«, fragte Meisner, »dass McPierson uns begleitet? Der hustet denen doch was.«
»Die sind dermaßen von ihrer Sache überzeugt, dass sie sich von Professionalität nicht einschüchtern lassen. Im Gegenteil, Kitty erhofft sich, dass Finley ihre parapsychologischen Untersuchungen adelt. Dann kann sie damit werben: Von Professor Finley McPierson zertifiziert. Garantiert echt.«
»Das wird sicher lustig«, sagte Meisner. Sie zog
Weitere Kostenlose Bücher