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Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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schon.«
    »Okay«, sagte Richard. Er rieb sich zwar mit der Hand unbehaglich den Nacken, der vermutlich genauso schweißig war wie meiner, aber er klang durchaus vertrauensvoll. »Dann weiter. Ich habe den Eindruck, dass uns der Sauerstoff ausgeht.«
    Neuer Schrecken durchfuhr mich.
    »Geht es noch, Derya?«, erkundigte sich Richard.
    Sie nickte tapfer.
    Ich gesellte mich wieder zu Finley. Er schwang seine Kamelbeine und musste sich ständig ducken. Die Augen traten mir aus dem Schädel vor lauter Anstrengung, etwas zu sehen, wobei die Taschenlampen eher störten. Aber ohne sie wäre es stockfinster gewesen. Eine Etage höher war die Luft auch wieder gehaltvoller. Finley erklärte, dass die fehlende Luftzirkulation ein Grund gewesen sei, weshalb man die Gewölbe als Wohnstätten aufgegeben habe. Abgesehen davon, dass vermutlich Cholera und Typhus grassierten.
    Wir kamen an Wänden entlang, die weiß aufleuchteten. Sie waren gestrichen. Dann fanden die Lichter gar keinen Halt und wir standen in einer Halle.
    Cipión hatte aufgehört zu zerren. Gern hätte ich es gehabt, dass er uns mit den Sinnen der Tiere einem Ausgang zuführte. Aber er hatte gelernt, dass wir die Wege bestimmten und er sich unterzuordnen hatte.
    »Sie wissen noch, wo wir sind?«
    »Oh, yes, certainly!«
    Irgendwann ertappte ich mich dabei, dass ich ihm nur noch hinterherstolperte, während in meinem Kopf Fragen hin und her rollten. Wer hatte die Tür geschlossen? War es das Versehen irgendeines Geisterführers, der keine vierzig Schilling zahlen wollte, weil er eine Tür nicht abgeschlossen hatte? Oder war es eine gezielt gegen uns gerichtete Aktion? Aber wer hätte wissen können, dass wir uns in den Gewölben befanden? Nur einer, der uns gefolgt war. Aber ab wann war man uns gefolgt? Sicher nicht von Abington aus. Niemand hatte vorhersehen können, dass wir dort bruchlanden würden. Allerdings dass wir Finley im Koestler-Institut aufsuchen würden, das konnte jemand gewusst haben. Er hätte sich nur draußen postieren und warten müssen. Aber er hätte auch für die Vaults und insbesondere die Eisentür einen Schlüssel haben müssen. Und wem nützte es, wenn wir eine Nacht unter Tage verbrachten? Oder ging es um mehr? Sollten wir hier sterben?
    Ich trat den Gedanken in die Tonne. Wir geisterten nicht durch einen Roman von Dan Brown. Wenn überhaupt, waren wir die Famous Five und unser Buch hieß Fünf Freunde und das Abenteuer in den Edinburgh Vaults . Cipión war Timmy, ich war George, keine Frage, das Mädchen, das den Burschen machte, Derya war die harmlose Anne, Finley war Richard, genannt Dick, und Richard war der vernünftige große Julian.
    »Übrigens haben unsere Experimente auch etwas Erstaunliches zutage gefördert«, hörte ich Finley zu mir sagen.
    »Was?«
    »Wir haben festgestellt, dass die Spukeindrücke besonders stark und häufig sind in Räumen, die als stark bespukt gelten, egal, ob der Proband das wusste oder nicht. Wir haben Räume gefilmt, digitalisiert und dreidimensional aufbereitet. Dann haben wir Probanden eingeladen, diesmal in unser Institut, die Räume zu besichtigen. Das Ergebnis war interessant. Die Personen schauderten und empfanden Bedrohung genau in denselben digitalen Räumen, die auch in Wirklichkeit als spooky gelten. Das legt den Schluss nahe, dass wir den berühmten Magnetismus vernachlässigen können. Hohe Räume im Dämmerlicht mit schattigen Ecken und altes Gemäuer begünstigen Spukempfindungen.«
    Konnte ich bestätigen. Aber, nun ja. Dafür all das wissenschaftliche Brimborium? »Darf ich Sie etwas fragen, Finley?«
    »Bitte.«
    »Sie waren mit Professor Rosenfeld verabredet, an dem Freitag Ende Januar, nicht wahr?«
    Ich hörte ihn schnaufen. Seine Stimme klang auf einmal ernst. »Er wollte mich vom Flughafen abholen. Aber er war nicht da. Ich habe im Institut angerufen, aber es ist niemand an den Apparat gegangen. Auch an sein Handy ist er nicht gegangen. Da habe ich mir in Stuttgart ein Hotel genommen.«
    »Mein Beileid!«, sagte ich.
    Er lachte schon wieder, wenn auch leiser. »Oh, Stuttgart ist sehr nett. Eine freundliche Stadt. Es wird nur sehr viel gebaut.«
    »Um wie viel Uhr sind Sie gelandet?«
    »Mein Flugzeug hätte 13 Uhr irgendwas landen sollen. Aber es gab Probleme mit der Maschine. Wir mussten eine andere nehmen. Wir hatten fünf Stunden Verspätung. Ich weiß das noch, weil ich es eurer Polizei ganz genau erklären musste. Man hat mich deswegen sogar in Indien angerufen. Wenn ich

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